Herne.

Diese Nachricht sorgte vor wenigen Tagen für Aufsehen: Die Menge an Verpackungsmüll in Deutschland ist 2017 auf ein Rekordhoch gestiegen. Laut Umweltbundesamt fielen 18,7 Millionen Tonnen an - rein rechnerisch 226,5 Kilogramm pro Person. Doch es gibt kleine Ansätze und Möglichkeiten, diese Menge zu senken. Auch in Herne.

Lothar Albrecht hat einen Selbstversuch gestartet. Er versucht plastikfrei an den Frischetheken in Supermärkten einzukaufen. Eine Dokumentation über den Plastikmüll in den Weltmeeren sei für den Wanne-Eickeler der Anstoß gewesen: „Meine Bekannten meinten, da kann man als einzelner nichts machen. Das hat mich so geärgert, dass ich den Selbstversuch gestartet habe.“ Bei Kaufland und Rewe Mokanski stieß er auf offene Ohren. „Bei Kaufland reichen die Verkäuferinnen mir Wurst, Fleisch oder Käse über die Theke in meine Box.“ Aus hygienischen Gründen dürfe die mitgebrachte Frischebox nicht mit der Arbeitsfläche in Kontakt kommen, erklärt eine Sprecherin von Kaufland. Kaufland beteilige sich an der Strategie „Reset Plastic“, um ganzheitlich Plastik zu reduzieren.

Eigene Dosen sparen Knotenplastikbeutel

Wichtig beim Einkauf mit der eigenen Dose: Sie darf nicht mit der Arbeitsfläche in Berührung kommen.
Wichtig beim Einkauf mit der eigenen Dose: Sie darf nicht mit der Arbeitsfläche in Berührung kommen. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Bei Rewe Mokanski verwenden die Mitarbeiter Tabletts. Der Vorgang ist einfach: Das Tablett wird auf die Theke gestellt, Lothar Albrecht stellt seine Box darauf, diese wird befüllt und wieder auf dem Tablett rübergereicht. Den Preiszettel klebt er oben drauf. „Es dauert ein bisschen länger, weil die Tabletts desinfiziert und gewaschen werden müssen“, sagt Fleischereifachverkäuferin Anna Staszewski. „Aber es ist für einen guten Zweck.“ Dabei werde einiges an Verpackungsmüll eingespart, vor allem an Knotenbeuteln.

„Meine Intention ist zu zeigen, dass man auch im kleinen Rahmen etwas ökologisch Sinnvolles tun kann“, sagt Albrecht. Der 64-Jährige erntet öfter überraschte Blicke von anderen Kunden, wenn er derartig an der Frischetheke einkauft. „Vermutlich werde ich irgendwann mal angemeckert, wenn es voller ist.“ Aber das sei ihm egal: „Es dauert nicht wesentlich länger, und ich möchte ein Bewusstsein schaffen.“ Er wundert sich, dass an den Theken bislang nicht darauf hingewiesen wird, dass man eigene Boxen mitbringen darf.

Mario Mokanski: Akzeptanz ist noch nicht bei allen Kunden vorhanden

Dies liege daran, dass im Markt noch die Testphase laufe, erklärt Bezirksleiter Mario Mokanski. Aktuell werde ein Leitfaden erarbeitet. Wenn dieser fertig ist, sollen Schilder auf die Möglichkeit hinweisen. „Verpackungsmüll ist bei uns auf allen Ebenen ein Thema“, sagt Mokanski. Wo immer möglich, soll darauf verzichtet werden. „Auf manches haben wir aber keinen Einfluss, weil wir die Ware nur abnehmen und wenn die eingeschweißt ist, können wir das leider nicht ändern.“ Aktuell nutzen zwischen fünf und 15 Kunden pro Tag die Möglichkeit, ihre eigenen Boxen mitzubringen. Die Akzeptanz sei noch nicht bei allen vorhanden. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, sagt Lothar Albrecht verständnisvoll. „Aber hier braucht es nur eine kleine Änderung, ohne viel Aufwand.“

Die Vermeidung von Plastikmüll ist mittlerweile in vielen Supermärkten ein Thema. Umso mehr wundert es Lothar Albrecht, dass er im Real-Markt in Herne noch nicht mit seinen mitgebrachten Frischeboxen einkaufen konnte. „Man sagte mir, dass sei in Bearbeitung und dass das Gesundheitsamt sich quer stellen würde.“ Eine Nachfrage bei der Stadt Herne brachte jedoch hervor, dass das Gesundheitsamt gar nicht zuständig ist, sondern die Lebensmittelkontrolle. Diese ist im Kreis Recklinghausen angesiedelt. „Der Lebensmittelhändler muss ein Konzept haben, welches er mit der Lebensmittelkontrolle abklärt“, erklärt Jochem Manz, Sprecher des Kreises Recklinghausen. Es gehe vor allem darum, dass die Frischebox nicht mit der Arbeitsfläche in Berührung kommt. „Sobald es hierfür eine Lösung gibt, steht dem Ganzen nichts im Weg.“

Auch Real erarbeitet ein Mehrwegkonzept

Der Pressestelle von Real zufolge gibt es bereits ein Mehrwegkonzept unter dem Namen „Frische unverpackt.“ „Dazu gehört die Möglichkeit eines Einkaufs an den Bedientheken für Käse, Wurst und Fleisch mit selbst mitgebrachten Mehrwegbehältern“, heißt es. Der Kunde stellt seine Box auf ein spezielles Tablett und der Mitarbeiter überprüfe zunächst, ob diese sauber sei. „Ist das Gefäß sauber, nimmt der Mitarbeiter das Tablett über die Theke, tariert das Gewicht von Tablett und Mehrweggefäß auf der Waage aus und legt die Bestellung hinein. Danach reicht er es dem Kunden auf dem Tablett über die Theke zurück. Somit kommt es zu keinem Zeitpunkt mit der Theke in Berührung und die Hygiene kann weiterhin garantiert werden.“