Herne. Ende 2017 hat der amerikanische Paketriese UPS seinen Erweiterungsbau in Herne in Betrieb genommen. Die WAZ konnte ihn exklusiv besichtigen.

Das Wachstum in der Logistikbranche ist noch längst nicht am Ende. Die großen Paketzusteller bauen oder planen nach wie vor neue Verteilzentren. DHL hat Ende des vergangenen Jahres in Bochum ein neues Zentrum auf dem ehemaligen Opel-Gelände eingeweiht, in Essen wird Amazon ein weiteres eröffnen. In Herne hat der amerikanische Konzern UPS bereits 2017 seinen Erweiterungsbau in Betrieb genommen. Die WAZ hatte nun erstmalig die Gelegenheit, den Betrieb hautnah zu erleben.

Die Drehscheibe, die UPS bereits im Jahr 1986 auf Friedrich der Große eröffnet hatte, war bereits sehr stattlich, doch mit dem Erweiterungsbau, in den der US-Paketriese rund 72 Millionen Euro investiert hat, ist die Betriebsfläche um rund 13.000 Quadratmeter auf nun 25.000 gewachsen.

Teleskoptransportbänder ersparen Schritte und Zeit beim Be- und Entladen der Lkw

In der Sortierung von kleinen Paketen ist viel Handarbeit gefragt.
In der Sortierung von kleinen Paketen ist viel Handarbeit gefragt. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Betritt man als Laie die riesige Halle, drängt sich im ersten Moment der Vergleich mit einem undurchschaubaren Labyrinth auf. Je nach Standpunkt ist man oben und unten, vorne und hinten von Transportbändern umgeben, auf denen ohne Unterlass Pakete in allen möglichen Größen und Formen unterwegs sind. Doch selbstverständlich nicht ziellos ...

In der Anlage können pro Stunde 36.000 Pakete verarbeitet werden. Damit ist Herne eine der wichtigsten Drehscheiben im europäischen UPS-Netzwerk. Mit dem Erweiterungsbau ist die Zahl der Be- und Entladebuchten deutlich gewachsen. Und beim Be- und Entladen der Fahrzeuge ist eine der Neuerungen zu sehen. Es gibt bewegliche Transportbänder, die bis weit in den Laderaum des Lkw hinein ausgefahren werden.

Der Nutzen dieses Teleskop-Bandes liegt darin, dass sie den UPS-Mitarbeitern Wege erspart. Früher mussten sie von der Ladekante bis ans Ende des Laderaums laufen, je leerer der Lkw wurde. Das mochten zwar nur wenige Schritte gewesen sein, doch bei so vielen Pakten summieren sie sich - und damit auch die Zeit.

Fehlerquote bei der Paketverarbeitung liegt laut UPS im Promillebereich

Von den Lkw aus starten die Pakete Richtung Labyrinth. Da es so viele sind, regelt eine ausgefeilte Technik den „Verkehr“. In einem Reißverschlussverfahren werden sie von den kleinen auf ein großes Band eingefädelt, damit kein Stau entsteht und die Pakete einen Mindestabstand halten. Dies ist wichtig, damit die Informationen, die sie auf ihren Aufklebern haben, korrekt gelesen werden können. Jedes Paket hat so einen Aufkleber, der alle nötigen Informationen zu seiner Reise und seinem Zielort enthält. Bei ihrer Fahrt durch das Paketzentrum werden diese Aufkleber gescannt. Dank eines Spiegels können die Pakete auch von unten gescannt werden - denn die Pakete liegen nicht immer so, dass der Aufkleber oben ist.

Es gibt noch Platz für einen weitere Ausbau

Mit dem Erweiterungsbau hat UPS den Grad der Automatisierung deutlich erhöht, um die Fehlerquote zu senken. Seit der Eröffnung sei die Gesamtqualität gestiegen, die Fehlerquote liege nur im Promillebereich, so ein UPS-Sprecher. Das Labyrinth ist also bestens geordnet. Da könnte man auf den Gedanken kommen, dass immer weniger Menschen benötigt werden, doch das ist laut UPS nicht der Fall. Mit der Automatisierung steige auch die Kapazität - und um diese zu bewältigen, benötige man wieder mehr Mitarbeiter. Vor Inbetriebnahme hatte UPS angekündigt, 300 neue Arbeitsplätze zu schaffen, inzwischen habe man diese Zahl überschritten.

Die Erweiterung des Herner Standorts war für UPS - gerade mit Blick auf die Technik - eine Art Pilotprojekt, das als Vorbild für weitere Paketzentren des Konzerns diente. Wer weiß: Vielleicht ist Herne in Zukunft erneut Pilotprojekt. Der Grund: Es gibt noch Platz für einen weiteren Ausbau.