Herne. . Vier Experten diskutierten auf Einladung der CDU über das Gesundheitssystem. Größere Probleme sehen sie beim Fachkräftemangel in der Pflege.

Herne verfügt über eine gute Krankenhausversorgung; das Gesundheitssystem in Deutschland ist insgesamt sehr gut, muss aber effizienter genutzt und weiter verbessert werden. Angst um die Finanzierung der Systems müssen die Menschen nicht haben. Aber: Es gibt schon jetzt einen Engpass in den verschiedenen Pflegebereichen. Das sind einige der Erkenntnisse der Podiumsdiskussion, zu der die Herner CDU am Samstagvormittag ins „Schichtwerk“ ins Archäologiemuseum geladen hatte.

Dabei hatte der Titel eine eher düstere Zukunft suggeriert: „Herne 2030 - Mit Alter. Mit Krankheit. Mittelos“ lautete er in Anlehnung an das neue Stadtmotto. Doch so schlimm wird es nicht kommen, auch wenn die vier Experten einige Probleme offenlegten.

Die schlichten Zahlen vermitteln zunächst ein ernstes Bild. 2030 wird der Anteil der über 60-Jährigen in Herne bei etwa 40 Prozent liegen, bundesweit wird die Zahl der Pflegebedürftigen bei 3,5 Millionen Menschen liegen. Prof. Christoph Rupprecht, Leiter des Stabsbereichs Gesundheitspolitik der AOK Rheinland, wies jedoch darauf hin, dass die Älteren immer jünger würden, 65-Jährige die Gesundheit eines 55-Jährigen habe.

Diskutierten über die Zukunft des Gesundheitssystems: Dr. Wolfgang Dryden ( Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe) Prof. Dr. Christoph Rupprecht ( AOK Rheinland) Moderator Andreas Kowalski (CDU Herne), Rudolf Henke (MdB) und Theo Freitag (Geschäftsführer der Elisabeth Gruppe, v.r.)
Diskutierten über die Zukunft des Gesundheitssystems: Dr. Wolfgang Dryden ( Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe) Prof. Dr. Christoph Rupprecht ( AOK Rheinland) Moderator Andreas Kowalski (CDU Herne), Rudolf Henke (MdB) und Theo Freitag (Geschäftsführer der Elisabeth Gruppe, v.r.) © Joachim Hänisch

Qualität in Herner Krankenhäusern

Wird doch ein Krankenhausaufenthalt nötig, ist Herne gut versorgt, betonte Theo Freitag, Geschäftsführer der Elisabeth-Gruppe. Dies gelte für die Anzahl und die Qualität. Die Fallzahlen in allen Herner Krankenhäusern sei von 51 000 im Jahr 2000 auf rund 93 000 im vergangenen Jahr gestiegen - davon kamen fast 50 000 aus anderen Städten. Freitag: „Die Menschen kommen, weil hier die Leistung in einer hohen Qualität angeboten werden.“

Einig waren sich die Experten, dass es einen Fachkräftemangel sowohl bei Ärzten als auch beim Pflegepersonal gibt. Doch die Politik könne keine Ärzte backen, so Rudolf Henke, Mitglied im Gesundheitsausschuss und selbst Arzt für Innere Medizin. Die Zahl der Studienplätze müsse steigen. Doch selbst wenn die Zahl der Ärzte steige, gewinne man nicht mehr Arbeitszeit, weil auch Ärzte zunehmend Beruf und Familie in Einklang bringen wollten. Dr. Wolfgang-Axel Dryden, Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, warnte davor, dass der Sicherstellungsauftrag der ärztlichen Versorgung vielleicht irgendwann nicht mehr zu erfüllen sei.

Dass es beim Pflegepersonal bereits jetzt einen Fachkräftemangel gebe, machte Theo Freitag deutlich. Die Elisabeth-Gruppe benötige im Schnitt 160 Tage, um eine frei werdende Stelle neu zu besetzen. Die Elisabeth-Gruppe hatte bundesweit aufhorchen lassen, weil sie ihren fachfortgebildeten Pflegekräften freiwillig fünf Prozent mehr Lohn zahlt. Er würde gerne auch den anderen Pflegekräften mehr zahlen, so Freitag, doch das sei nicht finanzierbar. Einigkeit herrschte, dass der Beruf finanziell unattraktiv und belastend sei. Viele Pfleger seien schon vor dem Eintritt in die Rente nicht mehr in der Lage, dieser Belastung stand zu halten. Ein Grund für die schlechte Bezahlung sei, dass nur ein verschwindend kleiner Teil gewerkschaftlich organisiert sei, um Forderungen durchzusetzen. Rupprecht stellte die provokante Frage: „Warum wird die Arbeit mit Metall besser bezahlt als die mit Menschen?“ Henke fordert einen Bildungsgang zum Pflegeassistenten, damit die Pfleger von einfachen Tätigkeiten entlastet werden.

Ergebnisse fließen ins CDU-Programm

Bei der Fragerunde im Anschluss an die Podiumsdiskussion machten mehrere Besucher mit Einzelfällen auf Missstände in Krankenhäusern aufmerksam. Die Experten waren einhellig der Meinung, dass im Gesundheitssystem der Patient im Mittelpunkt stehen muss.

Der Herner CDU-Ortsverband wird die Ergebnisse dieser und anderer Diskussionsrunden auswerten und in d as nächste kommunalpolitische Programm einfließen lassen, kündigte CDU-Chef Timon Radicke an.