Herne. Wie eine Herner Wählergemeinschaft von jetzt auf gleich ein Programm erstellte und warum das Land Ex-AfD-Chef Wolf abwies.

Respekt! Ein sehr umfassendes und differenziertes Kommunalwahlprogramm hat die noch recht junge Wählergemeinschaft Wanne-Herne (WWH) erarbeitet und auf ihre Homepage gestellt. Von „1.1 Politische Teilhabe“ über „6.4 Prävention vor ordnungsrechtlichen Maßnahmen“ bis hin zu „12.1 Fördergelder“ umfasst es zahlreiche kommunalpolitischen Felder. Kleiner Schönheitsfehler: Das Programm stammt nicht aus der Feder der WWH, sondern ist fast 1:1 von den Piraten im Ennepe-Ruhr-Kreis geklaut worden - ergänzt durch wenige auf Herne bezogene Sätze.

WWH-Mitgründer Michael Eilebrecht, früher Mitglied der Herner Piraten, spricht - kein Scherz - von einem „Versehen“. Sie hätten das Piraten-Programm in einer „leicht geänderten“ Version eingesetzt, da sie nach ihrer Gründung nicht viel Zeit gehabt hätten für die Erarbeitung eines eigenen Programms. Die Piraten aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis machen derweil gute Miene zum dreisten Spiel der WWH: „Unser Programm ist so gut - das muss man einfach stehlen“, sagt der Wittener Pirat Stefan Borggraefe zur WAZ.

Karriereknick

Mit dem Votum des Landeswahlausschusses gegen Armin Wolfs Herner AfD-Liste für die Kommunalwahl dürfte die politische Karriere des 54-Jährigen in Herne vorerst beendet sein. Denn: Nach seiner jeweils mit einem Ratsmandat verbundenen Mitgliedschaft bei den Grünen, in der SPD und in der AfD ist zurzeit keine Partei in Sicht, bei der sich dieses politische Geschäftsmodell fortsetzen ließe. Trotz des von Wolf angekündigten Parteiaustritts sieht es derzeit so aus, dass er mit dem Stadtverordneten Rolf Hosse - dieser hat sich öffentlich zu Wolfs AfD-Gegenspielerin Beate Fiedler bekannt - bis zum Ende der Legislaturperiode Ende Oktober als AfD-Gruppe im Rat firmieren wird. Das hätte handfeste Vorteile: Für (zweiköpfige) Ratsgruppen gibt es jährliche Zuwendungen in Höhe von insgesamt rund 45.000 Euro (plus u.a. Sitzungsgelder und eine Funktionspauschale in Höhe von rund 12.000 Euro), für einen Einzelmandatsträger dagegen jährlich nur 4800 Euro (plus u.a. Sitzungsgelder und eine Funktionspauschale von jährlich rund 4700 Euro).

Zurück zum Landeswahlausschuss: In einer Pressemitteilung beruft sich das Innenministerium nicht nur auf die Absetzung des Herner AfD-Vorstandes um Wolf durch den AfD-Landesvorstand. Sondern: Das Ministerium stellte zusätzlich fest, dass die Beschwerde von Wolf gegen den Herner Wahlausschuss auch deshalb zurückgewiesen werde, weil seiner eigenen Liste für die Kommunalwahl „eine nicht ordnungsgemäß durchgeführte“ Aufstellungsversammlung zugrunde gelegen haben.

Prominente Kandidatin

Die ehemalige Dezernentin Gudrun Thierhoff kandidiert für die Bezirksvertretung Sodingen.
Die ehemalige Dezernentin Gudrun Thierhoff kandidiert für die Bezirksvertretung Sodingen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Grünen-Ratsherr Raoul Roßbach hat am Samstag in Herne keinen (Kommunal-)Wahlkampf gemacht, sondern sich in Dortmund selbst zur Wahl gestellt. Mit Erfolg: Der 33-Jährige ist bei den Vorstandswahlen der Landespartei in seinem Amt als politischer Landesgeschäftsführer bestätigt worden. Apropos Wahlen und Grüne: Auf Platz 3 der Grünen-Kandidatenliste für die Wahl der Bezirksvertretung Sodingen ist mit Jugend-, Schul- und Kulturdezernentin a.D. Gudrun Thierhoff ein bekannter Name zu finden. Dass es trotz des Grünen-Aufschwungs reichen wird für ihren Einzug in das Gremium, erscheint aber eher unwahrscheinlich. Spannend wäre die Konstellation allerdings schon, denn: Im Falle ihrer Wahl könnte Thierhoff als frühere Dezernentin ehemaligen Kollegen politisch auf den Zahn fühlen.

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