Herne. Die Politik hat für den Bau von 22 Eigenheimen am Stadtgarten und damit für das Aus von 37 Bäumen gestimmt. Für die Stadt gab’s Kritik und Lob.
Der überarbeitete Entwurf der Stadt für den Bau von 22 Einfamilienhäusern in 1-a-Lage am Stadtgarten hat am Donnerstag in der Bezirksvertretung Herne-Mitte mit den Stimmen von SPD, CDU und AfD eine Mehrheit gefunden. Während Grüne und auch einzelne Vertreter von Rot-Schwarz Kritik und Zweifel an der Fällung von zahlreichen Bäumen äußerten, stellten sich Vertreter der Bürgerinitiative hinter die Pläne.
Planungsamts-Chef Achim Wixforth betonte, dass es sich bei dem Entwurf für die Wohnbebauung auf dem Sportplatz Schaeferstraße um einen Kompromiss handele, mit dem der „größtmögliche Erhalt“ des Baumbestands gewährleistet werde. Dieser Kompromiss sieht vor, dass von den 67 geschützten Bäumen auf dem 1,5-Hektar-Areal nur 30 erhalten bleiben.
Initiative stellt sich hinter die Pläne
Es habe an insgesamt drei Abenden einen intensiven Austausch mit der Bürgerinitiative gegeben, berichtete Wixforth. Diese Anwohner-Initiative hatte sich 2019 insbesondere mit dem Ziel gegründet, einen „Kahlschlag“ zu verhindern. Sie seien mit dem Ergebnis zufrieden, erklärten die BI-Mitglieder Edgar Budde und Thomas Butz. Das gelte auch für den Baumbestand. In den Gesprächen mit der Verwaltung („es wurde auch gestritten“) sei es zum Beispiel gelungen, insbesondere an den Eckbereichen des Grundstücks Bäume zu erhalten, so Budde.
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Diese Zufriedenheit wollten nicht alle Politiker teilen. Jürgen Saibic (Grüne) verwies auf die Bedenken von Stadtgrün und monierte, dass kein Vertreter dieses Fachbereichs an der Sitzung teilnahm. „Die Verwaltung spricht am Ende immer mit einer Sprache“, konterte Wixforth. Es würde in der Verwaltung aber niemand „mit seiner Meinung unter den Teppich gekehrt“; auch mit Stadtgrün habe es einen intensiven Austausch gegeben.
Seitenhieb auf Stadtgrün
Einen indirekten, aber deutlichen Seitenhieb auf die Kollegen konnte er sich aber nicht verkneifen: Die Frage sei erlaubt, ob Stadtgrün die Fachkompetenz besitze, einen eigenen Erschließungsvorschlag einzubringen, sagte er. Hintergrund: Stadtgrün hatte vorgeschlagen, die geplante Erschließung in dem neuen Wohngebiet um 90 Grad zu drehen, um dadurch mehr Bäume zu erhalten. Durch diese städtebaulich inakzeptable Variante könnten auch nicht mehr Bäume gerettet werden, sagte Wixforth.
Der städtische Chefplaner räumte in der Sitzung frank und frei ein, dass städtebauliche und wirtschaftliche Aspekte bei diesem Projekt im Vordergrund stünden. Die Politik habe ihm mit dem Wohnbauflächen-Entwicklungsprogramm (WEP) den Auftrag gegeben, hier Wohnraum zu schaffen. Das hätten sie bestmöglich umgesetzt. Und: Für dieses gehobene Segment - der Kaufpreis werde bei 450 Euro liegen - gebe es in Herne einen großen Bedarf.
Das bestätigte eine Anwohnerin des Stadtgartens, die nach eigenen Angaben vor zehn Jahren nach Herne gezogen ist und in der St. Elisabeth-Gruppe arbeitet. Ihre Kollegen kauften sich bisher Bauland in Dortmund, Essen oder Hattingen, berichtete sie. „Zu diesen Plänen am Stadtgarten kann ich Sie nur beglückwünschen“, so die Bürgerin in Richtung Wixforth.
Kritik von Merten (CDU), Bedenken bei Przybyl (SPD)
Keine Glückwünsche, sondern Kritik gab es von der Umweltausschussvorsitzenden Barbara Merten (CDU). In einer früheren Sitzung des Umweltausschusses habe die Stadt noch erklärt, dass Bäume im südlichen Bereich des Areals erhalten blieben. Das sei nun nicht mehr der Fall. Zu diesem Vorwurf schwieg der sonst so wortgewandte Planungsamts-Chef. Und auch die SPD-Bezirksverordnete Melissa Przybyl äußerte Vorbehalte gegen die Baumfällungen. „Kleine Neupflanzungen“ auf den Grundstücken könnten die bisherigen Bäume nicht ersetzen, sagte sie, stimmte letztlich aber für die Pläne.
Keine Debatte über Radfahrstreifen
Die Debatte versprach Zündstoff, fand aber dann gar nicht erst statt: Der Vorschlag der Stadt, einen sicheren Radfahrstreifen auf der Bochumer Straße zu errichten, wurde auf SPD-Antrag von der Tagesordnung der Bezirksvertretung Herne-Mitte genommen. Es gebe noch internen Beratungsbedarf, hieß es.
Auch der CDU-Bezirksverordnete (und OB-Kandidat) Timon Radicke, der zuvor schwere Geschütze aufgefahren hatte - die Stadt nutze die Corona-Krise zur Durchsetzung politischer Ziele - hob für diesen Antrag den Arm, schwieg sich aber aus.
Susanne Gleba (Grüne) wollte Rot und Schwarz das nicht durchgehen lassen. „Der Bezirk macht sich damit überflüssig“, sagte sie. Hintergrund: Die Abstimmung im Planungsausschuss wird am 14. Mai ohne eine vorherige Beteiligung der Bezirksvertretung erfolgen.
Wie geht’s weiter? Parallel zum laufenden Bebauungsplanverfahren werde im Juli/August die Vermarktung des Grundstücks durch die Stadtentwicklungsgesellschaft beginnen, kündigte Wixforth an. Im September soll der finale Satzungsbeschluss erfolgen. Der „ehrgeizige Zeitplan“ sehe vor, dass bereits im Frühjahr 2021 die ersten Bautätigkeiten stattfinden.