Herne. Lange Wartezeiten, erhöhte Nachfrage: In der Corona-Zeit wollen immer mehr Herner ein Fahrrad kaufen. Lieferzeiten von bis zu acht Monaten.

Die Corona-Krise bringt die Herner aufs Rad. Die Nachfrage nach neuen Fahrrädern ist in den vergangenen Monaten gestiegen. Das merkt auch Frank Reinhardt, der in seinem Laden an der Heidstraße Fahrräder verkauft und repariert. „Die Nachfrage ist gerade nach dem ersten Lockdown stark gestiegen“, sagt er. Auch in den sonst so mauen Wintermonate habe es nicht nachgelassen, „sodass wir sogar im Winter Überstunden gemacht haben“.

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Die größte Nachfrage gebe es bei den E-Bikes. „Davon verkaufen wir am meisten“, so Reinhardt. Doch wer ein Fahrrad haben möchte, muss zurzeit zum Teil lange warten. Es gebe deutlich längere Lieferzeiten als noch vor der Corona-Krise. „Wir mussten im August vergangenen Jahres die Räder bestellen, damit sie in diesem Jahr ankommen.“ Bis zu acht Monate müsse er auf die Fahrräder der Hersteller warten, normalerweise seien sie in vier bis sechs Wochen lieferbereit.

Massive Engpässe beim Container-Transport

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Doch was steckt hinter den Lieferengpässen? Zum einen sei die Fahrrad-Nachfrage so hoch, dass die Zulieferer in Asien nicht mehr mit der Produktion nachkommen. Oft könnten fast fertige Räder nicht ausgeliefert werden, weil ein einziges Bauteil fehlt. Ein Ende der Verzögerungen sei derzeit nicht absehbar, berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

Und auch der Preis erhöhe sie zurzeit. Hauptgrund dafür sollen derweil massive Engpässe beim Container-Transport sein, berichtet dpa. Fehlende Container in Asien und nicht ausreichende Schiffskapazitäten machten die Logistik-Branche offenbar zum Flaschenhals. Mit Auswirkungen auf die Kosten: Die Verschiffung eines Containers sei mittlerweile fünfmal teurer als noch vor der Corona-Krise. Das bestätigt auch Reinhardt. Habe früher ein Container 1200 Euro gekostet, liege der Preis nun bei 8000 bis 12.000 Euro.

Überwachungsanlage am Hauptbahnhof ist fast ausgebucht

Auch im Fahrrad-Laden „Zweirad Romanski“ werden derzeit mehr Fahrräder verkauft. „Die Nachfrage ist definitiv gestiegen“, sagt eine Mitarbeiterin. Neben E-Bikes seien aber auch die herkömmlichen Räder in der Corona-Krise sehr beliebt. Noch gebe es aber im Laden an der Bochumer Straße genügend Räder. „Einen Mangel haben wir noch nicht“, sagt sie.

Die Radstation am Wanne-Eickeler Hauptbahnhof verzeichnet nicht mehr Andrang als vor der Corona-Krise, berichtet Mitarbeiter Frank Köhler. Die Station kümmert sich um Reparaturen, Wartung und Pflege der Räder. Zudem bietet sie eine Überwachungsstation, in der Radfahrer ihre Fahrräder Tag und Nacht abstellen können.

„Wir hatten sogar eher weniger Andrang als zuvor“, sagt er. „Das hängt aber auch damit zusammen, dass wir nicht alle Reparaturen zum Beispiel an Schaltanlagen durchführen.“ Zurzeit kämen die Kunden – genau wie im Einzelhandel – nur mit einem negativen Corona-Test herein, sagt Köhler. Die Hauptkundschaft der Radstation benutze generell aber eher die Überwachungsanlage. „Die ist nach wie vor bis auf ein paar Plätze komplett ausgebucht.“ Kunden bekämen einen Chip und könnten damit sieben Tage, 24 Stunden lang die Anlage betreten.

>>>Schlechte Noten beim Fahrradklima-Test

Während in der Corona-Krise immer mehr Hernerinnen und Herner aufs Fahrrad steigen, sinkt die Zufriedenheit mit dem Radklima in der Stadt. Das ist das Ergebnis des bundesweiten ADFC-Fahrradklima-Tests 2020. Unter den 41 Großstädten mit 100.000 bis 200.000 Einwohnern landete Herne auf Platz 30 und rutschte damit, im Vergleich zur Umfrage aus dem Jahr 2018, fünf Plätze nach unten. Im NRW-weiten Vergleich liegt Herne auf Rang 10 von 15.

Und auch in der Gesamtnote schneidet Herne erneut schlechter ab: Die 223 Herner Radfahrer, die vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) für den Test befragt wurden, gaben der Stadt in Sachen Fahrradfreundlichkeit die Schulnote 4,3.