Essen. . 2017 haben die Frauenhäuser 20 Prozent mehr Hilfsgesuche ablehnen müssen als im Vorjahr. Das Land kündigt neue Hilfen an – und sorgt für Unruhe

Beim Frauenhaus in Gelsenkirchen winken sie gleich ab. Für ein Gespräch sei überhaupt keine Zeit, das Frauenhaus sei voll belegt, es gebe zu viel zu tun. „Wir haben gerade einfach keine Kapazitäten“, sagt die freundliche, aber bestimmte Sozialarbeiterin. Ein Satz, der nicht nur für das Frauenhaus Gelsenkirchen als eine der rund 70 nordrhein-westfälischen Anlaufstellen für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder gilt: Überall im Land haben die Frauenhäuser akute Platznot; immer häufiger weisen sie Schutzsuchende ab, weil alle Zimmer voll belegt sind.

Landesgeförderte Häuser wiesen 7358 Anfragen ab

Auf Anfrage der SPD-Fraktion hat das Gleichstellungsministerium diese Entwicklung für einen Teil der Hilfsstätten aufgeschlüsselt: Die 62 Frauenhäuser, die Schwarz-Gelb mit jährlich 9,5 Millionen Euro fördert, haben im vergangenen Jahr über 7358 Hilfsgesuche abgelehnt. Hinter dieser Zahl dürften zwar weniger Frauen stehen, weil abgewiesene Schutzsuchende erfahrungsgemäß bei weiteren Frauenhäusern um Aufnahme bitten. Der Trend ist aber eindeutig: 2016 zählten die Häuser 5888 Ablehnungen, ein Jahr zuvor 4698.

Um die Not der Hilfseinrichtungen abzumildern, will das Land die Anzahl der landesgeförderten Plätze von derzeit 571 um weitere 50 erweitern. Im Haushalt 2018 ist dazu eine halbe Million Euro vorgesehen. Derzeit ist das Gleichstellungsministerium nach eigenen Angaben mit den Trägervereinen und Vertretern der Städte im Gespräch, wie der Platzaufbau sichergestellt und ambulante Hilfen eingebunden werden können.

Frauenhäuser sind auf Spender angewiesen

Für große Unruhe sorgt in diesem Zusammenhang, wie das Land die Fördergelder verteilt. Im Raum steht laut WDR, dass sich die Häuser verpflichten sollen, den Anteil längerer Aufenthalte von Gewaltopfern zu reduzieren. Ein Vorstoß, dem aus Sicht der Betroffenen kaum nachzukommen ist. „Für die Frauen ist es wichtig, dass sie bei uns den Druck eines schnellen Auszugs eben nicht haben“, sagt Karin Bartl vom Frauenhaus Duisburg. Viele Bewohnerinnen hätten über lange Jahre Gewalterfahrung gemacht. „Unser Ziel muss sein, die Frauen zu stabilisieren. Dafür können wir uns keinen kategorischen Zeitrahmen geben.“ Ihr Haus hofft auf einen Teil der angekündigten Landeshilfen, um einen in der Not bereits geschaffenen neuen Platz zu finanzieren. Bisher finanzieren ihn Spender.

Tatsächlich rührt der Platzmangel auch daher, dass die Schutzhäuser einem Gewaltopfer immer länger Obdach bieten. Das Dortmunder Haus etwa hat 2017 bei 15 Plätzen nur 53 Frauen mit Kindern aufgenommen. Mitarbeiterin Eva Grupe führt das auch auf äußere Gründe zurück. „Auch wenn die Frauen stabilisiert sind, eine bezahlbare Wohnung ist kaum mehr zu finden.“ Zusätzliche Probleme gebe es, wenn Frauen keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben.

Gespräche mit den Städten stehen noch bevor

Das Ministerium äußerte sich mit Verweis auf laufende Verhandlungen nicht zu der vermeintlichen Vorgabe eines schnellen Auszuges. Ein Sprecher verweist in einem ausführlichen Statement auf „konstruktive“ Gespräche mit den Trägern, in denen auch die Verweildauer Thema gewesen sei. Treffen mit Vertretern der Städte, die die Häuser freiwillig und zusätzlich zu vielen Spendern unterstützen, stünden aus.