Die Stadt-Parfümerie Pieper hat vor wenigen Wochen endgültig den Generationswechsel vollzogen. Gerd Pieper hat sich aus der Geschäftsführung zurückgezogen, Oliver Pieper (43) führt nun allein die Geschäfte des Traditionsunternehmens. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann spricht er über den Wechsel, weiteres Wachstum und dem Umgang des Unternehmens mit der zunehmenden Konkurrenz im Internet.

Die Stadt-Parfümerie Pieper hat vor wenigen Wochen endgültig den Generationswechsel vollzogen. Gerd Pieper hat sich aus der Geschäftsführung zurückgezogen, Oliver Pieper (43) führt nun allein die Geschäfte des Traditionsunternehmens. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Tobias Bolsmann spricht er über den Wechsel, weiteres Wachstum und dem Umgang des Unternehmens mit der zunehmenden Konkurrenz im Internet.

Herr Pieper, Sie sind jetzt alleiniger Geschäftsführer, doch ein so großer Schritt war es nicht mehr, oder?

Pieper: Nein. Ich bin seit elf Jahren im Unternehmen und seit vier Jahren Geschäftsführer. Und in einem Familienunternehmen wächst man ja sowieso damit auf. Man wird schon als Kind ein Stück weit geprägt. Und dann wächst man Jahr für Jahr in die Aufgabe rein. Es war ein sehr fließender Übergang und von meinem Vater ja auch gut von langer Hand vorbereitet.

Gerd Pieper hat sich aus der Geschäftsführung zurückgezogen, steht aber nach wie vor mit Rat zur Seite.
Gerd Pieper hat sich aus der Geschäftsführung zurückgezogen, steht aber nach wie vor mit Rat zur Seite. © Lars Heidrich

Ist es dennoch ein anderes Gefühl, allein Entscheidungen zu treffen?

Mein Vater ist ja auch noch da. Es ist schön, dass wir uns immer noch weiter austauschen können. Es sind nur Nuancen und Details.

Welche?

Zum Beispiel, dass bei manchen Dokumenten eine Unterschrift reicht. (lacht)

Und Sie würden Ihren Vater jederzeit um Rat bitten...

Er ist ja sogar offiziell Berater. Gerade im Bereich Expansion bin ich sehr froh, dass ich ihn habe, dass er sich Standorte anschauen und einschätzen kann, ob er sich eignet. Das ist sehr zeitaufwendig, da bin ich sehr froh, dass er das macht. Es gibt kaum jemanden in der Branche, der sein Knowhow hat. Und ich kann ihm voll und ganz vertrauen. Wenn ich von meinem Vater einen Ratschlag bekomme, ist das etwas völlig anderes, als wenn ich jemand anderen fragen würde.

Auf einer Wand in der Unternehmenszentrale in Baukau hängen Fotos von allen Pieper-Filialen.
Auf einer Wand in der Unternehmenszentrale in Baukau hängen Fotos von allen Pieper-Filialen. © Lars Heidrich

Sie haben die Expansion schon erwähnt. Pieper ist ja in den vergangenen ein, zwei Jahren durch Übernahmen gewachsen. Wie weit kann das Wachstum noch gehen?

Wir wollen und werden weiter wachsen. Das sollte man als Händler auch anstreben. Aber wir sagen nicht, wir müssen jedes Jahr fünf oder zehn neue Geschäfte eröffnen oder in ganz Deutschland. Wir packen die Gelegenheiten, wenn sie da sind, beim Schopfe.

Kommen diese Gelegenheiten auf Sie zu oder halten Sie Ausschau?

Sowohl als auch. Gerade in den letzten Jahren war es so, dass Kollegen auf uns zukamen, die es allein nicht mehr schaffen und sich wünschen, dass wir es weiterführen. Oder es ist kein Nachwuchs da, der die Geschäfte weiter führt. Wenn es für uns passt, machen wir das. Aber wir haben die Frequenzrückgänge in den Innenstädten und einige Städte sind nicht mehr attraktiv genug für einen Fachhändler. Es fehlt die Kaufkraft und die Frequenz. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Expansion sich verlangsamen wird. Wir werden zwar neue Filialen eröffnen, aber wir schließen vielleicht auch die eine oder andere. Wir haben an manchen Standorten noch zwei oder drei Filialen. Da stellt sich irgendwann die Frage, ob nicht eine ausreicht. So könnte die reine Anzahl der Filialen gleich bleiben.

Pieper ist in NRW stark vertreten, in Niedersachsen und auch in Hamburg. Schauen Sie inzwischen deutschlandweit?

Wir haben früher gesagt, dass wir baumrindenartig wachsen wollen. Jetzt ist der Baum stark nach Norden ausgeschlagen. Wir schauen, dass wir recht organisch wachsen. Das erleichtert viele Dinge, etwa bei der Logistik. Und bei großen Entfernung verlören wir das Persönliche, den Kontakt zu den Mitarbeitern, was uns als Familienunternehmen ja ausmacht.

