Herne. Das Wanner Traditionsunternehmen Heitkamp hat vor wenigen Wochen ein Pilotprojekt erfolgreich beendet. Das macht die neue Brücke besonders.
Die Zahl der maroden Brücken in Deutschland geht in die Tausende. Vor wenigen Wochen hat das Wanner Traditionsunternehmen Heitkamp erfolgreich ein Pilotprojekt abgeschlossen, das richtungsweisend für den Brückenbau werden könnte und so dazu beitragen könnte, den Sanierungsstau abzubauen.
Auf der Autobahn 3 bei Emmerich kurz vor der niederländischen Grenze hat Heitkamp eine Brücke über die Autobahn erneuert – in äußerst kurzer Bauzeit, mit geringen Einschränkungen für den fließenden Verkehr und mit einer völlig neuen Bautechnik.
Das Unternehmen setzte erstmals in Deutschland Kunststoffgitter für den Bau ein
Die Autofahrer auf dieser Strecke bekamen von diesem ambitionierten Projekt nur ganz zu Beginn und zum Abschluss etwas mit. Für den Abriss und das Einschwenken der neuen Brücke musste die A3 jeweils an einem Wochenende gesperrt werden, ansonsten hatte die Baustelle keine Auswirkungen auf den Verkehr – keine Tempobegrenzung, keine Einspurigkeit, keine Warnbaken.
Der Grund: Heitkamp nutzte als erstes Unternehmen in Deutschland ein neues Material und ein neues Verfahren, um die beiden Brückenpfeiler zu errichten: Statt Beton kamen Kunststoffgitter zum Einsatz. Sie werden Lage für Lage übereinandergeschichtet, das Erdreich dazwischen wird maximal verdichtet. „Das spart erheblich Zeit, da das Material nicht erhärten muss wie Beton“, erläutert Heitkamp-Geschäftsführer Jörg Kranz. Zum Vergleich: Die Kunststoffkonstruktion war in zehn Tagen fertiggestellt, laut Kranz hätte es bei Beton rund drei Monate gedauert. Das Brückenteil, das die Autobahn überspannt, wurde zeitgleich auf einem nahe gelegenen Parkplatz vorbereitet – bis hin zu Details wie der Fahrbahnmarkierung.
Eingebaute Sensoren überprüfen Haltbarkeit der Brücke
In den Niederlanden, so Kranz, würden Brücken bereits mit Kunststoff statt Beton gebaut. Dies spare erheblich Zeit. Die Brücke bei Emmerich sei in nur 80 Tagen entstanden, bei herkömmlicher Bauweise müsse man mit rund 200 Tagen kalkulieren.
Um dieses Pilotprojekt zum Erfolg zu führen, habe man im Vorfeld nichts dem Zufall überlasse. Da es bislang keine Erfahrungen mit dem Material Kunststoff beim Brückenbau gibt, wird die Haltbarkeit des neuen Bauwerks in den kommenden Monaten mit Sensoren, die eingebaut wurden, überprüft. Die Technische Universität Dortmund, die Bundesanstalt für Straßenwesen sowie Ingenieurbüros begleiten das Vorhaben.
Spezialist für Sanierung von Start- und Landebahnen
Neben dem Brückenbau hat sich Heitkamp mit der Sanierung von Start- und Landebahnen auf Flughäfen bundesweit einen Namen gemacht. So hat Heitkamp 2015 die zentrale Piste des Frankfurter Flughafens saniert. Zuvor war das Unternehmen in Bremen und Paderborn tätig.
Zurzeit baut Heitkamp für sich selbst. An der Wilhelmstraße entsteht bis zum Jahresende eine neue Unternehmenszentrale.
Bei dem Pilotprojekt mit einem Finanzvolumen von rund drei Millionen Euro handele es sich bewusst um eine eher kleine Brücke, berichtet Kranz. „Aber auch größere Vorhaben sind technisch möglich.“
Ziel: Die neue Technik als Regelbauweise anerkennen lassen
Es ist nicht das erste Mal, dass Heitkamp beim Brückenbau unkonventionelle Wege geht. Das Wanner Unternehmen hat bereits die erste sogenannte Legobrücke - erfolgreich - gebaut. Dabei werden die Teile vorgebaut und an der eigentlichen Baustelle zusammengefügt. Schon damit habe man die Bauzeit deutlich reduzieren können. „Die Technik der Legobrücke ist gut, muss aber noch optimiert werden“, so Kranz im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion.
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Im Falle der Kunststoffbrücke müsse jetzt das Ziel sein, die innovative Bauweise auch als Regelbauweise anerkennen zu lassen. Für den Bau der Brücke über die A3 habe es eine Einzelfallzustimmung gegeben, Kranz deutet im Gespräch an, dass er im Vorfeld des Pilotprojekts reichlich Überzeugungsarbeit habe leisten müssen. Es gebe nach dem gelungenen Abschluss bereits positive Resonanz. Als die Brücke eingeschwenkt wurde, war auch Hendrik Schulte, Staatssekretär des NRW-Verkehrsministeriums, vor Ort. „Wir werden diese Erfahrung nutzen“, kommentierte er den Bau des Prototypen.
Kranz sieht einen potenziellen großen Markt für sein Unternehmen, denn das Verfahren eigne sich nach seinen Schätzungen für die Hälfte der Brücken in Deutschland.