Herne. Fünf Amateurtheater schlagen sich in Herne mit Corona herum. Die einen versuchen es mit Open-Air, andere pausieren. Eine Bestandsaufnahme.
Sie alle hoffen auf bessere Zeiten, doch darüber hinaus hat Corona die Herner Amateurtheater auf ganz unterschiedliche Weise getroffen. Die meisten spielen gar nicht mehr, und wenn doch, stellen sie fest: Die Zuschauer sind vorsichtig. Was erlaubt ist, nämlich bis zu 300 Zuschauer, kommt gefühlt noch nicht an. Trotzdem wollen die monatlichen Kosten gestemmt werden. Wie das Virus die Theaterlandschaft infiziert hat.
Kleines Theater Herne
Schon im Juni hat das Kleine Theater an der Neustraße auf die neue Situation reagiert und sein „Pop-Up- Hoftheater unterm Sonnensegel“ aus dem Boden gestampft. Die Idee: Comedians spielen draußen vor maximal 21 Zuschauern, einmal nachmittags, einmal abends. Es mag auch am Wetter liegen, aber: „Die Gäste rennen uns nicht die Hütte ein, wie wir gehofft hatten“, sagt Theaterleiter Andreas Zigann. So musste das geplante Open-Air-Programm schon abgespeckt werden, einige Veranstaltungen fielen aus.
Doch die Theaterleute halten mit viel ehrenamtlichem Engagement tapfer durch, und auch der Vermieter kam dem Theater entgegen. Dank einiger Rücklagen reicht es wohl auch noch für die nächsten Monate: „Wir hatten eine sehr gute Saison“, sagt Zigann „und konnten die Kasse etwas füllen“. Angesichts der monatlichen Kosten von etwa 1800 Euro für Miete, Strom und Versicherungen hänge es nun davon ab, „wie lange die Geschichte dauert“. Zigann: „Ein Jahr können wir überbrücken.“ 9000 Euro hat das Theater bisher an Hilfe bekommen, eine weitere Förderung durch das Programm „Neustart Kultur“ ist beantragt.
Solange es keinen Impfstoff gebe, sitze die Angst allerdings tief, glaubt Zigann, auch wenn alle Sicherheitsauflagen erfüllt würden. Trotzdem plant das Kleine Theater, „als ob es ganz normal weiter geht“ und hat nun einen Gastspiel-Flyer für die nächsten Monate vorgelegt. „Zur Not müssen wir das Theater bis März oder April schließen“, sagt der Theaterleiter. Danach sieht er allerdings Fußball-EM, Olympia und die WM in Katar als Konkurrenz: „Die nächsten Jahre werden für die Kultur ganz schwer.“
Amateurbühne Lampenfieber
Überschaubare laufende Kosten hat unterdessen die Amateurbühne Lampenfieber. Das Theater probt im Heinz-Westphal-Haus und stellt einmal im Jahr ein neues Stück in der Aula der Realschule Crange vor, zuletzt „Hotel im Angebot“. Ende Juni dann die Absage für die Aufführung im November: „Corona hat es bisher nicht zugelassen, dass wir proben können“, erklärt Theatersprecher Uwe Rainer Schulz. „Normalerweise starten die Proben im April oder Mai, aber wir durften uns nicht treffen.“ Angesichts der unsicheren Perspektiven - würde im November jemand kommen? - beschlossen die Vereinsmitglieder, sich stattdessen auf das Jubiläumsjahr 2021 zu konzentrieren und die ausgewählte Komödie zum Zehnjährigen zu präsentieren. Schulz: „Dann möchten wir ein volles Haus haben.“ Solange arbeiten die Schauspieler auch an ihrer Weiterentwicklung - mit Atemübungen, Aufwärmtechniken und Stimmbildung. Theaternachwuchs ist willkommen, das gilt vor allem für junge Männer,
Fidele Horst
Die Proben liefen auf vollen Touren, dann kam der Lockdown: das Aus für die Komödie „Und ewig rauschen die Gelder“, die im April im Mondpalast ihre Premiere feiern sollte. Im Moment ruhen die Proben, berichtet Olaf Weichert, Spielleiter des Theaters Fidele Horst. Mit einigen Monaten Vorlauf könnte die Premiere im Frühjahr 2021 nachgeholt werden. „Wenn es dann noch Abstandsgebote gibt, wird es schwierig“, weiß Weichert. „Wir haben nur zwei Wochen zur Verfügung, in denen wir theoretisch zehn mal spielen können.“ Ohne ausreichend Zuschauer seien die Kosten für eine solche Produktion von der Saalmiete bis zu den Kostümen und der Bühnenausstattung schwer zu stemmen. „Dass die Mitglieder einspringen, können wir von ihnen nicht erwarten.“ Neben den aktuellen Produktionskosten fielen auch immer wieder Investitionen an, etwa für die Technik. Dafür habe das Theater Rücklagen gebildet.
