Herne. . Katharina Henke ist seit 1990 Seelsorgerin im Evangelischen Krankenhaus Herne. Deshalb findet sie die Begegnungen mit den Menschen bereichernd.
Was passiert, wenn Menschen ins Krankenhaus müssen? Dann stürmen viele Dinge, Informationen und Untersuchungen auf sie ein. Sie sind herausgenommen aus ihrem Alltag und kommen ins Nachdenken. Was ist jetzt mit mir? Wie geht es mit mir weiter? Bei diesem Nachdenken will die Krankenhausseelsorge helfen.
Im Evangelischen Krankenhaus an der Wiescherstraße widmet sich Katharina Henke bereits seit 1990 mit großer Leidenschaft dieser Aufgabe. Oft wird sie von Mitarbeitern hinzugerufen, um Patienten oder deren Angehörige zu unterstützen.
Diese Leidenschaft entwickelte sich während ihrer Zeit als Pfarrerin in der Kreuzkirchengemeinde. „In diesen zwei Jahren habe ich viele Besuche gemacht und festgestellt, dass mir die Seelsorge liegt“, erzählt sie. „Ich lasse mich gerne auf andere Menschen ein und interessiere mich für ihre Lebenswelten.“
Unzählige Lebenswelten und Lebensgeschichten
Von diesen Lebenswelten und Lebensgeschichten hat sie im Laufe der Jahre unzählige gehört. Heiligabend und am 1. Weihnachtsfeiertag kommen vielleicht einige hinzu. Henke wird bei jenen Patienten sein, für die es nicht möglich ist, das Fest zu Hause im Kreise der Familie zu verbringen. „Die Umstände der ersten Weihnacht, damals in Bethlehem, waren auch irritierend und wenig heimelig“, sagt sie. „Aber wir können miteinander im Krankenzimmer singen und erzählen. Erinnern und aufgreifen, was ist. Wir können Trost erfahren und Trost geben. Und gemeinsam spüren, dass Gott zu uns Menschen kommt.“
„Für mich ist es reizvoll, mich immer wieder auf völlig neue Situationen und Menschen einzulassen“, erzählt Katharina Henke. Von den Patienten wird ihr Angebot offenbar gerne angenommen. Dass jemand abblocke und Kontakt ablehne, komme nur sehr selten vor.
Henke erlebt bei ihrer Tätigkeit die ganze Bandbreite der menschlichen Gefühle. Manche Patienten seien traurig, manche empört, wieder andere platzen vor Humor.
Verstehen und begleiten
Die Seelsorgerin sieht es nicht als ihre Aufgabe, diese Gefühle zu korrigieren. Es gehe darum, die Menschen in ihrer außergewöhnlichen Situation zu verstehen und sie darin ein Stück zu begleiten. Für manche Patienten reiche es schon, da zu sein und aufmerksam zuzuhören.
„Wenn die Menschen von sich erzählen, können sie ihre Gedanken sortieren, man kann spüren, dass sich bei ihnen eine Spannung löst“, so Henke.
Manchmal führt die Seelsorgerin die Patienten in Gedanken, in der Fantasie aus dem Krankenhaus heraus, um sie wieder mit ihrer Lebenskraft zu verbinden und mit all dem, was sonst zu ihnen gehört.
Doch manchmal ist diese Lebenskraft am Ende. Dann geht es um andere Fragen. In diesem Fall sorgt die Seelsorgerin zusammen mit den Mitarbeitern dafür, dass die Angehörigen würdig Abschied nehmen könnten.
Im Umgang mit den Patienten fehle Mitarbeitern Zeit
Betrachtet man den heutigen Alltag in einem Krankenhaus, dann gibt Katharina Henke mit den Ehrenamtlichen das, was all den anderen Mitarbeitern im Umgang mit Patienten fehlt: Zeit. Die Lage sei anstrengend. Keine überraschende Erkenntnis, die Mangelsituation in der Krankenhauspflege ist in den vergangenen Monaten intensiv diskutiert worden.
Umso wichtiger sei es auch den Mitarbeitern des Krankenhauses Raum zu geben, dass sie über ihre Erfahrungen sprechen können.
Aber wer gibt der Seelsorgerin Halt? Sie könne ihre Arbeit recht gut im Krankenhaus lassen – meistens. „Oft gehe ich vor dem Heimweg noch in die Kapelle, um dort im Gebet das Gehörte und die Sorgen in Gottes Hände zu legen“, sagt Katharina Henke. Auch der Austausch mit Kollegen und Mitarbeitern sei eine Hilfe.
Und fühlt die 59-Jährige nach all den Jahren und vielen Schicksalen, die sie gehört und miterlebt hat, keine Bedrückung oder Zermürbung? Sie empfinde die vielen Begegnungen als bereichernd. „Solange ich das Gefühl habe, dass ich zusammen mit Mitarbeitern etwas bewegen kann und etwas Sinnvolles mache, bleibe ich dabei.“