Herne. Hans Tilkowski ist tot. Hernes Fußball-Legende verstarb im Alter von 84 Jahren. Erinnerungen an einen Freund - ganz ohne das “Wembley-Tor“.

„Na, wat machen Deine Blauen?“ So begrüßte mich Hans Tilkowski immer, wenn wir uns sahen. Beim Herner Sport-Stammtisch, zu dem er sich regelmäßig mit fünf Freunden traf. Dass er mich dazuzählte, machte mich stolz. Jetzt werde ich diese Frage nie mehr beantworten können. Hans Tilkowski ist tot. Er verstarb am 5. Januar dort, wo er sich immer am wohlsten gefühlt hatte: im Kreis seiner Familie.

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Familie! Ein Begriff, den Hernes mit Abstand bekanntester Bürger oft und sehr gerne benutzte. Zum einen seine eigene Familie, an der Spitze Ehefrau Luise, mit der er seit über 60 Jahren verheiratet war. Und seine drei Kinder und Enkelkinder. Aber auch Jugend- und Schulfreunde gehörten dazu und die deutsche Fußballfamilie mit den Mannschaftskameraden von Borussia Dortmund, aus der Nationalelf oder Funktionäre wie Reinhard Rauball oder Hans-Joachim Watzke.

Empfang zu Ehren seines 75. Geburtstages

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Hans Tilkowski (l.) beim Besuch des damaligen DFB-Präsidenten Reinhard Grindel (Bildmitte) an der Hans-Tilkowski-Schule.
Von Tobias Bolsmann und Michael Muscheid

Hans Tilkowski war kein einfacher Mensch. Aber er war immer eins: ehrlich! Und trotz seiner immensen Bekanntheit nie überheblich. Knorrig, bodenständig, offen, immer bereit zum konstruktiven Dialog – diese Wesenszüge bescheinigen ihm nicht nur seine Freunde. Bis ihn eine schwere Krankheit daran hinderte, nahm er teil am Leben in Herne, seiner Stadt.

Hans Tilkowski (li) im September 2010 im Schloss Strünkede mit dem ehemaligen Nationalspieler Wolfgang Weber beim Empfang der Stadt Herne anlässlich des 75. Geburtstags von Tilkowski.
Hans Tilkowski (li) im September 2010 im Schloss Strünkede mit dem ehemaligen Nationalspieler Wolfgang Weber beim Empfang der Stadt Herne anlässlich des 75. Geburtstags von Tilkowski. © WAZ FotoPool | SCHILD, Thomas

Seiner Stadt? Lange wurde ihm ein schwieriges Verhältnis zu „seiner“ Stadt Herne und zu „seinem“ Verein SC Westfalia nachgesagt. Ein schwieriges Verhältnis? „Es war lange gar keins“, gab „Til“ zu. Aber die Beziehung zwischen der Stadt und ihrer Fußball-Legende hatte sich in den vergangenen Jahren gebessert. Hans Tilkowski freute sich, als ihm die Stadt Herne 2010 anlässlich seines 75. Geburtstages einen Empfang im Schloss Strünkede schenkte. „Zu Ehren des bedeutendsten Sportlers unserer Stadt“, sagte der damalige Oberbürgermeister Horst Schiereck.

Namensgeber der Hans-Tilkowski-Schule in Herne

Darauf war Hans Tilkowski stolz. Auch wenn er es nie zeigte. Stolz war er auch darüber, als die damalige Hauptschule an der Neustraße anfragte, ob er seinen Namen der Schule geben möchte. Er überlegte lange, sagte dann zu und seit 2008 gibt es die Hans-Tilkowski-Schule in unserer Stadt. „Es ist eine Besonderheit, dass Lebende zu solch einer Ehre kommen“, war sich nicht nur der ehemalige DFB-Chef Theo Zwanziger dieser Anerkennung bewusst. Und wie Hans Tilkowski nun einmal war, gab er der Schule nicht „nur“ seinen Namen, sondern schenkte ihr auch seine ganze Aufmerksamkeit. Er half, wo er helfen konnte: „Das Geben und Nehmen klappt hier hervorragend.“

Und sein Verein, die Westfalia? Immer wieder erzählte Til Anekdoten, wie er bis zuletzt auf diesen Verein angesprochen wurde. Nicht nur in Deutschland, auch im Ausland. Einem Verein, für den er acht Jahre zwischen den Pfosten stand, mit dem er eine Glanzzeit erlebte, die bis heute ausstrahlt. Mit dem er jedoch abgeschlossen hatte: „Aber nur mit dem Club, nicht mit den Kameraden aus der Meistermannschaft von 1958/59.“

Er war eine „ehrliche Haut“

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Überhaupt: Kameradschaft, Sportsgeist, Fair Play. Der Name Hans Tilkowski steht für diese Begriffe wie kaum ein anderer. Denn er verklärte sie nicht. „Heute ist einfach eine andere Zeit“, beendete er viele Diskussionen mit mir über die Macht, die Moneten und die Medienkraft des heutigen Fußballs. Überhaupt die Medien! „Ihr macht das Ruhrgebiet immer klein. Die im Süden der Republik sind da ganz anderes“, sagte er zu mir, damals noch Lokalredakteur in Herne. Das war seine Meinung, klar und unmissverständlich, die ich in vielen, vielen Gesprächen nie widerlegen konnte. Aber, und das spiegelt die Persönlichkeit Hans Tilkowski wider: Er akzeptierte meine andere Meinung.

Er war eben, wie wir im Ruhrgebiet sagen, eine „ehrliche Haut“. Hans Tilkowski stand oft im Mittelpunkt, dabei wollte er das gar nicht. Viel lieber dachte er an die, die es „nicht so gut im Leben haben wie ich“: Zu seinen runden Geburtstagen durfte keiner mit einem Geschenk kommen, stattdessen bat „Til“ seine Gäste um Spenden für soziale und karitative Zwecke. Nicht umsonst trug der Empfang zu seinem 80. Geburtstag (Tilkowski: „Ein Empfang, keine Gala!“) diese Überschrift: „… mit Herz und Hand!“

Dieses große Herz schlägt nun nicht mehr. Darüber bin ich sehr traurig. Mach` es gut, Hans! Und, ach ja: „Meine Blauen spielen zurzeit ganz gut!“

Dein Freund
Jochen