Herne. Die Stadt hat alle 123 Herner Spielplätze unter die Lupe genommen. Welche Mängel festgestellt wurden und was nun geschehen soll.
„Katastrophal“ - so hat Kinderanwältin
Bibi Buntstrumpf im September 2019 das Ergebnis einer Untersuchung der Stadt bewertet, in der die Daten und die Ausstattung aller 123 Herner Spielplätze aufgelistet worden worden waren. Gut ein Jahr später legt die Verwaltung eine tiefergehende Analyse vor. Und diese untermauert den großen Handlungsbedarf.
Die Spielplatz-Tour
Von Januar bis Juni 2020 hat die Projektgruppe „Kinderfreundliche Stadt“ - ihr gehören Vertreter von Stadtgrün, des Jugendamtes und des Kinder- und Jugendparlaments sowie die Kinderanwältin an - die 123 Spielplätze bereist und dabei vor allem qualitative Aspekte in den Blick genommen. Für jede Fläche wurde der Zustand bewertet und daraus ein Handlungsbedarf abgeleitet - angelehnt an einen von der Uni Duisburg/Essen entwickelten Leitfaden. Geprüft wurden Faktoren wie Zugänglichkeit, Vielfalt der Spielgeräte, Sicherheit und Emissionen.
Das Fazit
Für 17 Spielplätze (14 Prozent) sieht die Projektgruppe einen akuten und kurzfristigen Handlungsbedarf (siehe Info-Box), für 39 weitere Standorte (32 Prozent) einen perspektivischen/mittelfristigen Handlungsbedarf. Heißt: Fast die Hälfte aller Spielplätze muss „angefasst“ werden. Keinen Handlungsbedarf gebe es für 38 Spielflächen (31 Prozent). Die restlichen 29 Flächen seien entweder bereits im Prozess der Umgestaltung, inaktiv oder fielen aus der Bewertung, weil sie nur einzelne Spielgeräte (z.B. in Fußgängerzonen) aufwiesen.
Die Mängel
In kurzen Protokollen hat die Stadt die Mängel für jeden Spielplatz aufgelistet. „Ersatzlos abgebaute Spielgeräte“ (Franzstraße in Wanne) werden ebenso angeführt wie „fehlende Abstimmungen“ innerhalb der Verwaltung bei der Aufstellung von Sportgeräten (Burgstraße in Eickel) oder Skateranlagen, die nicht angenommen würden (Schloß Strünkede). Bisweilen wird offenbar auch der Bedarf durch Hinweise wie „Kinderzahl prüfen“ in Frage gestellt. Auch grundsätzliche Feststellungen werden getroffen: Die Beschilderung sei teilweise veraltet und in einem schlechten Zustand; viele Zugänge seien nicht barrierefrei und befänden sich an stark befahrenen Straßen. Ein weiteres Manko: Die wenigsten Spielflächen verfügten über Fahrradständer. Und viele Spielplätze „wirken gestückelt und bieten keinen stimmigen Gesamteindruck“.
Die Finanzierung
Das Budget für Neu- und Ersatzbeschaffungen auf allen 123 Spielplätzen lag bis 2019 bei jährlich nur 60.000 Euro. Die Politik hat im vergangenen Jahr die Aufstockung auf 200.000 Euro beschlossen - jeweils 40.000 Euro für jeden Stadtbezirk plus einen „Akutfonds“ in Höhe von 40.000 Euro. Den Etat reicht in diesem Jahr für fünf Spielflächen aus: Thiesstraße/Emscherstraße in Wanne, Saarlandstraße in Eickel, Stadtgarten in Herne-Mitte sowie Zechenring und Werderstraße in Sodingen. Angesichts der ungleichen Bedingungen in den einzelnen Bezirken und Ortsteilen - Stadtumbaugebiete erhalten hohe Fördermittel vom Land für Spielplatzerneuerungen - regt die Projektgruppe „mehr Flexibilität“ bei der Verteilung der Gelder an.
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Das sagen Experten
Als „guten Schritt in die richtige Richtung“ bewertet Kinderanwältin Bibi Buntstrumpf alias Nuray Sülü die (von ihr mitarbeitete) Bestandsaufnahme. Sie sei froh, dass die Herner Politik die Probleme erkannt und diese Untersuchung beauftragt habe. Schon jetzt zeichne sich jedoch ab, dass der derzeit zur Verfügung stehende Spielplatzetat insgesamt nicht ausreichen werde. Auch Ulrich Klonki (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie, spricht von einem ersten richtigen Schritt. „Es gibt, wie ich vermutet hatte, viele gute Spielplätze, aber auch viele Spielplätze mit Defiziten“, sagt er. Er teile jedoch nicht alle einzelnen Einschätzungen der Projektgruppe. Kinder schauten sicherlich mit anderen Augen auf einige Spielflächen, so der Sozialdemokrat.
So geht es weiter
Alle jetzt gesammelten Ergebnisse und Erkenntnisse sollen 2021 in eine „Spielflächenbedarfsplanung“ fließen, die die Verwaltung voraussichtlich mit Unterstützung eines externen Büros erstellen will. Das Konzept sieht vor, künftig alle zwei Jahre den Zustand der Spielplätze zu dokumentieren.
Am Donnerstag, 29. Oktober, wird sich der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie mit der Spielplatzsituation in Herne befassen. Die Sitzung beginnt um 16 Uhr im Rathaus Herne, Friedrich-Ebert-Platz 2 (großer Sitzungssaal 312).