Herne. 13 Bäume fällen für einen Kita-Neubau in Röhlinghausen? Damit hat die Herner Politik große Probleme. Nun kommt es zu einer überraschenden Wende.
Über mehrere Jahre hat die Stadt in Röhlinghausen nach einem geeigneten Grundstück für eine Kita gesucht, die die marode Einrichtung an der Hofstraße ersetzen soll. Der im Oktober präsentierte Standort - das Areal des Kinderspielplatzes an der Barbarastraße - stieß in der Bezirksvertretung Eickel auf große Vorbehalte, weil für den Neubau 13 Bäume gefällt werden müssten. Bei einer von der Politik beauftragten Prüfung, wie die Zahl der Baumfällungen reduziert werden könnte, kam es zu einer überraschenden Wende.
Neues Grundstück liegt auf der anderen Straßenseite
Die Stadt zauberte für die Sitzung der Bezirksvertetung am Donnerstagabend im Sud- und Treberhaus einen neuen Standort aus dem Hut. Die Kindertagesstätte soll nun an der Barbarastraße praktisch auf der anderen Straßenseite entstehen. Diese von der Verwaltung ausgewählte Grünfläche im Kreuzungsbereich Barbarastraße/Am Alten Hof (in unmittelbarer Nähe zum Volkshaus Röhlinghausen) wurde schließlich von der Politik beschlossen; Baubeginn soll schon im Frühjahr 2021 sein.
Das Erstaunliche: Auf diesem Grundstück müssen nicht nur deutlich weniger Bäume gefällt werden - 5 statt 13 -, sondern der Neubau könnte für die Stadt auch deutlich günstiger werden. Die Verlagerung des Kinderspielplatzes Barbarastraße hätte Herne rund 360.000 Euro gekostet. Und: Auf dem zunächst ausgewählten Grundstück hätte der wegen des dichten Baumbestandes „erheblich höhere Sicherheitsanspruch“ zusätzliche Unterhaltungskosten verursacht.
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Entscheidung „zwischen Pest und Cholera“
Und warum hat die Verwaltung dann nicht von Anfang an auf den nun ausgewählten Standort gesetzt? Dieses Areal liege im Geltungsbereich des Landschaftsplans, erklärte Stadtgrün-Chef Heinz-Jürgen Kuhl. „Das sind normalerweise Tabuzonen.“ Weil der Eingriff auf dem Spielplatz durch die Baumfällungen „erheblich“ gewesen wäre, habe man sich aber trotzdem für diese Variante entschieden. Auch das spreche für die neue Variante: Die nun zu fällenden Bäume - zwei Eschen, eine Lärche, ein Tulpenbaum, ein Spitzahorn - seien aus unterschiedlichen Gründen nicht vital.
So richtig glücklich zeigten sich einige Bezirkspolitiker mit dieser Lösung nicht. SPD-Fraktions-Chef Willibald Wiesinger berichtete, dass auch dieser Standort bei Anwohnern unter anderem wegen der drohenden Verkehrsbelastung auf Kritik stoße. Martin Steinke (FDP) mutmaßte, dass die Kostenersparnis nicht so hoch sein dürfte, weil auf dem neuen Grundstück zusätzliche Bodenarbeiten notwendig würden. Und der Grünen-Stadtverordnete Peter Liedtke sprach von einer Entscheidung „zwischen Pest und Cholera“, weil die Stadt mit dem Neubau „in eine Parkanlage hereingeht“.
110 Plätze in sechs Gruppen
An der Barbarastraße soll eine zweigeschossige Kindertagesstätte mit bis zu 110 Betreuungsplätzen in sechs Gruppen entstehen.
Konkret plant die Stadt : zwei Gruppen für jeweils 20 Kinder im Alter von 0 bis unter 6 Jahren, zwei Gruppen für jeweils 10 Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren sowie zwei Gruppen für jeweils 20-25 Kinder im Alter von 3 bis unter 6 Jahren.
Aktuell fehlen in Herne 1000 Kita-Plätze
Liedtkes Vorschlag, doch noch einmal über alternative Lösungen nachzudenken, stieß bei Jugendamts-Leiterin Stephanie Jordan auf erheblichen Widerspruch. „Der Druck wird immer größer“, sagte sie und verwies auf aktuell rund 1000 fehlende Kita-Plätze in Herne.
Unterstützung erhielt sie vom neuen Bezirksbürgermeister Arnold Plickert (SPD). Er berichtete, dass die Stadt für die zu erwartenden 2000 Anmeldungen im Kitajahr 2021/22 Stand jetzt nur 1500 Plätze haben werde. Auch wenn er Teile der Kritik an den Kita-Plänen für die Barbarastraße nachvollziehen könne, so gebe es zu diesem Vorhaben keine Alternative.
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Das sah die Bezirksvertretung Eickel offenbar ähnlich: Der Beschluss für den neuen Kita-Standort fiel am Ende einstimmig. Arnold Plickert regte allerdings an, die Planungsprozesse in Zukunft anders zu gestalten, um den Zeitdruck zu mindern.
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