Herne. . Handwerksbranche sieht Einfluss des Elternhauses als ausschlaggebend für Berufswahl bei jungen Menschen: Aufstiegschancen bleiben oft verkannt.
Das Thema Berufswahl ist eine Schnittstelle, die sich laut Beobachtungen von Kennern des Handwerks auf den Fachkräftemangel auswirkt. Für Martin Klinger von der Kreishandwerkerschaft ist die Frage entscheidend, warum sich nur wenige Jugendliche für eine Ausbildung entscheiden, während die Studierendenzahlen und gleichzeitig Studienabbrecherquoten steigen.
Für die Entscheidung wertet Klinger die Schaltstelle Elternhaus als ausschlaggebend: So würden viele Eltern höhere Abschlüsse von ihren Kindern verlangen – auch wenn ihnen das Handwerk vielleicht näher liegt. „Dabei wird oft verkannt, dass auch das Handwerk viele Möglichkeiten und Aufstiegschancen bringt.“
Geringe Wertschätzung
Elektrotechniker Rüdiger Sprick sieht in der geringen Wertschätzung der handwerklichen Ausbildung ebenfalls ein Problem. Zu sehr sei die Ausbildung im Gegensatz zum Studium entwertet worden und damit die Bedeutung des Handwerks verkannt worden. Eine handwerkliche Ausbildung verlange viel mehr Fertigkeiten als es scheint, wie grundlegende Kenntnisse in Mathe und Physik, so Sprick.
Auch habe sich das Berufsbild des Handwerks gewandelt: Längst sei es nicht mehr Schwerstarbeit wie es zu früheren Zeiten war. Durch technisch bessere Geräte sei die Arbeit im Handwerk heutzutage um einiges einfacher.
Werben durch Jobbörsen
Dabei sei gerade die Elektrotechnik-Branche besonders zukunftsfähig: Nicht nur das Baugewerbe boome mit einer Tendenz, die nach oben geht. Auch beim Thema Energiewende und E-Mobilität spiele die Elektrotechnik eine entscheidende Rolle, meint Sprick. „Die Hardware und Software für klimaneutrale Autos oder Heizungen werden schließlich vom Handwerk geliefert. Auch LEDs für Straßenbeleuchtung oder Wohngebäude.“
Um Nachwuchs zu rekrutieren, greift der Obermeister der Fachinnung Elektrotechnik auch zu modernen Anwerbungsformen wie Speeddating und Jobbörsen. Doch der Erfolg ist mäßig: „Waren vor acht Jahren noch bis zu 70 Bewerbungen im Jahr für Ausbildungsplätze eingegangen, sind es heute 15 jährlich“, sagt Sprick.
Nicht zuletzt hat das Handwerk auch in Zugewanderten eine neue Zielgruppe gefunden. „Bei uns hat ein Flüchtling seine Ausbildung angefangen“, sagt Fleischer Detlef Holz. „Obwohl er kein Schweinefleisch isst, probiert er auch mal.“