Herne. . Der Rewe-Markt an der Dorstener Straße ist mit elektronischen Preisschildern ausgestattet. Die WAZ hat gefragt, was sie können – und was nicht.

  • Tägliche Preisänderungen wie bei Tankstellen sind im Lebensmittelhandel nicht möglich
  • Kunden würden bei Erhöhungen dem Markt dauerhaft den Rücken kehren
  • Die digitalen Etiketten sind für die Mitarbeiter eine spürbare Arbeitserleichterung

Im Rewe-Markt an der Dorstener Straße in Wanne-Süd, der im vergangenen Jahr eröffnet hat, ist ein Stück Zukunft des Einkaufens zu beobachten: An den Regalen des Lebensmittelgeschäfts haben Papieretiketten weitgehend ausgedient, stattdessen zeigen digitale Schilder die Artikelpreise an. Das Besondere: Die Preise lassen sich ferngesteuert in Sekundenschnelle verändern. Die WAZ hat nachgefragt, welche Konsequenzen diese technischen Möglichkeiten mit sich bringen.

Preisänderung in Sekundenschnelle? Da denken Autofahrer sofort an die Tankstelle, dort ändern sich die Preise manchmal mehrfach am Tag. Theoretisch ließe sich dieses Modell auf den Lebensmitteleinzelhandel übertragen. Morgens werden Frühstückszutaten wie Butter oder abgepacktes Brot, Käse und Wurst teurer. Am Fußball-Länderspiel-Abenden könnten die Preise für Bier oder Chips steigen.

Auch Marktleiter Mario Mokanski ist in den ersten Monaten nach der Eröffnung von zahlreichen Kunden auf die digitalen Schilder angesprochen worden. Etwa 100 000 Euro hat das Unternehmen in die moderne Technik investiert, allerdings nicht mit dem Hintergedanken, auf diese Weise mehr Umsatz zu erzielen.

Preisänderungen während des Einkaufs sind rechtlich problematisch

Einerseits gebe die Rewe-Dortmund den allergrößten Teil der Preise vor. Zwar könne er sie selbst ändern, so Mokanski, doch dies mache wegen des ungeheuren Konkurrenzdrucks im Lebensmitteleinzelhandel keinen Sinn. Damit meint Mokanski nicht nur den harten Wettbewerb mit den anderen Branchengrößen - eine Discounterfiliale liegt nur wenige hundert Meter entfernt -, sondern auch das Ringen mit anderen Rewe-Märkten. „Wenn wir einmal den Preis ändern, bleibt der Kunde weg“, so Mokanski.

„Wenn wir einmal den Preis ändern, bleibt der Kunde weg“, sagt Marktleiter Mario Mokanski.
„Wenn wir einmal den Preis ändern, bleibt der Kunde weg“, sagt Marktleiter Mario Mokanski. © Jürgen Theobald

Darüber hinaus gibt es ein anderes Problem: Ein Kunde legt eine Ware, die mit 1,29 Euro ausgezeichnet ist, in den Einkaufswagen, doch wenn er sie auf das Kassenband legt, ist sie plötzlich zehn Cent teurer geworden. „Das kann man keinem Kunden erklären“, so Mokanski. Darüber hinaus dürften solche Preisänderungen rechtlich problematisch sein.

Julia Hoff, Sprecherin der Rewe-Dortmund, unterstreicht Mokanskis Sicht. „Tageszeitabhängige Rabattaktionen“ oder „tankstellenähnliche Preisänderungen“ gehörten ins Reich der Phantasie. Kunden würden als Reaktion Märkten, die so etwas durchführen, dauerhaft den Rücken kehren.

Das Etikettieren von Hand entfällt – und damit eine Fehlerquelle

Stellt sich die Frage, warum die elektronischen Etiketten eingeführt worden sind. Mokanski nennt als einen Grund die Arbeitserleichterung rund um Sonderangebote. Pro Woche seien im Markt an der Dorstener Straße bis zu 500 Artikel in verschiedenen Angebotsaktionen. In der Vergangenheit sei es äußerst aufwendig gewesen, die Etiketten von Hand auszutauschen. „Da waren teilweise fünf Mitarbeiter mehrere Stunden beschäftigt“, so Mokanski. Diese Zeit könne nun besser genutzt werden, weil die Änderung automatisch erfolge. Außerdem würde so die - menschliche - Fehlerquelle minimiert und Kundenreklamationen verhindert.

>> KEINE ELEKTRONIK AN FRISCHETHEKEN UND IM TIEFKÜHLBEREICH

Etwa 20 000 einzelne Artikel umfasse das Sortiment bei Rewe an der Dorstener Straße, so Mario Mokanski. Allerdings werde mit den digitalen Preisschildern nicht alles abgedeckt. Ausnahmen bilden unter anderem die Frischetheken, an denen die Produkte abgewogen werden, sowie der Tiefkühlbereich. Dort seien die digitale Technik auf Grund der Temperaturen nicht einsetzbar.