Schriftsteller Max Goldt wird 50. Durch seine scharfe Beobachtungsgabe veredelt er selbst Alltagsbetrachtungen und banale Anekdoten zu eleganter Literatur. Dafür lieben ihn die Feuilletons
Essen. Wenn es einen Meister der anspruchsvollen Abschweifung gibt, dann ist es Max Goldt, der am Montag 50 Jahre alt wird. Die Gabe, scheinbar nebensächliche Beobachtungen und Eindrücke mit einem derart hohen Maß an Sprachästhetik zu veredeln, dass sich selbst banale Anekdoten wie elegante Literatur lesen, haben den Kolumnisten und Schriftsteller zum Liebling der Feuilletons aufsteigen lassen - und zu einem der meistbeachteten deutschsprachigen Autoren.
Max Goldt selbst würde solche Superlative sicher hassen. Der Konsens gehört nicht zu seinen bevorzugten Diskursmodellen. Kultiviert hat er jedenfalls das Gegenteil - und diese Geisteshaltung im Titel seines Buches "Vom Zauber des seitlich daran Vorbeigehens" (2005) verewigt.
In der gleichnamigen Kolumne beschreibt Goldt seine Abneigung gegen Weihnachtsmärkte, jene innerstädtischen Bummel- und Fressmeilen, über die aus seiner Sicht ein bundesdeutscher "Gutfind-Konsens" herrscht. "Vorbeigehen - das heißt Abgrenzung vom Mainstream und von allem Gewöhnlichen, um das Krethi und Plethi sich begeisternd applaudierend scharen. Was Goldt dem entgegnet, ist die Haltung des souveränen Drüberstehens", jubelte die Süddeutsche Zeitung in ihrer Buchbesprechung.
In Sachen Drüberstehen hat der 1958 als Matthias Ernst nahe Göttingen geborene Künstler indes Routine. Kurz nach seinem Umzug nach Westberlin 1977 begann Goldt zunächst eine Fotografenausbildung, die er jedoch vorzeitig beendete. Zu Beginn der 1980er Jahre, zur Zeit der Neuen Deutschen Welle, wandte sich der Neu-Berliner der Musik zu. Gemeinsam mit Gerd Pasemann gründete Goldt als Sänger die Band Foyer Des Arts, die bis zum Jahr 2000 insgesamt sieben Alben auf den Markt brachte. Noch erfolgreicher verlief freilich Goldts Schaffen als Kolumnist. Von 1986 an veröffentlichte er Beiträge in der Berliner Untergrund-Zeitschrift "Ich und mein Staubsauger".
In diesen humoristischen, hintergründigen Kolumnen setzte sich Max Goldt unter anderem mit der bundesdeutschen Ausländerdebatte und dem Berliner Auftritt von Pink Floyd auseinander. Am Rande diskutierte er zudem die Frage, ob Männer aufgrund ihrer Physis besser Saxophon spielen können als Frauen - sie können, befand Goldts Alter Ego "Onkel Max". In mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist, was in Staubsauger Nummer 6 vom 22. Februar 1987 abgedruckt wurde. Unter dem Titel "Katholische Kirche Ludwigkirchplatz 22.2.87, 10.30 Uhr" veröffentliche Max Goldt dort eine Gottesdienst-Rezension: "Wir wählten die mittlere Messe, weil wir fürchteten, dass der Priester bei den späteren nur noch leiern würde. (. . .) Bald fing das Gesinge an, die Lieder waren mir unbekannt, also schwieg ich."
Es waren wohl literarische Provokationen wie diese, die Max Goldt 1989 zum Frankfurter Satire-Magazin Titanic brachten. Seit 1996 veröffentlicht der Berliner zudem satirische Comics, die er gemeinsam mit Stephan Katz unter dem Pseudonym "Katz und Goldt" produziert.
In seinen Kolumnen führt Max Goldt durch das Dickicht mehr oder weniger ironischer Debatten - es sind aber vor allem seine präzise Beobachtungsgabe und eine stets mitschwingende Ernsthaftigkeit, die seine Texte so lesenswert machen, die ihnen Tiefe verleihen. In der Kolumnen-Sammlung "Wenn man einen weißen Anzug anhat" etwa schildert Goldt seine persönlichen Eindrücke des 11. September 2001. Der in Tagebuchform verfasste Text beschreibt Hilflosigkeit und Leere, ohne indes die schmale Schwelle zur Betroffenheits-Anbiederei zu überschreiten: "Von der Lebensfreude war mir die Schaumkrone heruntergeblasen worden."