Herne. . Den Spagat zwischen Forschung und Praxis will der neue Direktor der Anästhesiologie, Prof. Dr. Ulrich Frey, am Marien Hospital schaffen.
„Wir sind meistens die letzten Menschen, die die Patienten vor der Operation sehen. Deshalb haben wir eine ganz besondere Verantwortung.“ Das sagt Prof. Dr. Ulrich Frey. Er ist seit Anfang des Jahres der neue Klinikdirektor der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin am Marien Hospital. Der 45-Jährige kommt gebürtig aus Stuttgart, hat aber den Großteil seiner Kindheit im Ruhrgebiet verbracht. Im Gespräch mit der WAZ erklärt er, warum die Verbindung von Forschung und Praxis so wichtig ist.
Jeder Patient reagiert anders
„Die Forschung hat schon immer einen großen Teil meiner Arbeit eingenommen“, erklärt Prof. Frey. Das wissenschaftliche Handwerkszeug habe er am Essener Uniklinikum gelernt, wo er lange in leitender Position tätig war. „Ich versuche immer, den Spagat zu schaffen, um Grundlagenforschung mit dem klinischen Alltag zu verbinden.“ Konkret bedeute dies, personalisierte Therapien anzubieten. „Ich möchte weg von der Devise ,one size fits all‘ (Deutsch etwa: Eine Größe passt allen).“ Denn nicht jeder Patient reagiere gleich auf eine Therapie.
„Wir haben uns gefragt, wovor haben die Patienten am meisten Angst“, erklärt er die Herangehensweise. Nicht mehr aus der Narkose aufzuwachen oder nach der Operation starke Übelkeit zu verspüren, waren zwei Punkte, die von den Patienten am häufigsten genannt würden. „Im Rahmen einer Studie konnten wir zeigen, dass eine empathische Narkoseaufklärung den Operierten zu mehr Zufriedenheit, weniger Schmerzen und einer schnelleren Genesung verhilft.“
Auch beim Thema Übelkeit, das bis zu 50 Prozent der Patienten betrifft, setzt Frey auf personalisierte Anästhesie. Seine Forschung zeige, dass es bestimmte Risikofaktoren gebe, die ein Unwohlsein nach dem Erwachen aus der Narkose wahrscheinlicher machten.
Genetische Dispositionen
Demnach seien Frauen und Nichtraucher häufiger betroffen. Es gebe des weiteren genetische Dispositionen, die Übelkeit begünstigten. „Bevor der Gentest bei allen Patienten durchgeführt werden kann, muss der in ersten Studien bestätigte Einfluss des Gens auf das Entstehen von Übelkeit in weiteren Studien getestet werden.“
Der Mediziner will aber nicht nur Studien durchführen, sondern auch konkrete Lösungsvorschläge machen – wie beispielsweise eine OP-begleitende Akupunktur mittels Elektrostimulation, die das Unwohlsein deutlich verringere. Der Patient müsse dazu lediglich eine Art Armband tragen.
Warum es den Professor nach Herne gezogen hat? „Es ist eine schöne neue Herausforderung.“ Auch reize ihn die Verbindung des Klinischen Chefarztes mit dem daran geknüpften Lehrstuhl für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin, Schmerz- und Palliativmedizin der Ruhr-Universität Bochum. „Diese Stelle ermöglicht es mir, eigene Projekte umzusetzen und voranzutreiben.“ Im Laufe des Jahres werden fünf seiner alten Kollegen vom Essener Uniklinikum zu ihm stoßen und sein Team ergänzen.
Ausbildung und Lehre machen ihm ebenfalls viel Spaß: „Ich sehe mich in der Pflicht, junge Assistenzärzte zu begeistern und Strukturen für ein sehr gutes Ausbildungsniveau zu schaffen.“
Ultraschall verstärkt einsetzen
„Ultraschall ist mein Steckenpferd“, sagt Prof. Dr. Ulrich Frey. In Essen hat er ein regelmäßiges Symposium zum Thema eingerichtet, das er in Herne fortsetzen möchte. Das erste findet am 5. Mai statt.
Der Ultraschall biete nicht nur Anästhesisten eine wichtige Hilfe bei der Untersuchung, sondern soll künftig auch in der Notfallmedizin eingesetzt werden.