Herne. In Zeiten der Kontaktsperre erlebt das Autokino in Essen eine Steigerung der Besucherzahlen. Nun kommt das mobile Kinovergnügen auch nach Herne.
In Zeiten der Kontaktsperre erlebt das Autokino in Essen eine gewaltige Steigerung der Besucherzahlen. Nun kommt das mobile Kinovergnügen auch nach Herne.
Das Herner Unternehmen LMV Veranstaltungsservice und die Loe Filmstudios aus Marl veranstalten das Autokino am Gysenberg. Das teilte am Dienstag LMV-Inhaber Norbert Menzel mit. Die Idee dazu sei ihm erst am vergangenen Freitag gekommen, erzählt Menzel im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Bereits am Montag habe die Stadt ihren Segen gegeben.
Er habe gesehen, dass in anderen Städten solche Angebote entstehen und habe spontan an seine LED-Wand gedacht, die zurzeit ungenutzt im Lager stehe. Dazu muss man wissen: Auch LMV sind alle Aufträge weggebrochen. Es gebe bis Anfang Juni nicht einen einzigen, so Menzel, sieben Mitarbeiter seien in Kurzarbeit. Auch das Public Viewing, dass er zur Fußball-Europameisterschaft geplant hatte - und bei der LED-Wand zum Einsatz gekommen wäre - fällt aus.
LED-Wand bietet auch bei Tageslicht ein klares Bild
Für das Autokino steht der rechte Parkplatz vor der Eishalle zur Verfügung. Auf dieser Fläche will Menzel rund 130 Autos aufstellen. Schon ab Karfreitag soll es losgehen. Bis vorerst 19. April würden täglich zwei Filme gezeigt. Die erste Vorstellung beginnt um 16.30 Uhr, die zweite um 19.30 Uhr. Im Programm seien unter anderem „Der König der Löwen“, „Aladin“, „Die Eiskönigin“, „Der Junge muss an die frische Luft“, „Parasite“, „Joker“ oder „Das perfekte Geheimnis“.
Die LED-Wand mit den Maßen 6 x 3,5 Meter garantiere auch bei Sonnenschein ein klares Bild. Der Ton komme aus dem Autoradio über eine bestimmte Frequenz, die jedem Besucher mitgeteilt werde. Tickets für den Film sowie die kinotypischen Snacks (Popcorn, Nachos und Getränke) können nur online gebucht werden. Es werde keine Abendkasse geben, so Menzel, denn vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie habe das Ordnungsamt eine Reihe von Auflagen gemacht. Alle Dinge sollen kontaktlos geschehen, das bedeute zum Beispiel, dass die Tickets durch die Autoscheibe gescannt werden. „Wir bitten alle Besucher, auf mitgebrachte Speisen und Getränke zu verzichten und diese bei den Filmkarten mit zu buchen“, so Menzel. Denn nur so lasse sich dieses Angebot finanzieren.
Filmwelt-Betreiber Markus Köther sucht ein passendes Grundstück für ein Autokino
Die Tickets kosten pro Auto mit zwei Erwachsenen 15 Euro plus 1,50 Euro Vorverkaufsgebühren. Gebucht werden kann ab Donnerstag, 9. April, um 16 Uhr unter www.autokino-herne.de oder www.lmv-menzel.de/autokino. Auf diesen Seiten gibt es auch Informationen, wie man sich verhalten muss, sowie die Tickets. Die Internetadressen werden laut Menzel am Donnerstag freigeschaltet.
Menzel war nicht allein mit der Idee des Autokinos. Markus Köther, Betreiber der Filmwelt Herne, hatte den Kirmesplatz in Crange im Blick. Seine Idee war es, dort ein Autokino für rund 400 Fahrzeuge zu installieren - inklusive einer Leinwand mit den Maßen 30 mal 15 Meter. Das hätte ein hohes finanzielles Risiko bedeutet, doch er wolle einfach die Fahne der Filmwelt hochhalten. Außerdem hätte es so die Möglichkeit gegeben, einem Teil der 40 Mitarbeiter, die in Kurzarbeit sind, wieder Beschäftigung zu geben. Die Stadt Herne hat seine Pläne allerdings abgelehnt. Auf WAZ-Anfrage teilt die Stadt mit: „Die Technik, die der Antragsteller benutzen möchte, erfordert Dunkelheit. Daher würden die Veranstaltungen bis nach 22 Uhr stattfinden. Um diese durchzuführen, bräuchte er eine immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung, dabei geht es unter anderem auch um die An- und Abreise von bis zu 400 Pkw pro Vorstellung. Diese Ausnahmegenehmigung können wir dem Betreiber für den Cranger Kirmesplatz nicht geben, da wir auch die Anwohner schützen möchten.“
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Vor den Kopf gestoßen fühle er sich, so Köther, weil LMV mit einem Kino aus Marl zusammenarbeite. Das mache ihn gerade angesichts des Ziels, die lokalen Unternehmen in der Krise zu stärken, „fassungslos“. Sowohl Köther als auch Menzel bestätigen, dass sie Kontakt zueinander hatten, warum sie jedoch nicht zusammenkamen, darüber gibt es unterschiedliche Versionen.
Köther sucht weiter nach einem Areal, um seine Autokino-Idee zu realisieren. Wer ein passendes Grundstück zur Verfügung hat, kann sich unter info@filmwelt-herne.de melden.
Der Herner Frank Peciak leitet das Autokino in Essen
Einer, der den regelrechten Ansturm auf die Autokinos unmittelbar miterlebt, ist Frank Peciak. Der Herner ist Theaterleiter des Autokinos in Essen.
Zwar registriere er bereits seit rund fünf Jahren wieder steigende Besucherzahlen, doch zurzeit sei quasi an jedem Tag Wochenende. Das heißt: Es fahren bis zu 60 Prozent mehr Gäste auf den Platz in Bergeborbeck. Der Grund liege auf der Hand: Da angesichts der Corona-Pandemie alles geschlossen habe, sei das Autokino der einzige Vergnügungsort, der noch geöffnet hat. Dort könnten die Menschen entspannen und mal zwei Stunden lang den Kopf frei bekommen.
Eigentlich ist der Platz für 1000 Wagen ausgelegt, doch um einen Sicherheitsabstand zu gewährleisten würden nur 500 pro Vorstellung hineingelassen. Sonst gebe es zu viel Trubel. Trotz der stark gestiegenen Nachfrage bedeute das aber nicht mehr Geld in der Kasse, erzählt der 59-Jährige. Der Grund: Das Areal könne nur wirtschaftlich mit den zwei weiteren Säulen Flohmarkt und Automarkt betrieben werden. Doch die seien zurzeit weggebrochen.