Rot-Schwarz in Herne kassierte eine Schlappe, bei den Linken gärt es. Und: OB Frank Dudda betätigt sich als Losfee – unser „Politgeflüster“

Schlappe für Rot-Schwarz

Der neue Rat hat in dieser Woche gerade mal seine zweite Sitzung über die Bühne gebracht, da gibt es für die Ratskooperation von SPD und CDU bereits eine derbe Schlappe zu beklagen. Und zwar: bei der Besetzung von Sitzen in Aufsichtsgremien, Verwaltungsräten, Verbandsversammlungen etc.. In dem hoch komplizierten Regeln unterliegenden (für demokratische Feinschmecker: Hare-Niemeyer), aber zu Beginn jeder neuen Ratsperiode üblichen Verfahren hatten SPD und CDU dank ihrer Mehrheit fast alle Trümpfe in der Hand. Eigentlich.

Taktiker: Daniel Kleibömer, Fraktionsgeschäftsführer der Linken in Herne (hier in der „Wahlarena“ von WAZ und Radio Herne vor den Kommunalwahlen).
Taktiker: Daniel Kleibömer, Fraktionsgeschäftsführer der Linken in Herne (hier in der „Wahlarena“ von WAZ und Radio Herne vor den Kommunalwahlen). © FUNKE Foto Services | Alexa Kuszlik

Trotzdem wurden die möglicherweise von den Kooperationsverhandlungen arg geschwächten Partner von den gemeinsam agierenden Oppositionsparteien Grüne, Linke, FDP und Piraten überrumpelt. Die von den Fraktionsgeschäftsführern Rolf Ahrens (Grüne) und Daniel Kleibömer (Linke) ausgetüftelte variable Taktik, mit einer „großen bunten Liste“ oder in einer „kleinen bunten Liste“ anzutreten, führte dazu, dass vor allem der CDU zunächst einige Posten flöten gingen. Zum Beispiel: einer von zwei Sitzen im LWL-Parlament , der nun an Thomas Bloch von der zweiköpfigen FDP-Ratsgruppe geht und nicht an die zwölfköpfige CDU-Fraktion. Nach weiteren zählbaren Erfolgen der Opposition, großer Verwirrung und mehreren Sitzungsunterbrechungen fand Rot-Schwarz dann doch noch das Gegenmittel: Teile der SPD-Fraktion stimmten mit der CDU und sorgten damit für eine strategische Mehrheit gegen die Opposition. Wie wusste einst schon der Hamburger Sänger Andreas Dorau? „Das ist Demokratie/Langweilig wird die nie“.

Thorsten Röll schmeißt hin

Hat sich von den Linken verabschiedet: der Wanner Bezirkspolitiker Thorsten Röll.
Hat sich von den Linken verabschiedet: der Wanner Bezirkspolitiker Thorsten Röll. © Linke

Die neue Wahlperiode hat gerade erst angefangen, da geht den Linken schon wieder ein Mitglied von der Fahne: Der Wanner Bezirkspolitiker Thorsten Röll hat die Partei Die Linke verlassen. Er sehe „die geleistete Arbeit in der Fraktion und im Vorstand nicht als Arbeit für die Bevölkerung“, sagt Röll zur WAZ. Und: Die sozialen Themen würden bei den Linken aktuell nur zweitrangig behandelt. Ein Austritt sei deshalb „die einzige Lösung“, um vernünftig zu arbeiten. Das gehe am besten als Parteiloser in der Bezirksvertretung Wanne. Linke-Fraktionsgeschäftsführer Daniel Kleibömer bestätigt den Austritt Rölls. Gründe seien ihm nicht bekannt. Er fordert, dass Röll seinen Platz in der Bezirksvertretung räumt. Und fragt zudem: Warum hat Röll mit seinem Schritt bis nach den Kommunalwahlen gewartet? Das hat ein anderer Bezirkspolitiker anders gemacht: Rasim Celik (Eickel) ist vor den Wahlen aus der Linkspartei ausgetreten. Er hatte sich erst dem SPD-nahen Migrantenbündnis MBH angeschlossen und dann zur SPD rübergemacht. Aber das ist eine andere Geschichte .

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Losfee Frank Dudda

Augen zu: Hernes OB Frank Dudda.
Augen zu: Hernes OB Frank Dudda. © FUNKE Foto Services | Sebastian Konopka

„Schließ einfach die Augen und stell dir vor, ich wäre Heinz Kluncker“, lautet der Titel eines Buches des großen Satirikers Max Goldt . Auch Oberbürgermeister Frank Dudda hat in den letzten beiden Ratssitzungen einfach die Augen geschlossen. Und zwar: um der Demokratie Genüge zu tun. Der OB schlüpfte nämlich in die Rolle der Losfee, die mit geschlossenen Augen eine Kugel ziehen musste. Das Losverfahren musste angewandt werden, weil die Fraktionen von Linkspartei und AfD gleich groß sind und deshalb für drei Ausschüsse des Rates um jeweils einen Sitz konkurrieren mussten. In der konstituierenden Sitzung zog Dudda zweimal die rote Kugel der Linken - für den Integrationsrat und den Wahlausschuss. Da brach bei den Linken im Rat lauter Jubel aus (was sonst selten bis nie der Fall ist). In dieser Woche nun hielt er schließlich die gelbe Kugel in der Hand und verhalf damit der AfD zum Sitz im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie. Das wird die Linke ärgern, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass die bekanntlich gerne mal zu Verschwörungstheorien neigende AfD Fragen wie „hat der OB gelinst?“ gar nicht erst aufwerfen kann.

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