Herne. Die CDU hat Christoph Bußmann als Kandidaten für die Bundestagswahl im Wahlkreis Herne/Bochum II nominiert. Er setzte sich gegen Frank Heu durch.

Die CDU hat ihren Bundestagskandidaten gekürt: Christoph Bußmann soll am 26. September den Wahlkreis 141 Herne/Bochum II für die Union gewinnen. Bei den letzten beiden Bundestagswahlen gelang das Michelle Müntefering (SPD) mit weitem Abstand. Bei der CDU-Wahlkreismitgliederversammlung am Samstag erhielt der 32-Jährige 55 Prozent Prozent der Stimmen.

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So hat die CDU noch nie einen Bundestagskandidaten nominiert: Gerade mal 27 CDU-Mitglieder saßen ab 10 Uhr bei der Wahlkreismitgliederversammlung einsam an Einzeltischen im großen Herner Kulturzentrum, viele Dutzend weitere verfolgten das Geschehen wegen der Corona-Krise lieber von zu Hause aus vor ihren Bildschirmen.

Nach der über einstündigen Debatte konnten dann alle bis 15 Uhr ihre Stimmen im Kulturzentrum abgeben, anschließend wurde ausgezählt. Die hybride Veranstaltung verlief fast pannenfrei. Sie zeige, dass die CDU „modern geworden“ sei und „digital kann“, bilanzierte Hernes CDU-Kreisvorsitzender Timon Radicke – und zwar schon gleich zu Beginn der Sitzung. Eine Wahlempfehlung hatten er und der Kreisvorstand nicht abgegeben.

Christoph Bußmann und Frank Heu liegen inhaltlich auf einer Linie

Die CDU-Wahlkreisversammlung im Herner Kulturzentrum wurde live übertragen, die Mitglieder bekamen einen Zugang übers Internet.
Die CDU-Wahlkreisversammlung im Herner Kulturzentrum wurde live übertragen, die Mitglieder bekamen einen Zugang übers Internet. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Christoph Bußmann oder Frank Heu? Wer soll der nächste Bundestagskandidat werden? Diese Frage stand am Samstag mit Mittelpunkt, weil Paul Ziemiak – Polit-Import von 2017 aus dem Sauerland und inzwischen Generalsekretär der CDU-Deutschland – kein zweites Mal in Herne/Bochum antreten wollte. Der Jobcenter-Mitarbeiter Bußmann und der Polizeibeamte Heu, beide aus Herne, hatten ihren Hut zu Jahresbeginn in den Ring geworfen, und weitere Bewerber traten auch am Samstag nicht auf den Plan.

Video-Botschaft von Paul Ziemiak

Der Bundestagsabgeordnete Paul Ziemiak, der nicht mehr in Herne antritt, bedankte sich in einer Video-Botschaft bei seinen Parteifreunden in Herne, die ihn begleitet und unterstützt hätten. Er könne sich noch gut daran erinnern, wie er vor vier Jahren selbst vor dieser Aufstellungsversammlung gestanden habe, sagte der 35-Jährige im Reichstagsgebäude.Besonders lobte er den Kreisvorsitzenden Timon Radicke: „Aus einer Zusammenarbeit im politischen Bereich, aus einem gemeinsamen Wahlkampf ist eine persönliche Freundschaft erwachsen“, so Ziemiak. Diese werde nun durch Radickes Arbeit im Konrad-Adenauer-Haus fortgesetzt. Das gebe es selten: „Politik, Freundschaft und Arbeit gemeinsam.“Er könne „heute nur eines versprechen“, sagte Ziemiak abschließend: „Ich werde immer für den Wahlkreis in Herne und Bochum da sein, auch wenn ich nicht mehr in diesem Wahlkreis kandidiere.“ Er sei dankbar, „für alles, was ich erleben durfte, dankbar für die Unterstützung“. So vieles wäre ohne diese beiden Kreisverbände nicht möglich gewesen – „das werde ich nie vergessen“.

