Herne. . Ein Initiativkreis möchte das Polizeigefängnis zum Erinnerungs- und Lernort machen. Unterstützung kommt auch von der Stadt.
Ein Ort der Folter, des Elends und des Todes mitten in Herne: Die DGB-Geschichtswerkstatt hat eine Initiative gegründet, die das alte Polizeigefängnis am Friedrich-Ebert-Platz als NS-Gedenkstätte einrichten möchte und als Erinnerungs- und Lernort.
Der Vorstoß der Hobby-Historiker wird auch vom Fachbereich Kultur und von Oberbürgermister Frank Dudda unterstützt. Ursprünglich wollte die DGB-Geschichtswerkstatt das ehemalige sogenannte Hafthaus am Amtsgericht zur Gedenkstätte werden lassen. Das Gebäude soll jedoch verkauft und dadurch möglicherweise komplett umfunktioniert, wenn nicht gar abgerissen werden. Im 1929 – also vor 90 Jahren – eröffneten Polizeigefängnis waren zahlreiche führende Herner Kommunalpolitiker wie der Kommunist Viktor Reuter, aktive Widerstandkämpfer wie der Sozialdemokrat Robert Brauner und der evangelische Pfarrer Ludwig Steil eingekerkert, der später im Konzentrationslager Dachau umkam.
Büro der NSDAP
Bei der Gründung des Initiativkreises am Donnerstabend im Kulturzenrum mit fast 40 Anwesenden machte Mitinitiator Rolf Dymel deutlich, dass sich an keinem anderen Ort in Herne Macht und Herrschaft in der nationalsozialistischen Diktatur so konkret manifestierten wie im Polizeigefängnis am Rathausplatz. Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialiten 1933 habe die Kreisleitung der NSDAP hier bis 1940 ihre Büroräume eingerichtet.
Auch interessant
92 „Todesfälle“ im ehemaligen Polizeigefängnis sind dokumentiert. Es dürften dort aber weitaus mehr Menschen umgebracht worden sein. Allein in den letzten Kriegstagen sind laut Forschung hunderte Häftlinge und sogenannte Fremdarbeiter in den Polizeigefängnissen Dortmund, Bochum und Herne ermordet worden. Verdi-Sekretär Norbert Arndt hob hervor, dass er und die DGB-Geschichtswerkstatt bis vor rund zwei Jahren wenig über die Bedeutung des alten Polizeigefängnisses gewusst hätten. Im vergangenen Sommer machten DGB und WAZ das Polizeigefängnis erstmals in seiner 90-jährigen und teilweise grauenvollen Geschichte innerhalb einer Führung der breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Schutz vor Vandalismus
Bei der Führung im Sommer offenbarte sich, dass die Zellen weitestgehend im Originalzustand erhalten sind und einen besonders authentischen Eindruck bieten. Laut DGB-Geschichtsarbeitskreis könnten sie für themenbezogene Ausstellungen, Vorträge, Seminare sowie für eigenständiges Forschen genutzt werden. Ein eigener Zugang verhindere Beeinträchtigungen der Polizeiarbeit durch Besuchergruppen. Ein weiteres Argument: „Die räumliche Nähe zur Polizeiwache bietet Schutz vor Störungen und Beschädigungen durch neonazistische Individuen oder Gruppen“, sagt der ehemalige Lehrer Rolf Dymel.