Wanne-Eickel/ Herne. . Seit Jahren hat sich die Realschule Crange in Herne dem Motto „Bildung kreativ erleben“ verschrieben. Die Schule wird dafür vom Land gefördert.

Das jahrelang konsequent verfolgte Motto „Bildung kreativ erleben“ hat für die Realschule Crange Früchte getragen: Sie ist als eine der landesweit insgesamt 35 Talentschulen auserkoren worden. „Wir sind schon ganz schön stolz darauf,“ sagt Schulleiter Reiner Jorczik. Mit dem über sechs Jahre laufenden Projekt werden Schulen in einem schwierigen sozialen Umfeld gefördert. Sie sollen unter anderem mehr Stellen und eine bessere Ausstattung bekommen. Insgesamt hatten sich in NRW 149 Schulen als Talentschule beworben; aus Herne neben der Realschule Crange noch drei weitere.

Kreativität, Teamgeist und Verantwortung

Reiner Jorczik sieht den Zuschlag als Ergebnis des jahrelangen Engagements der Schule, durch kulturelle Bildung Chancengleichheit und Integration zu fördern. Ein Ansatz, der sich vielleicht nicht auf den ersten Blick erschließt. „Wir rücken die Stärken der Schülerinnen und Schüler in den Mittelpunkt und wecken Potenziale, die sonst nicht entwickelt würden“, so Jorczik. Es bringe die Kinder und Jugendlichen enorm voran, wenn sie lernten, kulturelle Projekte zu entwickeln und umzusetzen. Kreativität werde dabei ebenso gefördert wie Teamgeist, Verantwortung oder Disziplin – Eigenschaften, die in allen Bereichen des Lebens gefragt seien. Die Schule will ihre Schüler als nachhaltig gebildete, neugierige und weltoffene Menschen, die sich ihrer Stärken bewusst sind, in ihr weiteres Leben entlassen -- so ist es in der Bewerbung der Realschule Crange um die Anerkennung als Talentschule nachzulesen.

Auch das Kennenlernen der Technik gehört dazu: Die Kulturbeauftragten Kathrin Teuschner (l.) und Marc Bethke mit Schülern.
Auch das Kennenlernen der Technik gehört dazu: Die Kulturbeauftragten Kathrin Teuschner (l.) und Marc Bethke mit Schülern. © Carsten Siegmund

Im Schulalltag verankert

Kulturelle Bildung wird nicht als isoliertes Element betrachtet, sondern zieht sich durch den Schulalltag, auch in Fächern, die das auf den ersten Blick nicht vermuten lassen. „Hat Mathe etwas mit Musik zu tun?“, fragt Jorczik und beantwortet die Frage gleich selbst: „Aber sicher.“ Zudem wählen die Fachschaften reihum ein Jahresthema, zu dem auch alle anderen Fächer arbeiten: Nach dem „Lebensraum Ruhrgebiet“ im vergangenen Jahr entschied sich die Fachschaft Englisch dieses Jahr für „Fantastic worlds“. Die Ergebnisse sind jeweils in der Kulturwoche zum Schuljahresende zu sehen.

So genannte Kulturbausteine sind fest in die Stundentafel eingefügt. Die Schüler können sich in den Bereichen Kunst, Musik, Schulkultur, Wissenschaft und Technik, Bewegung, Sprache und Literatur, Chancen und Talente ausprobieren. Noten bekommen sie dafür nicht; sie führen stattdessen ein Portfolio, in dem sie festhalten, was sie gemacht haben, welche Zertifikate sie dafür erworben haben. Bei eigens dafür ausgebildeten Lehrern können sie auch den „Kompetenznachweis Kultur“ erwerben – ein anerkanntes Zertifikat, das sie nur bekommen, wenn sie mindestens 50 Stunden an einem Projekt gearbeitet haben. „Das ist sehr aufwendig und eine große Herausforderung“, sagt Marc Bethke, einer der beiden Kulturbeauftragten der Schule. Das wüssten zum Beispiel auch Arbeitgeber zu würdigen.

„Die Aula“ als Herzstück

Zentrum für viele der kulturellen Aktivitäten ist „Die Aula“. Dort finden nicht nur Vorstellungen Dritter wie dem Gospelprojekt Ruhr statt; vielmehr gehen dort auch die eigenen Aufführungen über die Bühne, wie die des Tanzensembles „Ensample“ und auch die Tanzwoche, die in der Klasse 7 obligatorisch ist. Oder auch seit 2015 das Schultheaterfestival für alle Herner Schulen, das die Realschule und das städtische Kulturbüro gemeinsam organisieren.

Für die Schülerinnen und Schüler bedeute es viel, auf der Bühne zu stehen und sich zu bewähren, „auch wenn manchmal in bisschen positiver Druck ausgeübt werden muss“, schmunzelt Jorczik. Pubertierende Jungs fänden es oft nicht unbedingt cool, sich tanzend auf einer Bühne zu präsentieren, weiß auch Marc Bethke. „Aber wenn sie dann erleben, was das für ein tolles Gefühl ist und sie dann auch Applaus bekommen, ist das eine super Erfahrung“, sagt Jorczik. „Das gibt Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein.“ Auch Eltern, die kulturelle Angebote eher selten wahrnähmen, kämen zu diesen Aufführungen. „Dann ist die Aula voll“, freut sich Jorczik. „Und so wirken wir auch in den Stadtteil hinein.“

Kulturbüro plant für alle Klassen

Weitere Elemente der kulturellen Bildung an der Realschule Crange: Das Theatercurriculum, das aktuell mit dem Partner Theater Kohlenpott erarbeitet wird und im Fach Deutsch verankert werden soll; im Museumsführer-Projekt führen dafür geschulte Sechstklässler eine Parallelklasse durch die Dauerausstellung des Archäologiemuseums Herne, und im „Kulturbüro Schule“ arbeiten Schüler ehrenamtlich mit Lehrern an der Entwicklung und Umsetzung von verschiedenen Projekten. Das Team organisiert zum Beispiel den Vorlesewettbewerb oder verschiedene Aktionen zu besonderen Anlässen.

So hatten sich Oguzhan, Joy-Celine und Alisir, die aus der Klasse 6c im Kulturbüro mitmachen, für den Valentinstag etwas Besonderes überlegt: Schüler und Schülerinnen aller Klassen konnten für sich oder andere ein Armband aus verschiedenen Materialien basteln. Die drei Sechstklässler überbrachten die Armbänder dann am Valentinstag anonym oder namentlich den Adressaten – Wichteln auf Valentinsart. „Zu Ostern“, kündigt das Trio an, „machen wir auch wieder was.“

>> GANZTAGSSCHULE SEIT 2009/10

Rund 600 Schüler besuchen aktuell die Realschule Crange.

Nachdem im vergangenen Jahr die Anmeldungen gesunken waren, hofft die Schule nun wieder auf steigende Zahlen.

Die Realschule ist seit 2009/10 eine Ganztagsschule, in der nicht nur Kultur, sondern natürlich auch alles andere Relevante gelehrt wird.