Da die gewohnten Veranstaltungen zum Tag der Befreiung von Auschwitz dieses Jahr nicht möglich waren, ist ein Film gedreht worden.

Über den Auschwitz-Gedenktag hinaus ist auf Youtube jetzt der Film zu sehen, der in Herne in diesem Jahr das öffentliche Gedenken an die Opfer des Holocaust ersetzt: „Erinnern und Erkenntnis“ von Ralf Piorr und Kameramann Young-Soo Chang. Der Film entstand im Auftrag von Stadt und Emschertal-Museum.

Zwei Zeitzeugen aus Herne berichten

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Von Ute Eickenbusch

Am Beispiel von Leo Schnur und Hanneke Schmitz aus Herne wirft der zwölfminütige Dokumentarfilm Schlaglichter auf die Lebensumstände zweier jüdischer Familien im Nationalsozialismus. Leo Schnur, Jahrgang 1925, wächst in Herne-Mitte auf, wo sein Vater ein Bekleidungsgeschäft führt. „Kauft nicht bei Juden“, hieß es dann irgendwann, und an einem Café stand: „Eintritt für Juden, Hunde, Zigeuner und Neger verboten“, erinnert sich der inzwischen verstorbene Schnur in einer Ton-Cassetten-Aufzeichnung, die er Ralf Piorr 1999 aus Montevideo zusandte. Hanneke Schmitz ist 1942 in Rotterdam geboren, wohin ihre Eltern, jüdische Kommunisten, geflohen waren. Mit drei Jahren durfte sie die Eltern, die unter falscher Identität lebten, erstmals mit „Papa und „Mama“ ansprechen, erzählt sie vor der Kamera. Ihre Großeltern überlebten die Shoah nicht.

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Das geschlossene Shoah-Mahnmal in Herne. Ganz rechts eine der Erinnerungstafeln des „Nahtstellen“-Projekts.
Das geschlossene Shoah-Mahnmal in Herne. Ganz rechts eine der Erinnerungstafeln des „Nahtstellen“-Projekts. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Die Interviews mit den Überlebenden des Holocaust sind Teil des von dem Historiker Ralf Piorr vor 16 Jahren begonnenen Erinnerungsprojekts „Nahtstellen, fühlbar, hier“, das auch in Tafeln im Stadtbild seinen Ausdruck findet. Die Filmemacher zeigen die Tafeln, das eigens für den Film geöffnete Shoah-Mahnmal wie auch einige historische Aufnahmen aus den 30er-Jahren und begleiten den Oberbürgermeister Frank Dudda auf den jüdischen Friedhof in Herne-Baukau. Als Leiter der Dortmunder Gedenkstätte Steinwache ordnet Markus Günnewig die Vernichtung der Juden als „gesamtgesellschaftliches Projekt“ ein. Für Ralf Piorr ein wichtiger Aspekt des Gedenkens, das mehr sein soll als „traurige Geschichten, die immer wieder erzählt werden“, nämlich eine Auseinandersetzung mit dem Geschehenen.

Jennifer Ewert, bekannt aus dem Theater Kohlenpott, leiht dem Film ihre Stimme. Dass filmisches Gedenken möglich ist und als eigene Form des lebendigen Erinnerns bestehen kann, zeigt dieser Beitrag. Zu sehen über www.herne.de oder direkt auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=0XJ0JVd2nbE.