Blick auf historische Parfüm-Flakons.
Blick auf historische Parfüm-Flakons. © Lars Heidrich

Ist das auch ein Ziel: Trotz des Wachstums das Persönliche zu erhalten?

Wir versuchen nach wie vor, durch und durch Familienunternehmen zu bleiben. Das ist inzwischen schwieriger als früher. Aber viele schnell wachsende Unternehmen verlieren auch schneller ihre Identität. Insbesondere wenn Sie von Finanzinvestoren kontrolliert werden, die auch noch Geld aus dem Unternehmen ziehen.

Sie haben erwähnt, dass es Standorte gibt, die sich nicht mehr rentieren. Wie ist Ihr Blick auf das Muttergeschäft in Wanne-Eickel?

Wenn nicht irgendwann ein Stück weit die Welt untergeht, würden wir immer bleiben wollen. Das ist ein Stück Geschichte und Identität. Aber die Wanner Innenstadt hat es nicht einfach. Ich würde mir persönlich wünschen, dass die Hauptstraße wieder befahrbar wird. Und meines Erachtens reicht es nicht, diese teilweise zu öffnen. Man sollte die Fußgängerzone wieder ganz öffnen für den Autoverkehr - mit vernünftigen Parkbuchten. Rüttenscheid hat es nicht geschadet, dass die Autos dort durchfahren. Es gibt genug Beispiele, dass das funktionieren kann.

Und wie sehen Sie Herne?

Die Herner Innenstadt entwickelt sich gar nicht so schlecht. Im Moment gibt es keinerlei Bestreben aus unseren beiden Filialen eine zu machen.

Das bedeutet, dass Pieper sich dort gegen die Konkurrenz aus dem Internet behaupten kann. Inwieweit hat der Onlinehandel auch Ihre Branche umgekrempelt?

Ähnlich wie in anderen Bereichen krempelt der E-Commerce vieles um. Gerade das Nachkaufgeschäft fließt ein Stück weit ins Internet ab. Das heißt, wenn ich weiß, was ich möchte und verwende es immer wieder, dann kaufe ich das im Netz. Neue Artikel werden oft noch im Geschäft gekauft.

Lageristin Karoline Kukula (34) kommissionert die Waren im Lager für Online-Bestellungen.
Lageristin Karoline Kukula (34) kommissionert die Waren im Lager für Online-Bestellungen. © Lars Heidrich

Wann ist Pieper in das Geschäft mit dem Onlinehandel eingestiegen?

Wir waren ein wenig später dran als andere. Wir sind seit etwa sieben Jahren online. Wir haben erst langsam geschaut, wie wir es richtig machen und haben dann mehr Gas gegeben. Aber wir haben natürlich nicht komplett umgeschwenkt und die Filialen vernachlässigt.

Wie ist denn bei Ihnen das Verhältnis zwischen stationärem Handel und dem Geschäft im Internet?

Uns kommt es ein Stück weit entgegen, dass wir regional aufgestellt sind, so machen wir uns nicht selbst Konkurrenz, weil wir im Internet einen beträchtlichen Teil des Umsatzes außerhalb der Region machen. Aber es gibt auch genug Kunden in unserer Region, die wollen online kaufen. Und wenn man dann kein Angebot hat, gehen sie woanders hin. Der Kunde ist nicht mehr so auf einen Händler fixiert, dass er sagt: Wenn der keinen Onlineshop hat, muss ich ja in die Stadt zur Filiale gehen. Ich glaube, es werden sich nur Händler durchsetzen, die sowohl im Internet, als auch in Filialen ein Angebot haben. Der Anteil des Onlinehandels am Umsatz wächst überproportional, das Internet ist bei uns schon längst die stärkste Filiale.

Sie haben beim Thema Ausbildung auf diese Veränderung reagiert...

...genau. Wir haben jetzt gleich drei Auszubildende für den Bereich E-Commerce eingestellt. Als wir gehört haben, dass es das neue Ausbildungsprofil E-Commerce-Kaufmann geben wird, haben wir sofort gesagt, dass wir das auch machen. Am besten ist es die Fachkräfte sofort selbst auszubilden, um denen mitzugeben, was uns wichtig ist. Es ist nicht einfach, in diesem Bereich gute Leute zu bekommen.

Kommen wir zurück zum Beginn. Die nächste Generation wächst langsam heran...

...richtig. Aber ich weiß nicht, was in 20, 30 Jahren sein wird, deshalb bin ich fern davon meinem Sohn zu sagen: Du wirst das alles hier mal weiterführen. Schön wäre es aber schon. Mein Vater sagte mir kürzlich es ist ein großartiges Gefühl, ein Unternehmen an die nächste Generation weiter zu geben.