Herne. Einkaufen und Haushalt sind für Bianca Pollaczek mit ihren 14 Kindern schon immer eine Mammutaufgabe. Das Coronavirus macht es noch schwieriger.
Zwei Brote pro Kunde? Zwei Packungen Toilettenpapier? Darüber kann Bianca Pollaczek nur müde lächeln. Die 45-Jährige ist Mutter von 14 Kindern, neun von ihnen leben noch auf den gemeinsamen 120 Quadratmetern in Börnig. Das Coronavirus stellt die Großfamilie XXL um Mama Bianca und Papa Mario vor große Herausforderungen.
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Die beginnen bereits beim normalen Tages-Einkauf: „Wir bekommen kein Brot.“ In einem Real-Markt habe sie Toastbrot für die Familie kaufen wollen. Die Verkäuferin habe ihr gesagt , dass sie nur vier Pakete mitnehmen dürfe – so viel wie eine Familie eben brauche. Doch die Pollaczeks passen nicht ins Muster. „Jede Familie ist doch anders. Und wir kommen mit vier Paketen einen Tag aus, das reicht uns nicht“, sagt Bianca Pollaczek.
Coronavirus in Herne: Alltag für Großfamilie ändert sich
Sie hatte bereits im Januar – lange vor Kontaktsperren und Hamsterkäufen – „so ein Gefühl, einen Instinkt“. Die 14-fache Mutter legte schon vor Wochen Vorräte für ihre Großfamilie an. Nun fährt sie morgens um 7 Uhr – noch bevor ihr Mann zur Arbeit muss – zum Discounter , um sich mit dem Nötigsten einzudecken, sofern das die Regelungen momentan überhaupt zulassen.
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Und auch der Alltag ist noch trubeliger geworden: „Das ganze Leben ist anders.“ Die neun Kinder, die noch zu Hause wohnen – vier bis 18 Jahre alt – müssen sich nun im Haus beschäftigen. Denn eines ist Bianca Pollaczek wichtig: „Auch meine Kinder müssen in diesen Tagen Abstand von anderen halten. Treffen mit Freunden gibt es nicht.“ Es sei schwierig, das immer wieder zu erklären. „Aber nur so können wir das Virus schließlich eindämmen. Und wie beschäftigen Sie die neun Kinder, Mama Pollaczek?
Kickbox-Training im Keller und Video-Dreh im Wohnzimmer
Nun, das Kickbox-Training ist kurzerhand in den Keller verlegt – zum Auspowern. Ansonsten gibt’s ja auch noch Hausaufgaben. „Und die Kinder drehen gerne gemeinsam Videos.“ Eines davon hat Bianca Pollaczek im sozialen Netzwerk Facebook gepostet. „Gemeinsam kämpfen wir gegen das Virus“, heißt es dort.
Und klar: Ab und zu muss die ganze Meute auch mal vor die Tür. „Wir gehen aber nur da spazieren, wo nicht viele Menschen sind“, sagt Bianca Pollaczek. Seit dem von der Landesregierung erlassenen Kontaktverbot hätten die Kinder allerdings Sorge davor, gemeinsam rauszugehen. „Was ist denn, wenn die Polizei uns kontrolliert? Die glauben uns doch nie, dass wir eine Familie sind...!“
Keine Geburtstagsfeier und Sorge um den Arbeitsplatz
Die Pollaczeks machen das Beste aus ihrer Situation. Und doch gebe es Augenblicke, an denen sie sich sehnlichst ein wenig Normalität herbeiwünschten. Das gilt für die große Familie wie für die meisten kleinen auch. Nur kommen diese Augenblicke wohl häufiger: Da ist zum Beispiel die hochschwangere Tochter, deren Kind in wenigen Wochen auf die Welt kommen soll. „Wir dürfen nicht dabei sein“, sagt Bianca Pollaczek. „Das ist ganz schlimm für uns. Und wir haben Angst, dass sie sich ansteckt.“
Mutter: „Disziplin ist das A und O“
Bei solch einer Kinderschar sei Disziplin das A und O, sagt Bianca Pollaczek. Essen auf dem Zimmer ist ebenso tabu wie ein nicht gemachtes Bett.
Jeder müsse im Haushalt mit anpacken, freitags wird Staub gewischt, das könnten auch die Kleinsten schon erledigen. Ansonsten dürfen ihre Kinder aber tun, was alle gern mögen.
Geplant sei die Kinderschar allerdings nie gewesen. „Wir haben uns keinen Kopf darüber gemacht“, sagt Bianca Pollaczek. Nur eines stand immer fest: „Eine Abtreibung kommt nicht in Frage.“
Da ist der Geburtstag des 16-Jährigen – normalerweise eine riesige Feier. In diesem Jahr gab’s zwar Kuchen. „Die anderen Geschwister haben aber gefehlt.“ Und da ist die Sorge um den Arbeitsplatz von Vater Mario.
Aber: Bianca Pollaczek und ihre Familie geben sich trotz allem zuversichtlich. „Wir werden das alles schon überstehen!“