Herne. „Besorgte Bürger“ sind Dienstag erneut durch Herne gelaufen. Bei Protesten gegen die Gruppe kamen bei zwei Veranstaltungen 470 Menschen zusammen.
Zum vierten Mal sind am Dienstag „besorgte Bürger“ durch Herne gelaufen. Sie trafen auf zwei Gegenveranstaltungen, einem Straßenfest auf dem Robert-Brauner-Platz und einem Open-Air-Gottesdienst an der Kreuzkirche.
Erst am Nachmittag sickerte durch, wo sich die selbsternannten „besorgten Bürger“ treffen und wo sie laufen wollen. Nach eigenen Angaben sind sie mit der Entwicklung im Land nicht einverstanden, unter anderem lehnen sie die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung strikt ab. Sie zogen am Abend, begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot, vom Netto-Parkplatz an der Von-der-Heydt-Straße über die untere Bahnhof-, Esch- und Roonstraße, Zwischenstation und Endpunkt war der Herner Bahnhof.
Steeler Jungs und Hooligans liefen mit
Unter den laut Polizei 135 Teilnehmern waren nach Angaben der Polizei auch Mitglieder der Essener „Steeler Jungs“, außerdem einige Hooligans aus Essen und Bottrop. Viele „besorgte Bürger“ waren mit schwarzen T-Shirts bekleidet, Aufschriften waren zum Beispiel „Die Deutschen kommen“, „Wir mögen niemanden“ oder „HKNKRZ“. Der so genannte Spaziergang verlief ohne besondere Vorkommnisse. Auf der Bahnhofstraße kamen sich „besorgte Bürger“ und Gegen-Demonstranten, getrennt von einer Polizeikette, kurz nahe. „Nazis raus“ riefen die einen, die anderen winkten hämisch lachend zurück.
Nach gut 45 Minuten war der angemeldete Rundgang durch Herne-Mitte und Baukau zu Ende, die „besorgten Bürger“ versammelten sich zum abschließenden Gruppenfoto im Busbahnhof, skandierten lautstark „Herne, Steele und sonst nix“ und lösten sich auf. Laut Polizei waren im Gegensatz zur vergangenen Woche diesmal offenbar keine Neonazis aus der Dortmunder Szene dabei.
300 Bürger auf dem Robert-Brauner-Platz
Auf dem Robert-Brauner-Platz versammelten sich trotz der hohen Temperaturen laut Polizei um die 300 Bürger zu einer Protestaktion. Einige der Teilnehmer machten es sich auf mitgebrachten Decken und Campingstühlen gemütlich. Kerstin und Felicia Gersth etwa hatten sich etwas Besonderes einfallen lassen: Sie verteilten gemeinsam „Drücker, Muffins und Regenbogen für Lau.“
Einige der Gegendemonstranten hatten selbstgemachte Schilder dabei. Mit-Organisator Daniel Kleibömer trug ein Plakat mir der Aufschrift „Bevor ihr die besorgten Bürger sein wollt, versucht erstmal Mensch zu sein.“ Ein anderer Teilnehmer hängte sich ein Schild mit dem Spruch „Ich bin besorgt über die besorgten Bürger“ um den Hals. Eine Band machte Musik, und es wurden Texte gelesen. „Darunter war zum Beispiel ein Gedicht von Bertolt Brecht und wir haben Facebook-Kommentare vorgelesen“, berichtet eine Sprecherin des Herner Bündnisses.
Ökumenischer Open-Air-Gottesdienst an der Kreuzkirche
Zeitgleich läuteten die Kirchenglocken der Kreuzkirche. Auf dem Europaplatz, wo sich die „Besorgten Bürger“ in der vergangenen Woche versammelten, fand ein ökumenischer Open-Air-Gottesdienst statt. Laut Polizei nahmen 170 Menschen daran teil. „Wir wollen ein Zeichen für die Nächstenliebe setzen, weil jeder Mensch ein Zeichen Gottes ist. Wir wollen ein Zeichen setzen für die Vielfalt in der Stadt“, predigte Pfarrerin Melanie Jansen. Gemeinsam sagen die Teilnehmer Friedenslieder.
„Wir bieten den Nazis keinen Platz auf dem Europaplatz. Das ist ein großer Erfolg“, sagte Pfarrer Kornelius Heerig. Die Teilnehmer klatschen laut Beifall. Pfarrer Georg Birwer trug eine Stola in Regenbogenfarben, um ein Zeichen für die Vielfalt
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zu setzen.
In der nächsten Woche soll erneut ein Gottesdienst vor der Kreuzkirche stattfinden. „Wir machen das so lange, bis keine besorgten Bürger mehr durch die Stadt laufen“, sagte Melanie Jansen. Auch das „Bündnis Herne“ möchte in der nächsten Woche erneut ein Treffen veranstalten. „Wir wissen aber noch nicht, was wir dann machen“, sagte eine Sprecherin.