Herne. Der Ärger um die Testpflicht für Schüler wächst. Die Schulpflegschaft der Herner Südschule fährt schweres Geschütz gegen Ministerin Gebauer auf.
Bereits vor der Osterferien hatte es von Eltern und Lehrern viel Kritik an der Testpraxis in den Schulen gegeben. Nun hat die Schulpflegschaft der Grundschule Südschule schweres Geschütz gegen NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) aufgefahren.
Die Schulpflegschaft habe bei der Staatsanwaltschaft in Düsseldorf Strafantrag gegen die Ministerin und gegen ihren Staatssekretär Mathias Richter gestellt. Der Antrag richtet sich unter anderem gegen die Tatsache, dass die Testpflicht mit einer sogenannten Schulmail angeordnet worden war, bevor es einen Beschluss der Landesregierung oder eine Verordnung dazu gab. Das sagte der Vorsitzende der Schulpflegschaftsvorsitzende Holger Kück im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Die Staatsanwaltschaft soll prüfen, ob die Ministerin wegen der Testpflicht belangt werden können - oder auch nicht. Kück: „Dann haben wir eine juristische Klarheit.“
Pflegschaft: Ministerium gefährdet körperliche und psychische Gesundheit der Kinder
Worum es der Schulpflegschaft geht, steht in einem Brief, den sie vor einigen Tagen ans Schulministerium geschickt hat: In dem Brief bezieht sich die Schulpflegschaft auf die Schulmail vom 8. April, in der es unter anderem heißt: „Der Besuch der Schule wird damit an die Voraussetzung geknüpft, an wöchentlich zwei Coronaselbsttests teilgenommen zu haben und ein negatives Testergebnis vorweisen zu können. Die Pflicht zur Durchführung der Selbsttests wird für die Schülerinnen und Schüler in der Schule erfüllt. Alternativ ist möglich, die negative Testung durch eine Teststelle nachzuweisen (Bürgertest), die höchstens 48 Stunden zurückliegt. Schülerinnen und Schüler, die der Testpflicht nicht nachkommen, können nicht am Präsenzunterricht teilnehmen.“
Damit, so schreibt die Schulpflegschaft unter anderem in dem Brief, gefährde das Ministerium „die körperliche und psychische Gesundheit unserer Kinder“. Sechs- bis zehnjährige Kinder könnten Tests nicht eigenverantwortlich vornehmen, Körperschäden durch falsch ausgeführte Tests seien nicht auszuschließen. Das engagierte Lehrpersonal sei ebenfalls nicht befähigt, die Tests durchzuführen, auch seien Haftungsfolgen im Falle eines Schadens ungeklärt.
Keine grundsätzliche Ablehnung der Tests
Vor diesem Hintergrund wirft die Schulpflegschaft Gebauer mehrere Verstöße vor: unter anderem gegen die Artikel 2 und 3 des Grundgesetzes. „Sie ordnen den Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Kindern an und schränken deren Recht auf freie Entfaltung ein. Sie diskriminieren Kinder, die nicht oder fehlerhaft positiv getestet wurden“, heißt es zur Begründung. Auch verstießen Gebauer und Richter gegen Artikel 6 der NRW-Landesverfassung, indem die dort definierten Rechte der Kinder und Jugendlichen massiv eingeschränkt würden, ohne eine Legitimation dafür zu besitzen.
Begründung: Ohne einen Landtagsbeschluss habe das Ministerium gar nicht die Befugnis, eine Testanordnung zu veranlassen und in Kraft zu setzen. Deshalb fordert die Schulpflegschaft von Gebauer in dem Brief, die rechtswidrige Testpflicht „unverzüglich aufzuheben“. Auch die Diskriminierung sei zu unterlassen. In dem Brief, der das Datum 11. April trägt, schreibt die Schulpflegschaft, dass sie die Rücknahme der Test-Anordnung bis zum 13. April erwarte.
Da dies nicht geschehen sei, habe man nun Strafantrag gestellt, so Kück. Eins betont er ganz klar: „Wir sind ja gar nicht grundsätzlich gegen Tests und wir leugnen schon gar nicht die Pandemie.“ Es gehe um die Art der Testung unter Zwang, dass die Eltern nicht gefragt würden und dass die Kinder unter Druck gerieten.
Dass die Ministerin am Mittwoch angekündigt habe, dass am kommenden Montag wieder Wechselunterricht - inklusive Testpflicht - starten soll, zeige, dass sie nichts verstanden habe. Gebauer mache seit Beginn der Pandemie, was sie wolle. Die Schulpflegschaft prüft laut Kuck nun auch, ob sie vor dem Verwaltungsgericht gegen die Testpflicht klagen wird.
Das NRW-Schulministerium hat bis zum Donnerstagmittag noch nicht auf eine Anfrage der Herner WAZ-Redaktion zum Sachverhalt geantwortet.