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„Ein Jahr ist nicht das Problem“, sagt Olaf Weichert. „Im zweiten Jahr wird es eng.“ Zumal fixe Kosten für den Probenraum an der Königstraße nebst Strom und Versicherung, insgesamt über 1000 Euro, das Konto monatlich belasteten. Corona-Hilfen habe das Theater nicht bekommen. Weicherts Einschätzung: „Solange das Gefühl da ist, dass man sich gefährdet, halten die Zuschauer sich zurück. Ich glaube, es wird erst besser, wenn die Möglichkeit da ist, sich impfen zu lassen.“ Dankbar ist der Spielleiter und ehemalige Vorsitzende für die treuen Fans von Fidele Horst. 2000 Karten waren bereits verkauft. „Es sind wenige, die sie zurückgegeben haben.“ Die Tickets behalten ihre Gültigkeit.
Komödie am Park
In der Eickeler Komödie am Park ruht der Theaterbetrieb komplett. „Der coronagerechte Aus- und Umbau des Theaters würde unsere Mittel deutlich übersteigen“, begründet der Vorsitzende Klaus Mahlberg diesen Schritt und äußert zugleich die Hoffnung, dass sich „unter Berücksichtigung weiterer Lockerungen und einem gleichwohl optimalen Hygienekonzept“ ab Oktober wieder Aufführungen zeigen lassen. Es sei jedenfalls fest geplant, sobald wie möglich den „Kurschattenmann“ wieder zu zeigen. Die Theaterferien im Juli und August würden für kleinere Renovierungen genutzt. Für digitale Angebote erscheine weder das Theater selbst noch das gewählte Genre der Komödie geeignet.
„Natürlich laufen die Kosten für Mieten und Betriebskosten weiter“, erklärt Mahlberg. Fördertechnisch befinde man sich „im absoluten Vakuum“. Hilfen habe man bisher keine erhalten, weil die Hilfspakete just den Bereich der Amateurtheater nicht erfassten. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Amateurtheaterverbandes NRW habe er beim NRW-Ministerium für Kultur bisher vergeblich für eine Förderung der Amateurtheater im Lande geworben.
Aus der Coronaschutzverordnung
Laut aktualisierter Coronaschutzverordnung dürfen Veranstaltungen und Versammlungen mit bis zu 300 Teilnehmern stattfinden, wenn „geeignete Vorkehrungen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Gewährleistung eines Mindestabstands von 1,5 Metern (auch in Warteschlangen) sichergestellt sind“.
Sitzen Teilnehmer während der Veranstaltung auf festen Plätzen, muss – bei Sicherstellung der „besonderen Rückverfolgbarkeit“ – der Mindestabstand nicht eingehalten werden.
Die „besondere Rückverfolgbarkeit“ ist gegeben, wenn neben einer Adressenliste ein Sitzplan erstellt wird, aus dem hervorgeht, welche Person wo gesessen hat.
Die Regeln gelten vorerst bis 11. August.
Theater im Volkshaus
Als Haustheater hat das Theater im Vokshaus (TiV) in Röhlinghausen seit 15 Jahren Kultstatus. Seine Premiere von „Frauenpension“ im März hat das Amateurtheater gerade noch so geschafft, die drei Aufführungen am Wochenende danach mussten abgesagt werden, sie werden auch nicht nachgeholt. „Seit einer Woche proben wir wieder“, berichtet Theatersprecher Jan Gießmann. Momentan denke die Gruppe darüber nach, ob und wie man ein Stück mit Abstand spielen könne. „Das Theater lebt ja auch von der Nähe auf der Bühne.“ Gießmann zeigt sich aber zuversichtlich, dass im März oder April ein Stück präsentiert werden kann. Bis dahin seien die Kosten für den Raum auch zu schultern.
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