Herne. Am Freitag hätte die Cranger Kirmes eröffnet werden sollen. Auf dem Rummel-Gastro fand deshalb eine kleine Zeremonie statt.
„Einmal alles“ - dieses Motto ziert das Plakat für die Cranger Kirmes in diesem Jahr. Jetzt ist auf dem Kirmesplatz ein großes Nichts zu sehen - bis auf den Rummel-Gastro. Am Freitagmittag lud Veranstalter Timo Lichte zu einer kleinem Zeremonie, die ein wenig wirkte wie das Gedenken an bessere Zeiten.
Im Vorfeld war ungewiss, auf wie viel Resonanz die kleine Ersatz-Eröffnungsfeier stoßen würde. Vielleicht lag es an 35 Grad im Schatten, dass es keinerlei Andrang auf die Plätze unter den Sonnenschirmen gab. Hygieneabstände konnten locker eingehalten werden, Oberbürgermeister Frank Dudda verteilte Kirmes-Pins - mit einem Fritzchen, der Maske trägt. Doch allzu viele Anstecknadeln wurde Dudda nicht los.
Trotz der Hitze würden alle lieber im Bayernzelt bei der echten Eröffnung schwitzen
Die Traurigkeit über den Ausfall des größten Volksfests in Nordrhein-Westfalen war deutlich zu spüren. Mit Timo Lichte erzählte mit Blick auf die Hitze, dass ihm schon gesagt worden sei, dass er doch froh sein soll, dass er bei diesen Temperaturen nicht im Bayernzelt - bei der offiziellen Eröffnungsfeier - sitzen muss. „Ich wäre aber lieber im Bayernzelt als jetzt hier“, so Lichte. Alle Schausteller seien traurig, dass sie durch das Verbot von Großveranstaltungen mit einem Berufsverbot belegt seien. Der Rummel-Gastro und die Zeremonie genau zu der Zeit, wenn im Bayernzelt das Fass angestochen worden wäre, „soll ein Lebenszeichen sein, dass wir noch da sind“.
Einen Fassanstich gab es allerdings auch an diesem Freitag. Ein Vertreter der Warsteiner-Brauerei hatte eine 10-Liter-Version mitgebracht, der OB schwang den Hammer. Er bezeichnete diesen Anstich als Übung für das nächste Jahr (im Falle seiner Wiederwahl). Die Übung gelang ihm.
Trotz dieses kleinen Spaßes: Dudda machte sehr deutlich, dass er von der Situation überhaupt nicht begeistert sei, „aber wir müssen das Beste draus machen, auch wenn es uns nicht gefällt“. Auch er habe zu hören bekommen, dass er doch froh sein könne, dass Crange ausfällt, dann habe er ein wenig Urlaub. „Aber Kirmes ist für mich Urlaub“, sagte er, die sei ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Auch er vermisse das große Kribbeln am ersten Kirmesfreitag, wenn die Schausteller in den Startlöchern stehen und er selbst sich auf den Auftritt auf der Bühne vorbereite. Er hofft, dass es eine Perspektive für das nächste Jahr gibt. Dann würde er liebend gern den Satz sagen: „Die 536. Cranger Kirmes ist eröffnet.“
Planungen für Weihnachtszauber laufen weiter
Zu den wenigen Wannern, die die Zeremonie verfolgten, gehörten Christiane und Markus Pflicht. Als Einheimische könnten sie es „schwer ertragen“, dass die Kirmes nicht stattfindet. Deshalb seien sie zu der Zeit gegangen, wenn normalerweise die Böllerschüsse zu hören sind. Umso schöner sei es, dass es die kleine Eröffnung gebe.
Zu den Gästen zählten auch eine ganze Reihe von Schaustellern, die jetzt eigentlich mit ihren Fahrgeschäften, Losbuden und andern Vergnügungsangeboten auf Crange stünden. Unter ihnen war auch Sebastian Küchenmeister, der Veranstalter des Cranger Weihnachtszaubers. Dafür würden die Planungen vorangetrieben, sagte er im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Küchenmeister plant für den Weihnachtszauber eine Einzäunung. So könnten Besucher registriert werden und eine Rückverfolgung gewährleistet werden. Würde man siebeneinhalb Quadratmeter Platz für eine Person zugrunde legen, könnten etwa 3500 Besucher gleichzeitig das Gelände betreten. Aber auch Küchenmeister ist sich im Klaren, dass man abwarten muss, wie sich die Infektionszahlen entwickeln.
Schausteller-Präsident beklagt eine Ungleichbehandlung
Auch Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, war gekommen. Er fühle angesichts des Ausfalls, aber auch der Lage der Kollegen eine „tiefe Betroffenheit“. Er erhalte täglich Anrufe von Schaustellern, die mit dem Rücken zur Wand stünden. Er macht aus seinem Ärger über das Verbot von Großveranstaltungen bis Ende Oktober kein Geheimnis. Dies sei eine Ungleichbehandlung. Der Betrieb in Fußgängerzonen - zum Beispiel in der Düsseldorfer Altstadt - oder an Strandpromenaden unterscheide sich nicht von dem einer Kirmes. „Wir können alle Hygienevorgaben erfüllen“, so Ritter. Wenn die Schausteller nicht überlebten, bekäme auch der Einzelhandel im Winter ein Problem, weil Schausteller mit den Weihnachtsmärkten für ein Einkaufserlebnis sorgten. Er fordert, dass der Betrieb wieder losgehen darf - oder finanzielle Hilfe vom Bund.