Herne. Ein neues Buch vom Wahl-Herner Franz Müntefering: Was er über Pandemie, Demokratie und das Alter schreibt und gegen wen er (mal wieder) austeilt.

Er hat es wieder getan: Der Wahl-Herner Franz Müntefering hat ein neues Buch geschrieben. Es handelt (nicht nur) von der Pandemie, der Demokratie und dem Älterwerden. Sechs Schlaglichter.

Das Buch

Eineinhalb Jahre nach „Unterwegs“ veröffentlicht Franz Müntefering sein neues Buch „Das Jahr 2020+“.
Eineinhalb Jahre nach „Unterwegs“ veröffentlicht Franz Müntefering sein neues Buch „Das Jahr 2020+“. © Dietz-Verlag

„Das Jahr 2020+“ heißt das soeben im Bonner Dietz-Verlag erschienene Sachbuch des 80-Jährigen. Als „Hymne an die Solidarität und die menschlichen Möglichkeiten“ bewirbt der Verlag das neue Werk Münteferings, das um drei zentrale Themen bzw. Forderungen kreist: „Frischluft für die Demokratie“, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und das Alter als „gutes Stück Leben“. Auch ohne eigenes Kapitel schwingen die Corona-Krise und die möglichen Folgen der Pandemie in vielen Analysen, Appellen und Ausblicken mit. Münteferings Grundton: verhaltener Optimismus (siehe das „+“ im Titel) und ein nach wie vor großes Grundvertrauen in die parlamentarische Demokratie, die aber gefestigt werden müsse, so sein Plädoyer.

Der Herne-Faktor

Geht auch diesmal (fast) gen Null. Die Probleme Hernes und vergleichbar armer Kommunen spielen jedoch eine große Rolle in dem Buch. Da sei was „im Rutschen, in teils gefährlicher Weise“, warnt der Sozialdemokrat und kritisiert Versäumnisse von Bund und Ländern. Eine von mehreren Forderungen zur Herstellung gleicher Lebensverhältnisse: die Gründung eines „hoch angesiedelten Rates der Oberbürgermeister/innnen und Bürgermeister/innen“.

Oskar L.

Aus dem Nähkästchen plaudert der frühere Vize-Kanzler auch diesmal nicht. Heißt: Wer Enthüllungen über Freunde, Feinde und Wegbegleiter aus mehr als vier Jahrzehnten Politik oder gar Einblicke in das Eheleben von Franz und Michelle Müntefering erwartet, wird in „Das Jahr 2020+“ enttäuscht.

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Einen Seitenhieb auf seinen politischen Intimfeind Oskar Lafontaine, dem er „Verrat“ an der SPD vorwirft, kann er sich aber auch diesmal nicht verkneifen. Eingebettet wird dies allerdings in eine klare Absage an die Gleichsetzung von AfD und Linkspartei. Seine direkte Ansprache an die „sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin Merkel“: „Sagen Sie es für sich und für die CDU, dass die Gleichstellung von ,Die Linke’ und ,AfD’ … 2020 obsolet ist. Es wäre ein wichtiger Dienst für unser Land und die Glaubwürdigkeit unserer Demokratie.“

Der Medien-Mann

Präsent war Franz Müntefering in den Medien schon immer. Zur Veröffentlichung seines Buch legt er bzw. legen Sender und Verlage noch einmal eine Schippe drauf. So plauderte er beispielsweise im September im WDR mit Bettina Böttinger im „Kölner Treff“. Er verriet dort unter anderem, dass er während der Pandemie durch die zusätzliche gemeinsame Zeit mit seiner Frau festgestellt habe: „Die kann richtig gut kochen“. Im Interview mit der Berliner taz (die tageszeitung) berichtet er, dass er morgens bei 30 bis 40 Kniebeugen in Fahrt komme - „das brauche ich“.

Im Herner Literaturhaus sprach Franz Müntefering mit Martin von Berswordt (nicht nur) über sein neues Buch - zu sehen auf YouTube.
Im Herner Literaturhaus sprach Franz Müntefering mit Martin von Berswordt (nicht nur) über sein neues Buch - zu sehen auf YouTube. © loc

Und wie schon vor eineinhalb Jahren präsentierte er sein aktuelles Buch im Herner Literaturhaus an der Bebelstraße im Gespräch mit dem Bei-der-Herner-SPD-alles-Wegmoderierer (gekonnt wie immer) Martin von Berswordt. Der 25-Minuten-Beitrag fand diesmal allerdings ohne Publikum statt, sondern ist als Aufzeichnung im YouTube-Kanal des Literaturhauses zu sehen.

Und sonst?

– Fordert Franz Müntefering in seinem Buch die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre.
– Bekennt er Mut zur Lücke: „Ein nachdenkliches und forderndes Kapitel zur Klimadebatte läge mir am Herzen und wäre auch besonders wichtig und passend. Corona darf uns nicht ablenken von dieser erstrangigen Spur. Das Kapitel traue ich mir thematisch nicht zu.“
– Lobt er die (bisherige) Rolle der Medien in der Corona-Krise: „Gut gemacht!“
– Zitiert er nicht nur Größen wie die Philosophin Hannah Arendt, sondern auch aus Charles M. Schulz’ Comicserie „Peanuts“: „Ich sehe das wie Snoopy. Charlie Brown sagt zu ihm: ,Tja, eines Tages werden wir alle sterben.’ Und Snoopy antwortet: ,Ja, aber an allen anderen Tagen nicht.’“

Letzte Worte

Franz Müntefering beschließt sein Buch mit diesen Worten: „Die Menschheit stellt sich ihre Weichen. Es gibt zu tun.“

„Das Jahr 2020+ - Übers Einmischen, Mittun und ein gutes Stück Leben auch im Ältersein“ ist im Dietz-Verlag erschienen, hat 190 Seiten und kostet 18 Euro.

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