Herne. Herne will Impfteams in Siedlungen schicken. Dort könnten Menschen gegen Corona geimpft werden, die bislang nicht erreicht würden, so die Stadt.
Die Stadt Herne prüft den Einsatz von mobilen Impfteams. Sie sollen – ähnlich wie in Köln – in Siedlungen eingesetzt werden, in denen sich Menschen bislang nicht oder nicht so häufig gegen Corona impfen lassen. Dem Land habe Herne signalisiert, dass die Stadt kurzfristig mehrere Hundert Dosen zusätzlich mobil verimpfen könnte, sagt Stadtsprecher Christoph Hüsken zur WAZ. Eine Antwort stehe noch aus.
In Köln gehen wegen der vielen Corona-Neuinfektionen in einigen Stadtteilen seit Montag erstmals Impfteams in die sozialen Brennpunkte. Dort lag die Sieben-Tage-Inzidenz zuletzt bei knapp 700. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) unterstützt diese bevorzugten Corona-Impfungen in Problemvierteln: „Inzidenzzahlen sind höher, wo Menschen eng beieinander wohnen.“ Ein Vorbild für Herne?
Herne: Phasenweise höhere Infektionszahlen in manchen Straßenzügen und Häusern
Auch in dieser Stadt würden Infektionen nun offenbar stärker dort weitergegeben, wo bedrängte Wohnverhältnisse vorherrschten und mehr Menschen auf kleineren Flächen zusammen lebten, sagt Stadtsprecher Hüsken zur WAZ. Zu Beginn der Pandemie sei es noch eher so gewesen, dass Rückkehrer aus Skiurlauben oder Geschäftsreisende Infektionen mitgebracht hätten. Die Erkenntnisse der Stadt ließen den Schluss zu, „dass es einen Zusammenhang zwischen Einkommensstruktur, Wohnsituation und Infektionsgeschehen gibt, so dass wir dem Ministerpräsidenten in dieser Sache nicht widersprechen würden“.
Allein: Von Problem- oder gar Brennpunktvierteln will das Rathaus in Herne nicht sprechen: „Die Schere, wie sie aus Köln beschrieben wird, mit starkem Gegensatz zwischen dem Villenvorort und der Hochhaussiedlung, haben wir in Herne nicht“, betont der Stadtsprecher. Dafür sei Herne zu kompakt. Aber: „Auch hier gibt es Straßenzüge oder einzelne Häuser, in denen wir aufgrund der Adressen phasenweise höhere Infektionszahlen nachvollziehen konnten und können als an anderen Stellen im Stadtgebiet“, so Hüsken. Wo das ist, sagt er nicht.
Stadt nennt weiterhin keine Infektionszahlen von Stadtteilen oder Stadtbezirken
Die Bürgerinnen und Bürger können es selbst nach wie vor nicht überprüfen, ob es auch in Herne in manchen Stadtteilen oder Stadtbezirken höhere Infektionszahlen gibt als in anderen: Die Stadt lehnt es weiterhin ab, diese Infektionszahlen zu veröffentlichen. Die WAZ hatte in der Corona-Krise mehrfach darum gebeten. „Herne ist eine dicht besiedelte Stadt, die Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtbezirken sind in Hinblick auf das Infektionsgeschehen nicht eklatant groß“, begründet Hüsken. In einer räumlich so kompakten und dicht besiedelten Stadt wie Herne hätten diese Zahlen „nur eine untergeordnete Steuerungsrelevanz“. Und: Bei einer Veröffentlichung bestehe zudem die Gefahr, dass ein Stadtteil stigmatisiert werde, hieß es zuletzt.
Auch wenn er den Begriff „sozialer Brennpunkt“ für Herne so nicht stehen lassen will: Für diese Stadt sei es „ein denkbarer Weg, mit mobilen Teams die Impfungen zu forcieren, in dem wir Personen zu einer Impfung bewegen, die wir bislang mit den Impfangeboten nicht so gut erreichen“, so der Stadtsprecher. Dieses Vorgehen wäre eine sinnvolle Ergänzung der Impfkampagne, die zuletzt von Stadtmarketing umgesetzt wurde. Mit ihr wirbt die Stadt nun in neun Sprachen für Corona-Impfungen. Laut Stadt sind viele Migranten skeptisch, wollen sich nicht piksen lassen: Nach dem alarmierenden Anstieg des Inzidenzwerts im April hätten die Namen der Neuinfizierten zum überwiegenden Teil auf einen türkischen beziehungsweise arabischen Familienhintergrund hingewiesen, so OB Frank Dudda.
Dem Land habe das Rathaus in der vergangenen Woche bereits mitgeteilt, dass Herne in der Lage sei, besagte mehrere Hundert Dosen zusätzlich mobil zu verimpfen. „Eine Rückmeldung des Landes hierzu steht aber noch aus, so dass wir unsere Bereitschaft inzwischen noch einmal unterstrichen haben“, sagt Hüsken.
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Die mobilen Teams in Köln sollen nach und nach unter anderem in den Hochhaussiedlungen von Chorweiler und dem Kölnberg Impfungen anbieten. Um die Menschen dort zu erreichen, seien muttersprachliche Unterstützung, Aufklärungsarbeit und eine enge Zusammenarbeit mit Sozialraumkoordinatoren und Hausärzten erforderlich, sagte Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos).
Sie hat vorgezogene Impfungen durch mobile Impfteams in sozialen Brennpunkten verteidigt. Auch eine Stigmatisierung der betreffenden Bevölkerungsgruppe durch die Maßnahme könne sie auch nicht erkennen. „Durch ein zusätzliches Angebot kann man niemanden stigmatisieren“, sagte Reker.