Herne. Drei Monate lang lag ein Herner Corona-Patient auf der Intensivstation – zeitweise konnte er nicht alleine atmen. Nun gibt es einen Erfolg.
Rund um das Coronavirus kursieren viele schlechte Nachrichten – aber es gibt auch positive Neuigkeiten: Das Team der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin des Marien Hospitals Herne zeigt, dass eine Genesung von Covid-19 auch nach einem schweren Krankheitsverlauf und wochenlanger künstlicher Beatmung möglich ist.
Nach drei Monaten konnte ein besonders schwer erkrankter Patient nun die Intensivstation wieder verlassen. Das hat das Universitätsklinikum mitgeteilt.
„Der Patient kam Anfang des Jahres zu uns auf die Intensivstation, nachdem er zunächst mit Covid-19-typischen Symptomen, wie Luftnot und allgemeiner Abgeschlagenheit, im St. Anna Hospital aufgenommen worden war“, erzählt Prof. Dr. Ulrich Frey, Direktor der Klinik für Anästhesiologie.
Innerhalb kürzester Zeit habe sich der Zustand des 64-Jährigen jedoch drastisch verschlechtert, weshalb er ins Marien Hospital überwiesen und dort auf die Intensivstation verlegt worden sei, wo er dann künstlich beatmet werden musste. „Die Verlegung ins Marien Hospital Herne geschah vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass hier die Anwendung eines Lungenersatzverfahrens, der sogenannten ‚ECMO‘, möglich ist“, erklärt Dr. Christian Draese, Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin.
Herner Corona-Patient lag im künstlichen Koma
Die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) ersetzt die Lungenfunktion für Patienten, die auch mit maschineller Unterstützung nicht mehr selbstständig atmen können. Dabei wird das Blut außerhalb des Körpers durch eine Membran gepumpt und dort mit Sauerstoff angereichert sowie von Kohlendioxid befreit.
Der Patient befindet sich dabei in einem künstlichen Koma. „Die ECMO macht die Lunge allerdings nicht wieder gesund, sondern dient nur dazu, diese zu entlasten und dem Körper eine Möglichkeit zu bieten, sich zu regenerieren“, sagt Dr. Draese.
Das Team der Intensivstation habe währenddessen vor allem die Lunge des Patienten behandelt, die durch Entzündungen angeschwollen und stark in ihrer Funktion beeinträchtigt gewesen sei. Aber auch die Auswirkungen der Erkrankung auf andere Organe standen im Fokus der Mediziner. „Die Entzündungen hatten nicht nur die Lunge angegriffen, sondern auch andere Organe wie Niere und Leber sowie das Nervensystem des Patienten erreicht. In diesem Fall sprechen wir von einer Critical-Illness-Polyneuropathie“, erklärt Prof. Frey.
Zudem hätten die Pflegekräfte den Familienvater regelmäßig unter großem Aufwand von der Bauch- in die Rückenlage und wieder zurückgebracht, um die Sauerstoffaufnahme der Lunge zu verbessern.
Nach sechs Wochen ans selbstständige Atmen gewöhnt
Nach etwa sechs Wochen unter der Lungenersatztherapie hätten die Mediziner den Patienten langsam wieder an das selbstständige Atmen gewöhnen können. Nach Beendigung der ECMO-Therapie werde die Atmung zunächst erneut maschinell unterstützt.
Dabei werde der Körper Stück für Stück daran gewöhnt, wieder selbst zu atmen. „Zudem mobilisieren Physiotherapeuten und Pflegekräfte die Patienten regelmäßig, da sich durch die lange Zeit im Bett ein Großteil der Muskulatur zurückgebildet hat, nicht nur in der Lunge“, erklärt Lars Märker, Leitung der Intensivstation.
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Neben dem Team der Intensivstation habe dem Patienten während der Zeit im Krankenhaus auch seine Familie unterstützend zur Seite gestanden. „Die Angehörigen haben sich regelmäßig nach seinem Befinden erkundigt und im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles getan, um die Heilung zu unterstützen“, erzählt Märker. Gerade in der Zeit nach der ECMO-Therapie habe dies dem 64-Jährigen gutgetan.
Da der Patient nun wieder selbstständig und ohne Beatmungsmaschine atmen könne, werde er in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen, um dort weiter zu genesen. „Geschichten wie diese motivieren uns als Team, jeden Tag unser Bestes für alle Patienten zu geben, auch wenn es einmal schlecht aussehen sollte“, sagt Prof. Frey und freut sich über den außergewöhnlichen Behandlungserfolg.