Herne. Doppelt so viel Platz und viel mehr Komfort erwartet Team und Bewohnerinnen des neuen Frauenhauses. Im August 2020 will die HGW es übergeben.

Der Rohbau steht, nun soll daraus in den nächsten acht Monate ein Zuhause für zehn Frauen und zehn Kinder werden: mit Wohnungen und Büros, Gemeinschaftsräumen und einem Garten. Das bekräftigten am Dienstag die Bauverantwortlichen der Herner Gesellschaft für Wohnungsbau (HGW), die in Wanne-Eickel für knapp zwei Millionen Euro ein neues Frauenhaus baut. „Das Haus ist im August 2020 bezugsfertig“, sagt Geschäftsführer Thomas Bruns. Es bietet doppelt so viel Platz und spürbar mehr Komfort als das aktuelle Frauenhaus, das 1981 bezogen wurde.

Zeitplan wird eingehalten

Ümmühan Dellemann, Hanife Ünlü, Hildegard Lichtner-Wiesinger, Maria Reinke, Beate Kaupen und Olga Kornev vom Frauenhaus (v.l.) beim Ortstermin im neuen Domizil.
Ümmühan Dellemann, Hanife Ünlü, Hildegard Lichtner-Wiesinger, Maria Reinke, Beate Kaupen und Olga Kornev vom Frauenhaus (v.l.) beim Ortstermin im neuen Domizil. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Bereits in der kommenden Woche beginne der Fenstereinbau, hieß es gestern am Rande einer Baubesprechung, an der auch Bauleiter Ole Kettler, Martin Schade (Projektsteuerung) und HGW-Architektin Tina Nazarinia teilnahmen. Auch der Innenausbau soll noch in diesem Jahr starten. Damit liege man gut im Zeitplan. Die HGW hatte im Spätsommer mit dem Neubau begonnen. Um die künftigen Bewohnerinnen zu schützen, wird die Adresse des Hauses nicht öffentlich genannt. https://www.waz.de/staedte/herne-wanne-eickel/neues-frauenhaus-in-herne-bekommt-einen-garten-id226793939.html

500 Quadratmeter werden auf drei Etagen dem vierköpfigen Team und den Bewohnerinnen zur Verfügung stehen. Anders als bisher leben die Frauen mit oder ohne Kind in eigenen Wohnungen mit Küche und Bad, im Obergeschoss ist ein Appartement barrierefrei.

Spenden für die Möblierung erbeten

Häusliche Gewalt in Zahlen

2018 gab es in Herne 296 Polizeieinsätze wegen häuslicher Gewalt. Die Zahl der angezeigten Fälle ist nahezu stabil. Was darüber hinaus nicht angezeigt wird, ist nicht zu erfassen.

In 135 Fällen wurden „Wegweisungen“ ausgesprochen, d.h. der Gewalttäter darf sich der Wohnung nicht mehr nähern.

46 Frauen und 39 Kinder wurden 2018 im Herner Frauenhaus aufgenommen, etwa drei von vier hatten einen Migrationshintergrund. 2019 suchten bisher 43 Frauen und 59 Kinder Schutz im Frauenhaus.

Spendenkonto Herner Frauenhaus: Herner Sparkasse, IBAN DE70 4325 0030 0045 0097 84, BIC WLADED1HRN

Kontakt: WAN 49875 und www.frauenhaus-herne.de

Bei aller Freude über das neue Domizil ist der Umzug für das Frauenhaus aber auch eine große Herausforderung: „Wir müssen jetzt sehr großflächig um Spenden werben“, erklärt Beate Kaupen vom Frauenhaus-Team. „Für die Möblierung brauchen wir etwa 150.000 Euro.“ Denn für die Einrichtung der Wohnungen und die Ausstattung von acht Küchen, für Lampen und Gardinen gibt es keinen Etat. Förderanträge bei der Deutschen Fernsehlotterie und der Aktion Mensch laufen, daneben hofft das Frauenhaus auf die Spendenbereitschaft der Hernerinnen und Herner.

Bisher fanden bis zu acht Frauen mit sieben Kindern in Herne Schutz vor Gewalt. Dass das Frauenhaus jetzt zwei Plätze mehr schafft, erklärt Beate Kaupen mit der wachsenden Nachfrage. „Der Druck ist in den letzten fünf Jahren extrem geworden“, sagt sie. Habe man früher zwischen den Vollbelegungen auch mal „Luft“ gehabt, „gibt es hier im Ruhrgebiet heute fast nie einen freien Platz“. Sei doch mal ein Platz annonciert, laufe das Telefon heiß. Bekannt sei: „Wir brauchen dreimal so viele Frauenhausplätze, wie wir bundesweit haben.“

Landesregierung setzt Anreize

https://www.waz.de/politik/landespolitik/frauenhaeuser-weisen-aus-platzmangel-mehr-gewaltopfer-ab-id214636121.html7000 Euro pro Frau und Jahr lässt sich deshalb das Land NRW die Einrichtung zusätzlicher Plätze kosten - ein Anreiz, so das Herner Team, aber weit entfernt von einer realistischen Finanzierung. Beate Kaupen: „Mit 14.000 Euro für zwei zusätzliche Plätze kann man nicht einmal eine halbe Stelle einrichten.“ Und das, wo die Frauenhäuser ohnehin personell unterfinanziert seien: Mit pauschal 129.000 Euro im Jahr seien gerade 60 Prozent der Personalkosten gedeckt.