Herne. Herne startet eine Impf-Kampagne in neun Fremdsprachen, um vor allem Migranten zu erreichen. Es werden auch wieder Lautsprecherwagen eingesetzt.

Die Inzidenz in Herne bewegt sich in den vergangenen Tagen knapp unter der 300er-Marke, zuletzt gab es große Corona-Ausbrüche mit bis zu 100 neuen Infizierten. Nach dem alarmierenden Anstieg des Inzidenzwerts vergangene Woche hätten die Namen der Neuinfizierten „zum überwiegenden Teil auf einen türkischen bzw. arabischen Familienhintergrund“ hingewiesen, so die Stadt.

Auch beim Impfen seien noch viele Migranten skeptisch. Um dem entgegenzuwirken, hat die Stadt nun eine Impf-Kampagne auf die Beine gestellt – angelehnt an die Informationskampagne, die im November gestartet ist. Am Dienstag präsentierte Oberbürgermeister Frank Dudda ein Banner, auf dem in neun Sprachen auf die Wichtigkeit des Impfens hingewiesen wird. Die Botschaft: „Impfen rettet Leben!“

„Wir müssen jetzt um jeden kämpfen, der noch Zweifel hat.“

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„Wir wissen noch nicht, ob wir den Höhepunkt der dritten Welle bereits erreicht haben“, sagt OB Dudda. „Dafür sind wir mit dem Impfen schon recht weit.“ Etwa 100.000 Herner müssten für eine Herdenimmunität geimpft sein, „wir sind mittlerweile bei 43.500 Bürgern“. Somit sei in der nächsten Woche „Bergfest“. Die bessere Phase der Pandemie stehe nun bevor, allerdings gebe es noch immer zu viele Kommunikationsprobleme. Viele könnten die Hürden des Impfens sprachlich nicht richtig einordnen. „Das ist ja schon für die deutschsprachigen Bürger kompliziert“, so der OB.

Mit den kurzen, prägnanten Aussagen sollen nun die erreicht werden, die das Impfen noch nicht wertschätzten. „Wir müssen jetzt um jeden kämpfen, der noch Zweifel hat.“ Moscheevereine würden sich aktiv an den Aktion beteiligen. Aber auch Apotheken, Ärzte und die Awo sollen mit einbezogen werden.

Zu viele Menschen würden noch nicht über die klassischen Medien erreicht, so Holger Wennrich vom Stadtmarketing, das sich um die Gestaltung der Kampagne gekümmert hat. Die Aussagen müssten nun penetrant wiederholt werden, damit die Leute „immer wieder darüber stolpern“. 215 Banner würden nun im gesamten Stadtgebiet aufgehängt, unter anderem auch an Schulen, um vor allem auch Eltern zu erreichen, so Wennrich. Hochrechnungen zufolge würden alleine mit den Bannern 60.000 Kontakte pro Tag erreicht.

Stadt hätte sich mehr Unterstützung von Bund und Land gewünscht

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Neben Plakaten, Aufklebern und Postern werden auch wieder Lautsprecherwagen eingesetzt und in neun Sprachen die Bürger auf das Impfen hinweisen. Etwa jeden zweiten Tag fahre die freiwillige Feuerwehr von mittags bis abends durch die Straßen, sagt Marco Diesing von der Herner Feuerwehr.

Dass es auf Landes- und Bundesebene bisher keine Angebote in diese Richtung gebe, wundert Holger Wennrich. Aber auch Frank Dudda hätte sich mehr Unterstützung gewünscht. Es bliebe nun wieder alles an den Kommunen hängen. „Dabei ist das ein bundesweites Thema.“ Dass das Impfen bisher von Bund und Land nicht offensiv beworben worden sei, könne daran liegen, dass es bisher zu wenig Impfstoff gegeben habe und so ein Ansturm vermieden werden sollte, sagt Martin Krause, Chef des DRK.

Im Mai und Juni werde die Stadt mehr Impfstoff bekommen, so dass in Kürze auch die Priorität 3 geimpft werden könne. Dazu zählten vor allem auch Lehrer von weiterführenden Schulen, so Krause. Bisher hätten 13.000 Herner bereits einen Vollschutz. Die Kampagne der Stadt werde nun laut Krause dazu beitragen, das Impfen weiter in den Fokus zu rücken.

>>>Klassische Medien erreichen nicht alle

Wie erfolgreich die erste Kampagne war und wie viele Menschen damit erreicht worden sind, könne nicht gesagt werden, so Holger Wennrich.

Schon damals habe die Stadt die Beobachtung gemacht, dass die Gruppe der Migranten, aber auch Jugendliche über klassische Medien - wie Tageszeitung oder Radio - nicht gut erreicht werden. Dieser Rückschluss ergebe sich auch aus dem Infektionsgeschehen, erläuterte damals der Oberbürgermeister.