Herne. Die CDU will in Herne gezielter gegen Gewalt an Schulen vorgehen. Wo die Partei große Defizite sieht und wie die Stadt auf den Vorstoß reagiert.

Die CDU fordert für Herne eine zentrale Erfassung von Gewaltfällen an Schulen, um besser auf negative Entwicklungen reagieren zu können. Die Stadt sieht hier ebenfalls Handlungsbedarf und will die Anregung aufnehmen – so weit es in ihrer (sehr begrenzten) Macht steht.

CDU-Chef: Es gibt keinen Kommunikationsfluss

„Berichte über Gewalt in der Gesellschaft nehmen unter anderem in den Medien immer mehr zu. Aggressivität, Rücksichtslosigkeit und Übergriffe machen demnach auch vor den Schulen nicht halt“, erklärt CDU-Chef Timon Radicke, der auch Lehrer am Mulvany Berufskolleg ist. Zu den Folgen zählten Sachbeschädigung und Vandalismus, Drohungen, Körperverletzungen und Drogendelikte. Das gelte auch für Herne: „Wir alle kennen doch Schulen, an denen solche Probleme verstärkt auftreten.“

Oberbürgermeister Frank Dudda habe zwar eine breit angelegte Kampagne „Herne mit Respekt“ gegen die Verrohung in der Gesellschaft gestartet, aber: „So etwas fängt in der Schule an. Es kann nicht sein, dass es hier überhaupt keinen Kommunikationsfluss gibt.“

Herner Schulamt spricht von einer "Black Box"

In einer Anfrage in der Bezirksvertretung Herne-Mitte bat (der Bezirksverordnete) Radicke die Verwaltung um einen Sachstandsbericht, der in der jüngsten Sitzung des Gremiums dann allerdings inhaltlich sehr dünn ausfiel bzw. ausfallen musste. Denn: Zurzeit sei das Ausmaß der Gewalt an Herner Schulen für die Verwaltung eine „Black Box“, betonte Andreas Merkendorf, Leiter des städtischen Fachbereichs Schule.

Die Stadt sei zwar Schulträger, habe aber – mit Ausnahme der Grund-, Haupt- und Förderschulen – mit den schulinternen Angelegenheiten nichts zu tun und „an diesem wichtigen Punkt“ keinerlei Handlungsspielraum. Nur durch eine grundsätzliche „Kommunalisierung der Schulaufsicht“ könnte man dies ändern, so Merkendorf. Ein solcher Schritt wäre wünschenswert.

Eine zentrale Dokumentation über die Zahl und Qualität von Gewaltfällen an Schulen gebe es im Land ebenso wenig wie eine Meldepflicht für solche Delikte, so der Fachbereichsleiter weiter. Auch für die Herner Grund-, Haupt- und Förderschulen liege eine solche Erfassung nicht vor. Von den beiden in Herne ansässigen zuständigen Schulräten werde signalisiert: Zahl und Qualität der Gewalttaten sei in diesen Schulformen eher gering. Immerhin: Im Bereich Prävention sei die Stadt in allen Schulformen aktiv und mache zahlreiche Angebote.

Messerattacke der Fleischerazubis

Die Herner CDU will beim Thema „Gewalt an Schulen“ am Ball bleiben und auch überörtliche (Partei-)Gremien einbeziehen. Außerdem regt Radicke für Herne unter anderem die Durchführung von Bildungssymposien an. Hier könnten alle Schulleiter unter Ausschluss der Öffentlichkeit Klartext reden, ohne gleich hohe Verluste bei der nächsten Schulanmeldung befürchten zu müssen.

In der Bezirksvertretung Herne-Mitte wurden aber auch Zweifel am CDU-Vorstoß laut. Der pensionierte Lehrer Jürgen Saibic (Grüne) stellte in Frage, dass das Ausmaß der Gewalt an Schulen wirklich so hoch sei. Und wenn es zu Gewalt komme, könnten Lehrer aktiv eingreifen – so wie er es vor Jahren im Berufskolleg praktiziert habe: „Zwei betrunkene Fleischer sind mal mit dem Messer aufeinander losgegangen. Ich habe gesagt `hört auf mit dem Scheiß' und ihnen das Messer weggenommen.“

>>> INFO: Keine Anfrage im Schulausschuss

Die CDU hat ihre Anfrage zum Thema „Gewalt an Schulen“ nur in der Bezirksvertretung Herne-Mitte gestellt, nicht aber im Schulausschuss – wo sie eigentlich hingehört.

Die Verortung der Anfrage im Bezirk hatte zumindest den Vorteil, dass Timon Radicke dieses – sicherlich relevante - Thema persönlich öffentlich(keitswirksam) platzieren konnte. Der Christdemokrat ist nicht nur Bezirksverordneter, CDU-Chef und Lehrer, sondern auch OB-Kandidat.

Die lange Grundsatzdebatte im Bezirk ohne konkreten inhaltlichen Bezug zu Herne-Mitte störte die anderen Parteien aber offenbar nicht weiter: In der Sitzung erhob sich kein Protest. loc