Herne. Nach dem starken Anstieg der Infektionszahlen und der Schließung der Schulen denkt Herne über weitere Maßnahmen nach. Im Fokus: Migranten.
Nach dem starken Anstieg der Corona-Zahlen übers Wochenende zieht die Stadt die Notbremse: Ab Montag bleiben in Herne alle Schulen geschlossen. Das hat die Verwaltung am Sonntag angekündigt. Im Krisenstab will die Stadt beraten, ob es weitere Einschränkungen im öffentlichen Leben geben wird. Und: Da der aktuelle Anstieg vor allem auf Menschen mit türkischem und syrischem Hintergrund zurückzuführen sei, will die Verwaltung diese Gruppen gezielter ansprechen.
102 neue Fälle: Inzidenz steigt Samstag auf 207,7
„Die Lage spitzt sich zu“, sagte Oberbürgermeister Frank Dudda am Sonntag im Gespräch mit der WAZ. In Zahlen: Von Freitag auf Samstag stieg die 7-Tage-Inzidenz in Herne nach 102 Neuinfektionen - ein Rekord - von 180,9 auf 207,7 an. Am Sonntag stabilisierte sich dieser hohe Wert bei 204,5.
Nach mehrfacher Rücksprache mit dem Land habe die Stadt daraufhin entschieden, die Schulen bereits ab Montag wieder zu schließen bzw. vom Wechsel- in den Distanzunterricht zu schicken. Ausnahmen: die Notbetreuung und die Abschlussklassen. Bei weiterhin konstant hohen Fallzahlen wäre dieser Schritt laut Vorgaben des Landes erst am Dienstag oder Mittwoch formal nötig gewesen. „Das Infektionsgeschehen in Herne deutet aber nicht darauf hin, dass es abflaut“, so Dudda. Der Gesundheitsschutz habe Vorrang.
Dudda: Für Eltern ist das eine Zumutung
„Für die Eltern ist das eine Zumutung“, räumt der Oberbürgermeister ein. Alle Schulleitungen seien am Sonntag von der Stadt informiert worden. Die rasante Entwicklung sei leider nicht vorhersehbar gewesen. Noch am Freitagnachmittag habe man sich bei einer 180er Inzidenz „recht sicher gefühlt“.
Die Hiberniaschule habe bereits am Samstag die Schließung ab Montag angekündigt. Begründung: Viele Schülerinnen und Schüler kämen aus benachbarten Städten wie Recklinghausen oder Castrop-Rauxel, in denen die Schulen wegen steigender Infektionszahlen bereits wieder in den Distanzunterricht gegangen seien.
Der hohe Anstieg von Freitag auf Samstag sei „fast ausschließlich“ auf Infektionen von Migranten mit türkischem und syrischem Hintergrund zurückzuführen, berichtet Dudda. Auch im November sei dies schon einmal der Fall gewesen. Das Angebot zur Impfung werde von Menschen aus diesen Bevölkerungsgruppen leider nur sehr zögerlich wahrgenommen. „Wir wollen Vertreter der Moscheegemeinden in den Krisenstab einladen, um zu erörtern, warum hier möglicherweise Vorbehalte bestehen“, so der OB.
Verwaltung denkt über Ausgangssperren nach
Bereits am Montagmittag soll im städtischen Krisenstab über weitere Einschränkungen im öffentlichen Leben gesprochen werden. Als ein erster Schritt sei darüber nachzudenken, die Geschäfte wieder zu schließen beziehungsweise das Angebot „Click & Meet“ einzustellen. Im Laufe der Woche werde die Stadt auch das Thema „Ausgangssperren“ in den Fokus nehmen, kündigt der Oberbürgermeister an.
Über eine Schließung der Kindertagesstätten denkt die Verwaltung derzeit nicht nach. „Wir sind bisher gut damit gefahren, dass wir unsere Handlungen immer sachlich am Infektionsgeschehen orientiert haben“, sagt Dudda. Die Fallzahlen seien im Kita-Bereich zuletzt konstant niedrig. Das sei bei seinem Bochumer Amtskollegen Thomas Eiskirch auf Verwunderung gestoßen. Die Inzidenz sei dort zwar niedriger als in Herne, trotzdem seien mehr Kinder als in Herne positiv getestet worden. „Das Infektionsgeschehen ist in allen Städten unterschiedlich“, so Dudda.