Herne. Der Herner Rat hat grünes Licht für den Haushalt 2020 gegeben. Gute Nachricht: Steuern sollen nicht erhöht werden. Es gibt aber „Sprengstoff“.
Der Rat der Stadt Herne hat am Dienstag mit breiter Mehrheit den Haushalt für das kommende Jahr beschlossen. Die gute Nachricht: Steuererhöhungen soll es nicht geben. Aber: Die finanzielle Lage ist alles andere als rosig.
Der städtische Finanzchef Hans Werner Klee hatte den Ratsvertretern einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf vorgelegt, zuletzt wurde das Papier in den politischen Gremien diskutiert, nun stimmte der Rat darüber ab. Wichtigste Botschaft. Neue Schulden will die Stadt nicht machen, dafür einen kleinen Gewinn. Der Finanzplan, bekannte der Kämmerer, sei aber einmal mehr auf Kante genäht; Herne komme so gerade über die Runden. „Neuer Sprengstoff für den Herner Haushalt“, so hieß es in seinem Haushaltsentwurf, gemeint waren unter anderem eine schwächelnde Konjunktur und eine Steigerung der Sozialaufwendungen. Beides könne die Bilanz schnell trüben – Gegenmaßnahmen wären erforderlich.
SPD-Fraktionschef: Bund und Land sind an Misere schuld
Haushaltsreden werden auch in Herne gerne als Generaldebatten genutzt – um Bilanz zu ziehen, um die eigene Arbeit zu loben und die der anderen zu kritisieren. Das war am Dienstag nicht anders. SPD-Fraktionschef Udo Sobieski kritisierte in seiner Haushaltsrede die schwarz-rote Bundesregierung, vor allem aber auch die schwarz-gelbe Landesregierung scharf und machte sie für die „finanzielle Misere“ verantwortlich.
Konkret: Die Bundesregierung kürze die Integrationsmittel, das Land reiche die gekürzten Mittel nicht weiter. Außerdem überweise der Bund die Kosten für die Unterkunft für Flüchtlinge nicht in voller Höhe an die Kommunen, sondern wähle einen Umweg über die Umsatzsteuer; deshalb lande auch dieses Geld in Düsseldorf. Nicht zuletzt bleibe Herne ab dem vierten Monat ihrer Ankunft auf den Kosten für geduldete Flüchtlinge sitzen. Summa summarum klaffe deshalb ein Loch von über zehn Millionen Euro im Haushalt 2020, rechnete Sobieski vor.
Herne bescheinigt der SPD-Fraktionsvorsitzende dagegen eine sehr gut Arbeit. „Von Woche zu Woche gelingen uns neue Firmenansiedlungen, die Gewerbeflächen in unserer Stadt sind ausgebucht“, lobte er, die Arbeitslosigkeit sinke, die Zahl der Ausbildungsplätze steige. „Wir sind hier in Herne auf einem sehr, sehr guten Weg“, betonte er. Und: „Unsere Stadt ist attraktiv für Investoren.“ Grund dafür sei gerade auch die Koalition aus SPD und CDU im Rat. Die Kooperation habe „Hervorragendes“ geleistet. Leider werde die Stadt von Bund und Land „im Regen stehen gelassen“.
CDU-Fraktionschefin: Dank an CDU-geführte Landesregierung
Die Sicht auf Bund und Land fiel bei der CDU naturgemäß deutlich kleiner aus. CDU-Fraktionschefin Bettina Szelag dankte der CDU-geführten Landesregierung sogar für mehr Mittel aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz und durch die LWL-Umlage, die nach Herne flössen. Dass es noch immer keine Lösung für Hernes Altschulden gibt – die Stadt ist mit über einer Milliarde Euro in den Miesen – lastet sie Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) an. Bei dem SPD-Politiker „scheint plötzlich eine andere Prioritätensetzung vorhanden zu sein“, kritisierte sie – und listete mehrere Pläne des Ministers auf, etwa Kassenbons beim Brötchenverkauf und Verlust des Steuerbonus’ für reine Männervereine.
Natur und Wald lägen Rot-Schwarz im Rat „sehr am Herzen“, stellte Bettina Szelag klar – offenbar angesichts der Baumfällungen der vergangenen Monate; die Kooperation nehme das Thema „sehr ernst“. Kritik äußerte sie auch an den Plänen der Stadt, Teilstücke der Sodinger Straße zurückzubauen: „Da fehlt der Verwaltung wohl der Überblick und mir jedes Verständnis.“ Auch das Tempo der Digitalisierung im Herner Rathaus sei zu langsam („Slow motion“).
Grüne lehnen Haushalt ab
Und was sagen die Grünen, die größte Oppositionspartei im Rat? Während SPD und CDU dem Haushalt zustimmten, lehnten die Grünen ihn ab. Der Haushalt sei „eigentlich nicht gesetzeskonform“, weil die Gewinne zu gering seien, um das seit Jahren negative Eigenkapital abzubauen, sagte die stellvertretende Fraktionschefin; sie vertrat den erkrankten Grünen-Fraktionschef Thomas Reinke.
Auch sie wich schnell vom Zahlenwerk ab und nutzte ihre Haushaltsrede, um Lob und vor allem Kritik an der Stadt zu verteilen. Die Kritik, wenig überraschend, überwog: Es gebe viel zu wenig Ersatz für gefällte Bäume, beklagte sie, ebenso fehle es an einer Entwicklung von Grünflächen. Grund: „Das kommunale Grundstück, das bebaut wird, bringt Geld, das bepflanzte Grundstück kostet Geld.“ Auch der Ausbau des ÖPNV lasse zu wünschen übrig. Lob gab es dagegen für den geplanten Umbau der Sodinger Straße. Die Aussagen der Stadt, freute sich Tina Jelveh, zeigten, dass „hier ein echter Wille herrscht, die angestammten Wege der Verkehrs- und Stadtplanung wirklich zu verlassen“.
Für den Haushalt stimmten SPD, CDU und FDP, nein sagten Grüne, Linke, Piraten/Alternative Liste und AfDhier gibt es mehr artikel aus herne und wanne-eickel
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