Herne. Sein Buch heißt „Unterwegs“. Im Literaturhaus Herne sprach Franz Müntefering über das Älterwerden, Demokratie und Nachhaltigkeit.
. Das Literaturhaus ist voll, als Franz Müntefering die Bühne betritt, vital wie eh und je. 79 Jahre ist er alt und will sich auch nicht jünger machen, wie er später sagt. Das „Älterwerden in dieser Zeit“ soll sein Thema sein an diesem Dienstagabend, an dem dann doch das eine oder andere mehr zur Sprache kommt.
Freundlich, auskunftsfreudig und mit dem ihm eigenen Witz stellt sich der ehemalige Vizekanzler am Stehpult zwei Stunden lang den Fragen von Martin von Berswordt-Wallrabe. Man kennt und duzt sich. Ein Einstieg über die Europawahl bietet sich an. Bei aller Enttäuschung über das Wahlergebnis sei er doch froh, „dass 80 Prozent Demokraten sind“, sagt der SPD-Politiker, um einen typischen Müntefering-Satz hinterherzuschieben: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Vernünftigen die Nerven behalten, damit nicht die Bekloppten das Sagen kriegen.“
Auf Aufforderung erzählt Müntefering ein bisschen von seiner Kindheit im Sauerland, vom Krieg und den Bomben auf den Sorpesee, gewürzt mit Anekdoten wie der über das Flohspiel, das die Amis dem Jungen unvollständig zurückgaben. Viele Male erzählt vermutlich, trotzdem frisch vorgetragen. Von Berswordt fragt nach der politischen Sozialisation, Müntefering spricht vom Café Lange, wo die Jusos tagten. Dort habe er eines gelernt: „Nicht möglichst kompliziert sprechen, sondern so, dass man das verstehen kann“.
Demokrat durch und durch
So hält er es auch im Literaturhaus. „Erstens, zweitens, drittens“ zählt er auf, was ihm wichtig ist in der älter werdenden Gesellschaft, eine Palliativversorgung zum Beispiel und dass der eine nach dem anderen guckt. Dann kommen wieder andere Themen dazwischen, wie die Aufarbeitung der Nazizeit in Deutschland oder die neuen Populisten. Müntefering hält dagegen, fordert auch die Zuhörer dazu auf, Demokrat durch und durch. Das Publikum folgt ihm zustimmend raunend, lacht, wenn er eine seiner trockenen Bemerkungen macht. Am Ende liest er noch ein paar Seiten aus „Unterwegs“ vor, zur Nachhaltigkeit, zwischendurch hat er ein heiteres Gedicht rezitiert. Ein beeindruckender Abend, der bei vielen nachhallen dürfte.