Hanneke und Peter Schmitz setzen „Die Günzburger“ fort. Der reich bebilderte Band über die Familie Elias ist bei Frischtexte erschienen.

Ihr erstes Buch „Die Günzburger“ erforscht die Linie ihres Vaters. Intensive Recherchen und Gespräche waren der „deutsch-jüdischen Familiengeschichte“ voraus gegangen, die die pensionierte Herner Lehrerin Hanneke Schmitz mit ihrem Mann Peter verfasst hat. 2015 erschien das Buch im Herner Frischtexte Verlag. Jetzt legt der Verlag das zweite Buch des Autorenpaares vor. „Elias und Anverwandte“ beschäftigt sich mit der Familie der Mutter.

Dramatische Schicksale nachgezeichnet

Das Buch „Elias und Anverwandte’.
Das Buch „Elias und Anverwandte’. © Sabine Michalak

„Diesmal sprechen wir nicht von Familiengeschichten, sondern von Familienschicksalen“, erklärt Hanneke Schmitz den Untertitel, „weil die Erlebnisse der Elias’ weitaus dramatischer waren als die der Günzburgers.“ Dramatisch waren die Erfahrungen auf unterschiedliche Weise. Da waren zum einen die Vorfahren, die nach Übersee ausgewandert waren. Dort mussten sie sich nicht nur auf die neuen Verhältnisse einstellen und Geld verdienen, sondern möglichst auch noch die restliche Familie aus Deutschland nachholen. Als besonders tragische Geschichte nennt Hanneke Schmitz die von Hermann Elias aus Erkrath. Dieser hatte mit seiner Frau den Sprung nach Amerika geschafft. Als die Schwiegereltern sie 1938 besuchten, blieben sie nicht etwa, sondern kehrten zurück nach Deutschland, wo sie in Vernichtungslagern starben.

Verwandte tauchten in Holland unter

Andere Verwandte tauchten in Holland unter, wo sie „unter ähnlichen Bedingungen wie die Familie Frank“ lebten, immer in Angst vor Entdeckung. Doch sie überlebten, anders als etwa Hanneke Schmitz’ Großeltern Max und Helene Elias, die 1940 in Holland den Nazis in die Hände fielen, die sie in Vernichtungslager schickten. Fazit der Autorin: „Mein Vorfahren wurden Opfer von Hass, geboren aus Dummheit, die eine Spirale von Ausgrenzung, Vertreibung, Verfolgung und Vernichtung auslöste.“ Selbst Remigranten wie ihre Eltern seien nach dem Krieg „geduldet, aber nicht gern gesehen“ gewesen.

Peter Schmitz, selbst mit katholischem Hintergrund, sprach vom Wunsch der Verwandten in Übersee, nicht nur als Opfer da zu stehen. Er erwähnte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der jüdischen Viehhändler für den Cranger Viehmarkt Anfang des 19. Jahrhunderts. Die erste jüdische Familie, die sich in der Stadt niederließ, sei übrigens in dieser Zeit in Eickel die Familie von Moses Leeser, einem Metzger, gewesen.

Reichhaltiges Fotomaterial und Karten

Wie schon sein Vorgänger zeichnet das Buch nicht nur die Geschichten der jüdischen Vorfahren - über 20 Familien mit 345 Personen - akribisch nach. Es bietet auch reichhaltiges Fotomaterial von den Familienmitgliedern, ihren Gräbern und Häusern, sowie Urkunden und Karten. Sogar Fragmente eines Filmes von 1938 wurden verwandt. Auch ein Interview von Ralf Piorr mit Gerda Günzburger, Hanneke Schmitz’ Mutter, ist zu finden. Dass sie „eine zusammenhängende Erzählung“ geliefert hätten, sei von Archiven als wertvolle Ergänzung gewürdigt worden, sagt Peter Schmitz. Diese gut lesbare Form hat das Paar auch hier wieder gewählt.

Das Schöne an den Recherchen sei gewesen, dass man Verwandte kennengelernt, sagt Hanneke Schmitz, und „zerrissene Fäden wieder geknüpft“ habe. Darüber hinaus wurden infolge der Nachforschungen 2017 in Holland die Retter von Erich und Trude Elias in einer Synagoge geehrt, und am letzten Wohnort der Großeltern werden demnächst Gedenkplatten verlegt.

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Der Frischtexte Verlag hat elf Monate an dem neuen 393 Seiten starken Buch des Autorenpaares gearbeitet. Unter anderen mussten 400 Bilder bearbeitet werden. Eingelegt in das Buch sind Karten mit Stammbäumen.

„Elias und Anverwandte“ ist in einer Auflage von 150 Exemplaren erschienen. Es ist im Buchhandel und auf den gängigen Internetplattformen erhältlich, außerdem in dem Verlag für 29,95 Euro. Vom ersten Band sind fast 300 Exemplare verkauft worden.

Der Herner Historiker Ralf Piorr hat die Recherchen begleitet. Hubert Schneider, Historiker an der Ruhruniversität Bochum, hat das Vorwort geschrieben.