Essen. Wirkt sich Corona auf Schwangere aus? Darf der Mann noch in den Kreißsaal? Die neue Chefärztin der Elisabeth-Frauenklinik nennt die Antworten

Schwanger in Zeiten des Coronavirus. Unter die Vorfreude mischt sich Angst. So wie bei der Essenerin Alexandra Clever. Sie steht kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes und sie fürchtet, ohne den Beistand ihres Mannes im Kreißsaal klar kommen zu müssen. Könnte das Wirklichkeit werden? Die neue Chefärztin der Frauenklinik am Elisabeth-Krankenhaus beantwortet die wichtigsten Fragen, die schwangere Frauen gerade quälen.

Dr. Daniela Reitz hat Anfang März die Leitung der geburtenstärksten Klinik des Ruhrgebiets übernommen. "Es ist eine verrückte Zeit, um anzufangen", sagt sie. Eine vergleichbare Situation habe sie in ihrer langen Krankenhauspraxis nie zuvor erlebt. "Die Lage ändert sich gerade nahezu täglich." Das hat zur Folge, dass das Telefon kaum still steht. Werdende Mütter möchten ihre Corona-Fragen loswerden.

Der Gedanke, ohne ihren Mann im Kreißsaal klar kommen zu müssen, ist für die Essenerin unerträglich

Alexandra Clevers Baby hat sich für den 28. März angekündigt. Bei der 38-Jährigen fahren die Gefühle Achterbahn. "Die viel gelobte Menschlichkeit hört in Zeiten von Corona wohl bei den Schwangeren auf", sagt sie nach einem Gespräch mit ihrer Frauenärztin. Diese habe ihr berichtet, dass die ersten Krankenhäuser bereits die Anwesenheit des Partners bei der Geburt verbieten.

Für die Essenerin wäre das fatal: "Der Gedanke, meine Tochter ohne meinen Mann allein unter Fremden gebären zu müssen, ist für mich schwer erträglich. Ich brauche seinen emotionalen Beistand. Es geht um das schönste und gleichzeitig beängstigende Erlebnis in unserem Leben."

In Uniklinik, Krupp- und Elisabeth-Krankenhaus dürfen die Partner derzeit bei der Geburt dabei sein

Für den Augenblick können die Essener Geburtskliniken versichern, dass der Partner bei der Geburt dabei sein darf. Das geben Uniklinik, Krupp-Krankenhaus und das Elisabeth auf Anfrage dieser Redaktion an.

Langfristige Versprechen mögen die Häuser während der Corona-Krise aber nicht abgeben. "Wir wissen alle nicht, wie die Situation in zwei oder drei Wochen aussieht", sagt Daniela Reitz, die neue Chefärztin im Elisabeth-Krankenhaus.

Es werden Besucherausweise für die Partner ausgestellt

Die Sicherheit und der Schutz von Patienten und Mitarbeitern stehen in den Krankenhäusern an erster Stelle. Aber alles wird versucht, um den Schwangeren die Betreuung weiter so angenehm wie möglich zu machen. Stand jetzt sei es im Elisabeth so, dass der Vater in den Kreißsaal darf, sofern er keine Krankheitssymptome aufweist, erklärt Reitz.

So lange Mutter und Kind nach der Geburt im Krankenhaus bleiben, darf der Vater oder eine andere zuvor bestimmte Person ein Mal täglich zu Besuch kommen. Dafür wird ein Besucherausweis ausgestellt, der in der Klinik kontrolliert wird.

Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, werden derzeit keine Familienzimmer in der Geburtsklinik angeboten. Die Eltern-Informationsabende fallen aus und auch die Geburtsvorbereitungskurse. Doch die Klinik hat sich Alternativen überlegt: Auf der Homepage der Elisabeth-Frauenklinik unter www.contilia.de werden Bilder und Videos veröffentlicht, die werdenden Eltern einen Einblick in Kreißsäle und sonstige Angebote der Geburtshilfe verschaffen.

Corona: Schwangere nicht gefährdeter als andere Menschen

Außerdem versichert die Chefärztin, dass die Hebammen im Kreißsaal wertvolle Hilfestellungen geben, die eine Geburt auch ohne Vorbereitungskurs gelingen lassen. "In einer solchen Situation kommt es ohnehin oft vor, dass sich die Frau nicht mehr genau an alle Kursinhalte erinnern kann."

Eine gute Nachricht hält die Expertin grundsätzlich für schwangere Frauen in dieser Krisenzeit bereit: "Sie sind nicht gefährdeter als andere, schwer an Corona zu erkranken." Es sei zudem kein Fall bekannt, in dem eine Corona-Infektion von der Mutter auf das Neugeborene übertragen worden sei.

Eigener Kreißsaal für Quarantäne-Patientinnen eingerichtet

Daniela Reitz appelliert an alle Schwangeren und ihre Partner, nur zu den notwendigsten Untersuchungen in die Kliniken und Praxen zu kommen. Denn das Infektionsrisiko müsse minimiert werden. "Diese Bitte teile ich mit den niedergelassenen Frauenärzten."

In der Elisabeth-Geburtsklinik ist übrigens sicherheitshalber ein zusätzlicher Kreißsaal eingerichtet worden, in dem an Corona erkrankte Frauen oder Frauen, die sich in Quarantäne befinden, entbinden können. "Der Raum ist separat zugänglich", sagt die Chefärztin.

Die hochschwangere Essenerin Alexandra Clever hat sich unterdessen auch wenige Tage vor der Geburt noch nicht festgelegt, wo sie entbinden wird. "Ich werde dorthin gehen, wo mein Mann dabei bleiben darf."

Vorgestellt: Die neue Chefärztin

Dr. Daniela Reitz hat in der Frauenklinik des Elisabeth-Krankenhauses die Nachfolge von Prof. Stefan Niesert angetreten, der im vergangenen Jahr in den Ruhestand verabschiedet worden ist. Sie kommt aus Hessen, ist 49 Jahre alt, hat zuletzt am Klinikum Darmstadt gearbeitet und hat neben der Medizin auch Theologie studiert.

In Essen hat sie sich bereits gut eingelebt, wie sie berichtet. Sie freut sich auf das kulturelle Angebot des Ruhrgebiets und mag Fußball. Lieblingsvereine: Frankfurt und Dortmund.