Herne. Die Coronapandemie hat auch den Herner Ausbildungsmarkt getroffen. Warum es trotz der Probleme auch positive Signale gibt.
Was sich im Frühjahr andeutete, hat sich nun bewahrheitet: Die Coronapandemie hat auch den Ausbildungsmarkt getroffen. Das offenbaren die Zahlen der Agentur für Arbeit. Nun bekommt das sogenannte fünfte Quartal eine große Bedeutung. Und trotz der Probleme gibt es positive Signale.
Zunächst die Zahlen: Seit Beginn des Berufsberatungsjahres im Oktober 2019 bis zum Bilanzschluss Ende September haben sich 1587 Ausbildungsplatz-Bewerber bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Das sind gegenüber dem Vorjahr 140 Jugendliche (8,1 Prozent) weniger. Den gemeldeten Bewerbern stehen derzeit 732 betriebliche Ausbildungsstellen gegenüber. Das entspricht einem Rückgang um 173 Ausbildungsstellen oder 19,1 Prozent.
Das komplette Geschehen verschiebt sich um zwei Monate
Rein rechnerisch kommen damit derzeit in Herne auf 100 Bewerber 46 Ausbildungsstellen. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor waren es 52 Stellen. Derzeit gibt es noch immer 105 unbesetzte Ausbildungsstellen. Verglichen mit dem Vorjahr sind das 25 Stellen oder 19,2 Prozent mehr unbesetzte Stellen. Die Anzahl der unversorgten Bewerber ist mit 158 Bewerbern um 17 Personen oder 12,1 Prozent höher als im Vorjahr.
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Bereits im Frühjahr hatte Arbeitsagentur-Chef Frank Neukirchen-Füsers darauf hingewiesen, dass sich auf Grund der Pandemie das gesamte Geschehen auf dem Ausbildungsmarkt verschieben werde, weil die Betriebe gerade zu Zeiten des Lockdowns kaum Zeit hatten, sich um das Thema Ausbildung zu kümmern. Umso wichtiger werde das sogenannte fünfte Quartal. Auch wenn im August und September Ausbildungen begonnen haben, gibt es jedes Jahr die Möglichkeit, zu einem späteren Termin in die Ausbildung einzusteigen. Gemeinsame Nachvermittlungsaktionen der Agentur für Arbeit und der Kammern sollen über den Ausbildungsstart hinaus suchende Bewerber und Unternehmen zusammenbringen.
Formate wie Speeddating und Ausbildungsmessen sind ausgefallen
Neukirchen-Füsers: „In Herne hat sich in den vergangenen Jahren sehr viel Positives bewegt. Es ist sehr wichtig, dass wir das fünfte Quartal verstärkt nutzen, um die Situation auf dem Ausbildungsmarkt zu verbessern. Das Gute ist, dass in der Tat jetzt noch weitere Ausbildungsplätze für dieses Jahr gemeldet werden. Es gibt noch Chancen auf dem Ausbildungsmarkt, und jeder sollte seine Chancen jetzt noch nutzen.“
Die Corona-Pandemie habe Herne auch bei der Ausbildung schwer getroffen, so Oberbürgermeister Frank Dudda im Gespräch mit der WAZ-Redaktion. So seien verschiedene Formate, die in der Vergangenheit bei der Vermittlung hilfreich gewesen seien, ausgefallen, zum Beispiel das Speeddating oder Messen. Hoffnung bezieht er jedoch aus folgenden Zahlen: So sei in Herne die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe gewachsen - von 22,6 auf 23,5 Prozent. Dies liege knapp über dem NRW-Wert von 23,3 Prozent.
Herne ist im Ruhrgebiet die Nummer Eins bei Lehrstellen im Gesundheitsbereich
Außerdem sei Herne im Ruhrgebiet die Nummer Eins bei den Ausbildungsplätzen im Gesundheitsbereich. Diese würden jedoch von der Statistik der Arbeitsagentur nicht erfasst, weil sie als schulische Ausbildungsplätze eingestuft würden. Auch die 75 Ausbildungsstellen der Stadt Herne seien nicht erfasst. Vielleicht gelinge es ja im kommenden Jahr - rein rechnerisch - eine Ausgeglichenheit zwischen Stellen und Bewerbern herzustellen. Und Herne arbeite intensiv daran, weitere Ausbildungskapazitäten in der Stadt zu schaffen, deutete Dudda Fortschritte an.
Was Jugendliche und Betriebe noch tun können
Was können Jugendliche und Unternehmen tun, wenn sie noch auf der Suche sind?
Berufsberater stehen unter 0800 4 5555 00 oder über die Anwahl des persönlichen Beraters zur Verfügung. Arbeitgeber können sich unter 0800 4 5555 20 oder über ihren persönlichen Betreuer an den Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit wenden.
Ausbildungsverträge für das laufende Jahr können noch bis Ende Januar abgeschlossen werden. Arbeitgeber werden derzeit dahingehend beraten. Die Berufskollegs sind vom Schulministerium aufgefordert, sich organisatorisch, pädagogisch und didaktisch auf einen späteren Ausbildungsbeginn einzustellen.
Fortschritte hat bereits die IHK Mittleres Ruhrgebiet gemacht. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den IHK-Berufen ist erneut gestiegen - mit einem Plus von 8,5 Prozent (435 statt 401) zum 31. Oktober nimmt Herne im IHK-Bezirk eine positive Sonderrolle ein.
Solch gute Nachrichten kann Kreishandwerksmeister Hans-Joachim Drath nicht vermelden: „Wir müssen gegenüber dem Vorjahr einen negativen Trend bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen verzeichnen.“ Die handwerklichen Berufe, wie zum Beispiel Friseure, hätten häufig direkt mit Menschen zu tun und seien durch die Krise stark ausgebremst worden. Das Bau- und Ausbauhandwerk sowie das Kraftfahrzeug- und Elektrohandwerk meldeten jedoch gute Zahlen.
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