Herne. Das Herner Marien Hospital will die Laienreanimation fördern. Dazu hat die Kardiologie eine bislang bundesweit einmalige Studie begonnen.

Das Herner Marien Hospital will die Laienreanimation fördern. Dazu hat die Kardiologie/Angiologie eine in in dieser Form bislang bundesweit einmalige Studie begonnen: Sie hat an öffentlichen Herner Orten Bürger mit Hilfe einer lebensechten Puppe selbst eine Wiederbelebung versuchen lassen. Die Ergebnisse offenbaren, dass richtige Aufklärung sehr wichtig ist - dass sie aber auch wirkt.

Für Prof. Hans-Joachim Trappe, Direktor der Kardiologie, ist dies ein weiterer Schritt bei seinem Einsatz gegen den plötzlichen Herztod. Rund 30 Jahre beschäftige er sich mit dem Thema, schon kurz nachdem er 1996 ans Marien Hospital gekommen war, startete er ein Großprojekt mit dem Ziel, Herne flächendeckend mit Defibrillatoren auszustatten. Inzwischen richtet sich das Augenmerk stärker auf die Laienreanimation.

Mit dieser Puppe kann die Herzdruckmassage geübt werden.
Mit dieser Puppe kann die Herzdruckmassage geübt werden. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Studien haben gezeigt: Mund-zu-Mund-Beatmung ist medizinisch nicht notwendig

Was viele Menschen nicht wissen: Verschiedene Studien haben längst offenbart, dass eine Mund-zu-Mund-Beatmung medizinisch nicht notwendig ist, die gebotene Maßnahme ist die Herzdruckmassage. Trappe: „Entscheidend für die Überlebens-Chancen ist es, dass schnell mit einer Massage begonnen wird.“ In jeder Minute ohne Herzdruckmassage sinkt die Überlebensrate um zehn Prozent.

Doch die Erfahrung habe gezeigt, dass die Bereitschaft und das Wissen bei Laien für eine Herzdruckmassage - und die Benutzung eines Defis - nur eingeschränkt vorhanden sind. Die Menschen hätten Angst, etwas falsch zu machen. Zum Beispiel dem Menschen, dem sie helfen, bei einer Massage Rippen zu brechen. Auch Bedenken, juristisch belangt zu werden, spielten eine Rolle. Andere würden gerne helfen, wüssten aber nicht, wie. Im Frühjahr hatten fünf Gäste des Lago die Gelegenheit, eine Reanimation auszuprobieren. Trappe sagt in aller Offenheit: „Die Ergebnisse waren verheerend.“

90 Sekunden genügten, um das Reanimations-Wissen deutlich zu verbessern

So sei die Idee der Studie entstanden. In Deutschland reanimieren Laien nur in 40 Prozent der Fälle, in Skandinavien sind es 80 Prozent, weiß Assistenzarzt Dr. Michael Brand, der die Studie durchgeführt hat. Brand machte sich daran, den Ist-Zustand in Herne zu ermitteln. Dafür befragte er Menschen an unterschiedlichen öffentlichen Orten, was sie machen würden, wenn eine Person vor ihnen regungslos auf dem Boden liegen würde.

Piktogramme erklären, wie ein Defibrillator benutzt wird.
Piktogramme erklären, wie ein Defibrillator benutzt wird. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Das Ergebnis: Nur 22 Prozent der Menschen haben zunächst das Bewusstsein und die Atmung richtig geprüft. Positiv: 83,5 Prozent haben den Notruf gewählt und wichtige Daten wie den Ort richtig angegeben. Auf der anderen Seite haben aber nur 17 Prozent eine korrekte Herzdruckmassage durchgeführt. Und noch weniger - nämlich nur zehn Prozent - haben den zur Verfügung stehenden Defibrillator eingesetzt.

109 Menschen von 18 bis 80 Jahre

Insgesamt nahmen 109 Menschen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren an der Studie teil.

Diese kamen aus ganz unterschiedlichen Berufsgruppen: vom Ingenieur über Lehrer und Bankkauffrau bis zum Installateur oder Marketing-Spezialisten.

28 Prozent brachten den „Patienten“ in eine stabile Seitenlage, doch das ist nur bei Bewusstlosigkeit und kräftiger Atmung angezeigt. Nach der Aufklärung waren es nur noch 1,2 Prozent

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse haben die Mediziner die Probanden in nur eineinhalb Minuten aufgeklärt - mündlich und mit Hilfe von Plakaten. Die Verbesserungen waren auffällig: Nun prüften 81 Prozent Bewusstsein und Atmung, fast alle (97,4 Prozent) setzten den Notruf korrekt ab, und 79 Prozent führten eine richtige Herzdruckmassage durch. 66 Prozent setzten den Defi ein, 92 Prozent von ihnen benutzte das Gerät korrekt. Brand: Alle Teilnehmer waren dankbar für die Aufklärung und wünschen sich generell mehr Informationen.“

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