Herne. Kinder aus bildungsfernen Familien leiden besonders unter der Corona-Krise. In einem Herner Ferienprojekt werden sie nun individuell gefördert.

Kein Unterricht, kein Kontakt zu Lehrern und keine Kontrolle der Hausaufgaben: Schon die ganz Kleinen mussten in der Corona-Krise leiden. Der Unterricht ist zwar vor den Sommerferien wieder gestartet, Normalität herrsche jedoch noch lange nicht, sagt Monika Müller, Schulleiterin der Grundschule Kunterbunt in Herne-Mitte.

Vor allem ein Leistungsunterschied zwischen den Schülern sei nach dem akuten Lockdown zu beobachten gewesen. Die Schüler, die aus bildungsfernen Familien kämen, seien häufig abgehängt worden, so Müller. „Wenn sich in der Corona-Zeit niemand darum gekümmert hat, dass die Hausaufgaben gemacht werden, zeigt sich das spätestens jetzt.“

Genau für diese Kinder sei das Ferienprojekt entwickelt worden, in dem sie individuell gefördert werden, damit sie den Anschluss im Klassenverband nach den Sommerferien nicht verlieren, so Müller. Finanziert wird das Projekt vom Verein „Lernen in Herne“.

Hoher Bedarf an extra Förderung in Herne

Als am 18. Juni noch keine Ideen und Fördermittel vom Land gekommen seien, hätten sie sich zusammengesetzt und überlegt, wie man den Schülern am besten helfen könne, sagt Vereinsvorsitzende und ehemalige Schuldezernentin Gudrun Thierhoff. „Es ist fahrlässig, dass nicht früher etwas vom Land kam.“ Denn der Bedarf für extra Bildung sei groß, weiß sie. An der Grundschule Kunterbunt hätten sich sogar zu viele Kinder für das Projekt angemeldet. „Einige mussten wir leider ablehnen“, sagt Müller.

Der Verein „Lernen in Herne“

Der Verein „Lernen in Herne“ wurde 2013 gegründet. Seitdem unterstützt er Bildungsprojekte in Herne, erklärt Vereinsvorsitzender und ehemaliger Kämmerer Peter Bornfelder. Zurzeit habe der Verein 30 Mitglieder. Neben den Mitgliedsbeiträgen finanziere er sich vor allem über Spenden.

Das Ferienprojekt an der Grundschule Kunterbunt sei das erste Projekt in diesem Jahr. Bei einer Mitgliederversammlung im August wolle der Verein über zwei weitere sprechen. Unter anderem soll eine Lese-Schreib-Werkstatt angeboten werden.

Wer die Hilfe des Projekt bekommen sollte, hätten die Klassenlehrer entschieden. Sie wüssten, wo der Bedarf am größten sei. Zunächst sei das Interesse verhalten gewesen, so Müller. Nach und nach habe es sich dann jedoch bei den Eltern herumgesprochen.

Nun werden 24 Schüler aus der ersten und zweiten Klasse zwei Wochen lang spielerisch von zwei Lehramtsstudentinnen unterrichtet, die bereits an der Schule als Vertretungslehrerinnen gearbeitet hätten. Sie haben das Projekt geplant und führen es zurzeit täglich von 9 bis 13 Uhr durch. Von Anfang an seien die Kinder motiviert gewesen, hätten von sich aus Ideen eingebracht und zeigten Interesse am Lernstoff, sagt Anne-Katrin Marx. „Sie freuen sich, endlich mal wieder etwas Normalität zu haben“, sagt die 23-Jährige. „Außerdem ist es gut für sie, dass sie nun zwei Wochen lang die gleichen Ansprechpartner haben.“ Neben Lernen und Spielen in der Gruppe würden zudem einzelne Kinder aus der Klasse herausgenommen, um individuell auf sie einzugehen.

Verein stellt 3000 Euro zur Verfügung

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Für die Grundschule Kunterbunt habe sich der Verein entschieden, da die Schule in Herne-Mitte liege, dem Ortsteil mit „dem höchsten Armutsanteil in der Stadt“, so Dietmar Jäkel, Mitglied des Vereins. Arme Familien seien von der Schulschließung härter getroffen gewesen als andere Familien, so Jäkel. „Da herrscht leider keine Chancengleichheit.“

Neben der beiden Lehrkräfte würden auch Materialien und Frühstück für die Kinder finanziert. Insgesamt 3000 Euro stelle der Verein dafür zur Verfügung. „Wir hätte gerne auch noch ein Mittagessen angeboten“, sagt Thierhoff. „Aber das war leider aufgrund der Kurzfristigkeit nicht möglich.“

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