Die Bewerber, beide bei den CDU-Arbeitnehmern CDA, liegen inhaltlich ganz eng beieinander, das zeigten ihre Vorstellungsreden. Corona, Maskenskandal, Wirtschaft, Klima und Sicherheit, diese Themen streiften beide, als wären sie vorgegeben, und beide nutzten sie ähnliche Worte. Christoph Bußmann, Orts- und Stadtbezirksverbandsvorsitzender in Eickel, machte den Anfang, las zehn Minuten fast durchweg vom Zettel ab. Den Kopf am Mikrofon meist gesenkt, sprach er gleich zu Beginn den größten Unterschied zwischen beiden an: das Alter. Warum, fragte der 32-Jährige, sollte nicht jemand aus der jungen Generation Verantwortung übernehmen? „Erfahrung ist sehr viel wert, Erfahrung allein zeichnet aber keinen Politiker aus“, stellte er klar. Was ihn antreibe? Da rutschte Bußmann, blaues Hemd, schwarzes Sakko, ins Pathetische ab: „Die Liebe zu unserer gemeinsamen Heimat, die Liebe zu unserem gemeinsamen Vaterland.“

Er wolle „keinen blinden Klima-Aktionismus“: Christoph Bußmann (32).
Er wolle „keinen blinden Klima-Aktionismus“: Christoph Bußmann (32). © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Das Gesundheitssystem müsse reformiert, die digitale Infrastruktur verbessert, die Clan-Kriminalität im Keim erstickt werden, forderte der Eickeler, ebenso müssten die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gemeistert werden. Wichtig sei ihm auch der Klimaschutz. Aber: „Wir brauchen keinen blinden Klima-Aktionismus“, sagte Bußmann in Richtung Grüne, die eine zutiefst unsoziale Klimapolitik betrieben.

Energie und Sprit würden immer teurer, zu Lasten der „kleinen Bürgerinnen und Bürger“. Der alleinerziehenden Mutter „tun 50 Euro mehr für Sprit und Strom deutlich mehr weh als dem Porsche fahrenden Grünen in Berlin-Kreuzberg“. Grün-Rot-Rot, so der Bewerber abschließend, gelte es zu verhindern.

Gegen Ausbildungsverpflichtung und Clans aus dem Ausland

Er wolle „Politik machen“ und „keine Masken verkaufen“: Frank Heu (56).
Er wolle „Politik machen“ und „keine Masken verkaufen“: Frank Heu (56). © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Frank Heu, im Anzug und mit roter Krawatte, gab sich lockerer, ihm war aber wie Bußmann die Nervosität anzusehen. Er stieg ein im Plauderton, erinnerte an den (von ihm mitinitiierten) Kumpel-Award für Ehrenamtliche, der im vergangenen Jahr zum ersten Mal vergeben worden ist. „Ich will mit Ihnen zusammen Wahlen gewinnen“, stellte der 56-Jährige dann klar. Er wolle „Politik machen“ und „keine Masken verkaufen.“ Knapp 15 Minuten und damit knapp fünf Minuten länger als sein Mitbewerber sprach der Chef der CDA in Herne und Vorsitzende des CDU-Ortsverbands Herne-Zentrum und arbeitete sich anschließend ebenfalls mehr und mehr stoisch an seinem Manuskript ab.

Jenseits der bekannten Themen kam Heu auch auf den Nahverkehr zu sprechen, der verbessert werden müsse. Allein: Man dürfe jetzt „nicht alle zwingen, Bus & Bahn zu fahren.“ Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV und Autofahrer, alle müsse man mitnehmen – „alle im gemeinsamen Gleichklang“. Und zur Wahrheit gehöre auch: „Ein kostenloser Nahverkehr, der ist nicht finanzierbar.“ Was Heu ebenfalls ablehnt: Eine Ausbildungsverpflichtung für Betriebe sowie „Clans aus dem Ausland“.

Parteichef Radicke: Bundestagskandidat muss Vorbild und hoch motiviert sein

Am Ende setzte sich Bußmann bei den Mitgliedern der CDU Herne sowie der CDU Bochum-Nord und Bochum-Ost durch. Um 15.15 Uhr wurde das Wahlergebnis – erneut im Kulturzentrum und digital – verkündet. Der Eickeler erhielt 52 Stimmen (55 Prozent), auf Heu entfielen 36 (38 Prozent). Sechs Mitglieder stimmten mit Nein, eine Stimme war ungültig. Beide Bewerber, maskiert mit Mund-Nasenschutz, umarmten sich nach Bekanntgabe des Ergebnisses.

Der neue Bundestagskandidat, so sagte Parteichef Timon Radicke eingangs, habe eine hohe Verantwortung: Er gehe als „Vorbild voran“, müsse dabei „immer hoch motiviert“ sein und zudem im Stande sein, „andere zu motivieren“. Das, so weiß der Kreisvorsitzende aus dem letzten Kommunalwahlkampf, als er auch (erfolglos) als OB-Kandidat antrat, „ist an dem einen oder anderen Tag leichter, an dem einen oder anderen Tag schwerer.“