Herne. Die VHS bietet erstmals einen Letzte-Hilfe-Kurs. Angehörige lernen, wie man Sterbenskranken die letzte Zeit erleichtert. Die WAZ war dabei.

Wie man Menschen im Notfall das Leben rettet, lernt man im Erste-Hilfe-Kurs. Was ist jedoch mit Menschen, deren Leben wir nicht mehr retten können? Im „Letzte-Hilfe-Kurs“, der erstmalig in der Volkshochschule angeboten wird, vermitteln Karin Blome und Barbara Herzog, wie man sterbenskranken Menschen die letzte Zeit erleichtern und verschönern kann.

Die acht Kursteilnehmer sind aus unterschiedlichen Beweggründen gekommen. Einige arbeiten selber in der Pflege, andere haben Angehörige, die eine negative Diagnose bekommen haben. Groß ist bei allen die Sorge, etwas falsch zu machen, sich nicht richtig auszudrücken. Wie viele Chemos soll man noch machen? Verlängere ich mit einer Behandlung das Leiden nur unnötig? Diesen und anderen Fragen gehen Karin Blome und Barbara Herzog nach. „Jeder Sterbeverlauf ist anders“, betont Karin Blome, Koordinatorin im Palliativärztlichen Konsilliardienst (PKD).

Die meisten Menschen würden lieber zu Hause sterben

„Früher war es natürlicher, dass die Menschen bis zum Schluss im Kreise der Familie sind.“ Um gesellschaftliche Veränderungen aufzufangen, brauche es sorgende Communitys. Ethisch und moralisch gesehen gebe es keinen Unterschied zwischen erster und letzter Hilfe. Am Lebensende gehe es um den Erhalt von Lebensqualität und die Linderung von Leid.

Barbara Herzog ist eine der beiden Kurs-Leiterinnen.
Barbara Herzog ist eine der beiden Kurs-Leiterinnen. © Hanusch

Karin Blome erklärt, wie der Sterbeprozess beginnt: „Das Interesse an vielen Dingen nimmt ab.“ Beispiele seien Essen und Trinken, Nähe, Mitmenschen und Umwelt. Hinzu kommen extreme Schwäche sowie Veränderungen der Bewusstseinslage. „Wichtig ist, den Menschen immer ganzheitlich zu sehen.“ So können Schmerzen auch soziale, psychische oder spirituelle Ursachen haben. „Man sollte darüber sprechen, was den Menschen bedrückt, was er sich noch wünscht.“ Häufig sei dies ein Gespräch, um Disharmonien in der Familie auszuräumen. Ehrenamtliche können hier eine neutrale Vermittlungsbasis sein.

Palliativversorgung sollte bereits bei Diagnose auf den Weg gebracht werden

Angehörige hadern häufig mit der Ambivalenz, den geliebten Menschen festzuhalten oder loszulassen. Unterstützung und Hilfe bieten hier die Palliativdienste. „Den Kontakt zum Palliativarzt stellt der Hausarzt her“, erklärt Blome. Die Palliativversorgung sollte bereits bei der Diagnose auf den Weg gebracht werden, um Ängste zu nehmen und Unterstützung in allen Phasen zu erhalten. Wie Angehörige hier aktiv werden können und welche Angebote es gibt, erklären Karin Blome und Barbara Herzog einfach und übersichtlich.

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Die Kursleiterin raten dazu, für den Ernstfall eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu haben.
Die Kursleiterin raten dazu, für den Ernstfall eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu haben. © picture alliance / dpa-tmn | Franziska Gabbert

Es ist wichtig, dass ich mir klar werde, was ich will, und welche Hilfsangebote ich in Anspruch nehmen möchte“, betont Physiotherapeutin Barbara Herzog. „Denn nur, wenn ich Freunden und Familie mitteile, was ich mir im Ernstfall wünsche, können sie es auch umsetzen. Selbst wenn ich mich selber nicht mehr mitteilen kann. Es gibt immer noch zu wenig Menschen in Deutschland, die eine Vorsorgevollmacht oder eine Patientenverfügung haben.“ Dabei seien beide entscheidend, um den letzten Willen durchsetzen zu können.

Auftrag für die letzte Zeit: Für den anderen da sein

Für die letzte Zeit laute der Auftrag an die Angehörigen, für den anderen da zu sein. „Wir alle teilen eine große Unsicherheit, was das Thema Sterben betrifft“, erklärt Karin Blome. Man dürfe den Angehörigen offen sagen, dass man auch nicht immer weiter weiß. „Es gibt nicht auf alle Fragen eine Antwort.“ Trotzdem könne jeder helfen, wenn typische Beschwerden und Symptome auftreten. Denn nicht immer sind dazu Medikamente von Nöten.

Ratgeber und Kurse

Der Ratgeber „Die letzten Wochen und Tage“ gibt einen guten Überblick über das Thema. Er wurde von der Diakonie entwickelt, ist aber auch beim Palliativ-Netzwerk erhältlich.

Die nächsten Letzte-Hilfe-Kurse sind am 5. Dezember von 17 bis 20.30 Uhr beim Ambulanten Hospizdienst Herne. Anmeldung unter 02323-988 290 und am 15. Januar, von 17 bis 20.30 Uhr, bei der VHS. Anmeldung unter 02323-162920.

So sei die „Fatigue“, eine allumfassende Erschöpfung typisch. Hier können frische Luft und falls möglich Bewegung helfen. „Juckreiz ist ein Symptom, das auftritt, wenn die Leber nicht mehr richtig arbeitet.“ Hier kann Musik hilfreich sein, auch Aromaöle können Linderung bringen. „Wie reagiert man auf Hoffnungslosigkeit“, fragt eine Teilnehmerin. Vor allem mit „Da sein“, Zuhören, nach Wünschen fragen. „Seien Sie authentisch“, raten die Expertinnen. „Sie dürfen sagen, dass Sie sich Sorgen machen und auch mal in Tränen ausbrechen.“

Neben zahlreichen praktischen Tipps und Hilfestellungen wird den Kursteilnehmern eine große Sorge genommen, die viele teilen: „Man lässt niemanden verhungern oder verdursten“, stellt Barbara Herzog klar. Dies sei ein großer Irrglaube. Für den Sterbeprozess sei es wichtig, keine Flüssigkeit mehr zuzuführen, damit der Körper Endorphine ausschütten kann. „Durch Flüssigkeitsgabe wird dies verhindert und der Betroffene leidet länger.“ Entscheidend für das Durstgefühl sei das Mundgefühl. Hier könne man einfach mit Mundpflegestäben oder Sprühflaschen für ein angenehmes Gefühl sorgen.