Herne. Die Landesregierung hat entschieden, dass die Weihnachtsferien in diesem Jahr um zwei Tage verlängert werden. Das Echo in Herne ist geteilt.
Die Landesregierung hat entschieden, dass die Weihnachtsferien in diesem Jahr um zwei Tage verlängert werden. Ziel sei eine sogenannte Vor-Quarantäne, damit Familien trotz der Corona-Pandemie ein möglichst unbeschwertes Weihnachtsfest verbringen können. Doch dieser Ansatz trifft in Herne auf ein geteiltes Echo.
Die Schulen
„Ich halte das für eine positive Entscheidung“, sagt Nicole Nowak . Andererseits kann die Leiterin des Haranni-Gymnasiums und Sprecherin der Herner Gymnasien auch die Kritik nachvollziehen: „Wir brauchen jeden Tag und jede Stunde.“ Den Präsenzunterricht so lange wie möglich aufrechtzuhalten sei weiterhin das Ziel. Wie die zwei fehlenden Tage aufzufangen seien, müsse man überlegen. Nowak glaubt, „dass viele Eltern jetzt durchatmen“. Wenn die Regelung Sinn machen solle, „müssen die Schüler aber auch zu Hause bleiben und nicht noch mal ihre Freunde treffen“. Ob die Kinder in die Ganztagsbetreuung geschickt werden könnten, sei noch nicht klar. „Da müssen wir von Schule zu Schule die Bedarfe eruieren.“
Stefan Lindemann, Leiter der Realschule an der Burg , findet die Pläne „absolut sinnvoll“. Zwei Tage vor den Weihnachtsferien würden keine Arbeiten mehr geschrieben, da finde in der Regel ein besinnlicher Jahresausklang statt. Auf den könne man wegen Corona verzichten. Dass die freien Tage aber vom Karneval abgezwackt werden sollen, findet der Sprecher der Herner Realschulen nicht richtig. So müsse dann zwischen Weihnachten und Ostern an den Schulen „durchgearbeitet“ werden. Besser wäre es, wenn die Schulen diese freien Tage behalten könnten – auch, um flexibel auf eine möglicherweise noch angespanntere Corona-Lage im neuen Jahr reagieren zu können.
Die Stadt Herne
Alles, was helfe, vor Infektionen zu schützen, sei positiv zu bewerten, so Schulamtsleiter Andreas Merkendorf. Er verstehe den Ansatz des Ministeriums, Familien die Chance auf ein positives Jahresende zu geben, doch der funktioniere nur, wenn sich die Jugendlichen auch tatsächlich in Quarantäne begäben. Für viel gravierender hält er das Betreuungsproblem. Deshalb wäre es aus seiner Sicht „hochgradig problematisch“, wenn das Ministerium schlicht die Ferien verlängere. Richtig aus Merkendorfs Sicht sei es, die Schulen - ohne Distanzunterricht - zu schließen, aber eine Notbetreuung anzubieten. Und das Land müsse schon in der nächsten Woche Vorgaben für einen verlässlichen Rahmen machen.
Die Schulpflegschaften
Melanie Weimer, Schulpflegschaftsvorsitzende an der Europaschule an der Königstraße , ist angesichts der Entscheidung der Landesregierung zwiegespalten. Einerseits sei sie sinnvoll, weil es viele Familien gebe, die die zusätzlichen Tage nutzen würden, um sich in Quarantäne zu begeben, damit an den Feiertagen die Gefahr der Ansteckung minimiert wrde. Andererseits, wisse sie von vielen Eltern, die nun vor einem Betreuungsproblem stünden und diese zwei Tage überbrücken müssten. Außerdem beschäftigt sie folgende Frage: Zurzeit solle man wegen der hohen Inzidenzwerte seine Kontakte drastisch einschränken. Aber was passiere, wenn die Werte vor Weihnachten immer noch so hoch seien?
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Auch Rahman Isci, Schulpflegschaftsvorsitzender des Gymnasiums Eickel hält die ganze Maßnahme für nicht zu Ende gedacht. Auch er sieht ein großes Problem bei der Betreuung. Manche Eltern hätten vielleicht schon wegen des ersten Lockdowns ihren kompletten Urlaub verbraucht und müssten nun diese beiden Tage organisieren. Eine andere offene Frage: Was passiert mit Klausuren, die für einen dieser beiden Tage terminiert waren?
Die Gewerkschaft
Harsche Kritik kommt vom Herner GEW-Chef Carsten Piechnik . Er sei fassungslos über die Farce. Statt das ganze System Schule in den Blick zu nehmen, gebe es widersprüchliche Pseudomaßnahmen. „Wenn die Schule ein sicherer Ort ist, wie von der Ministerin behauptet, dann ist einen Vor-Quarantäne nicht nötig.“ Wenn Schule aber nicht so sicher sei, dann müsste die Ministerin jetzt schon Maßnahmen ergreifen. So gehe es scheibchenweise in den Lockdown. Piechnik vermutet, dass es bei all den Maßnahmen nur darum gehe, die Schulabschlüsse sicherzustellen.
Die Schülerinnen
Zwei zusätzliche Ferientage machten in der jetzigen Situation keinen Sinn, sagen Joyce Mielke und Kim Bieschk, denn die schützten vor gar nichts. Die beiden 18-Jährigen besuchen die Erich-Fried-Gesamtschule. Angesichts der Ausfälle und Quarantänen könne man das, was gerade passiere, kaum noch Schule nennen. Beide haben schon jetzt keinen Kontakt zu ihren Großeltern. Sie glauben, dass bis Weihnachten die Fallzahlen in Herne ähnlich hoch bleiben wie jetzt. Deshalb würden die beiden Ferientage nichts daran ändern, dass sie Weihnachten ohne ihre Großeltern feiern müssten.
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