Das morgendliche Chaos vor Schulen bleibt Thema: Warum die SPD die Stadt angreift, was seit 2016 gegen Elterntaxis getan wurde, was geplant ist.

Kampf den Elterntaxis: Wegen der chaotischen morgendlichen Situationen vor Schulen hat der Rat auf Initiative von SPD und CDU die Verwaltung 2016 beauftragt, ein Konzept zur Sicherung des Schulweges und zur Stärkung der eigenständigen Mobilität von Kindern zu entwickeln. Weil dieses Konzept vier Jahre später noch immer nicht vorliegt und zahlreiche Fragen unbeantwortet blieben, ist der SPD-Ratsfraktion der Kragen geplatzt.

Langer Fragenkatalog an die Stadt

Ulrich Syberg (SPD) ist nicht nur Planungsausschussvorsitzender, sondern auch Bundesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC).
Ulrich Syberg (SPD) ist nicht nur Planungsausschussvorsitzender, sondern auch Bundesvorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

„Dieses wichtige Thema wird offenbar nicht ernst genommen. Die Stadt denkt: Das ist wie Corona - das geht wieder weg“, sagt SPD-Ratsherr Ulrich Syberg zur WAZ. Der Vorsitzende des Planungsausschusses räumt allerdings ein, dass dabei auch die dünne Personaldecke der Stadt eine Rolle spiele.

Das hinderte drei Ausschussvorsitzende der SPD - Syberg, Birgit Klemczak (Schule), Ulrich Klonki (Jugend) - aber nicht daran, die (SPD-geführte) Verwaltung zum „Rapport“ zu bitten. Zur jüngsten Planungsausschusssitzung erstellten sie nicht nur einen langen Fragenkatalog an die Verwaltung, sondern forderten die persönliche Teilnahme der beteiligten städtischen Fachbereichsleiter ein - mit Erfolg.

Neue Arbeitsgruppe eingerichtet

Die Stadt versuchte im Ausschuss deutlich zu machen, dass jenseits des geforderten Konzepts einiges im Kampf gegen Elterntaxis passiert ist. Neben einem Workshop sei eine neue Arbeitsgruppe insbesondere für Grundschulen und Kitas ins Leben gerufen worden. Am „Modellstandort Hölkeskampring“ (Kolibri-Schule) sollten erarbeitete Ergebnisse in einer Pilotphase umgesetzt werden; dies habe wegen der Pandemie-Folgen aber noch nicht stattfinden können.

Demo am Gymnasium gab den Anstoß

Den Anstoß gegeben für den neuerlichen Vorstoß seiner Fraktion habe eine Aktion am Gymnasium Eickel, Ulrich Syberg (SPD). Dort fand Ende Januar auf Initiative der Jahrgänge 5 und 6 eine Demonstration gegen Elterntaxis statt.

Der Protest habe bis zum Corona-Ausbruch im März durchaus Wirkung auf Eltern gezeigt, berichtet Schulleiterin Antje Fehrholz. Aktuell gebe es wegen der Folgen der Pandemie - flexible Schulanfangszeiten - weniger Probleme mit Elterntaxis.

„Die Sensibilisierung von Eltern ist ein kritischer Punkt. Mit Zwang allein ist es nicht getan“, sagte Fachbereichsleiter Josef Becker (Tiefbau und Verkehr). Sein Kollege Andreas Merkendorf (Fachbereich Schule) betonte, dass Schüler dabei eine zunehmend wichtige Rolle spielen: „Sie sind es, die ihre Eltern überzeugen.“ Anreizsysteme einzelner Schulen - zum Beispiel Sternchen fürs Laufen zur Schule - förderten die Motivation.

Nur drei Elternhaltestellen in Herne

Die Schillerschule ist eine von drei Herner Schulen, an denen es eine Elternhaltestelle gibt.
Die Schillerschule ist eine von drei Herner Schulen, an denen es eine Elternhaltestelle gibt. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Alle Grundschulen hätten zudem Schulwegpläne erstellt, allerdings „in unterschiedlicher Qualität“, sagte Merkendorf. Und auch bei der Einrichtung von „Elternhaltestellen“ - sichere und von Lotsen begleitete Parkmöglichkeiten im weiteren Umfeld der Schule - müsse die Initiative von Schulen ausgehen. Nur drei Einrichtungen dieser Art gibt es derzeit in Herne: an der Schillerschule, der Vellwigschule und Kolibrischule.

Stichwort „Förderung der eigenständigen Mobilität“: Welche Schulen Fahrradabstellanlagen besitzen, konnte die Stadt der SPD nicht beantworten. Was bekannt ist: Seit 2016 hat die Verwaltung keine Anlagen dieser Art modernisiert bzw. neu errichtet. Dies werde jedoch nach und nach bei den anstehenden Sanierungen der Schulmodernisierungsgesellschaft geschehen, so Josef Becker.

Raser vor Schulen und Kitas: Erschreckende Zahlen

Stichwort „Raser vor Schulen und Kitas“: Die Stadt präsentierte hier im im Ausschuss eine erschreckende Zahl. So seien an den 15 vor Schulen und Kitas eingerichteten Messstellen der mobilen Radarüberwachung von Januar 2017 bis Juli 2020 insgesamt 38.571 Ordnungswidrigkeiten festgestellt worden.

Die SPD will nun weiter Druck auf die Verwaltung machen, damit das geforderte Konzept erstellt wird und Verbesserungen erzielt werden. „Wir haben in Herne kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, so Ulrich Syberg.

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