Herne. Im Plädoyer hat Pflichtverteidiger Michael Emde den Prozess als „modernen Pranger“ beschrieben. Bochumer Familienvater kritisiert auch Zuschauer.
- Dieser Text ist vor einem Jahr am 31. Januar 2018 erschienen
In seinem Plädoyer hat Pflichtverteidiger Michael Emde den Prozess als „modernen Pranger“ beschrieben und auch das Verhalten einiger Zuschauer kritisiert. Wir haben den Bochumer Familienvater gefragt, welche Auswirkungen der Prozess auf ihn hatte.
1 Wie haben Sie den Mordprozess erlebt?
Der Prozess wurde sehr ruhig und sachlich geführt. Ein derart großes Interesse der Medien und der Zuschauer empfinde ich persönlich eher als störend.
2 Sind Sie als Täter-Anwalt persönlich angefeindet worden?
Es gab praktisch keine persönlichen Anfeindungen. Die wenigen Anfeindungen waren allerdings so unsachlich und populistisch, dass ich sie nicht wirklich ernst nehmen konnte.
3 Was hat Sie an der öffentlichen Wahrnehmung dieses großen Prozesses gestört?
Mich hat besonders gestört, dass vor Beginn eines jeden Verhandlungstages Film- und Fotoaufnahmen zugelassen waren. Man fühlte sich zeitweise wie im Zoo. Ich hatte den Eindruck, dass es oft weniger um seriöse Berichterstattung als mehr um ein möglichst intensives Vorführen des Angeklagten ging. Dass einige Beteiligte mit persönlichen Fernsehteams erschienen, fand ich sehr befremdlich.
4 Wie geht es nach dem Prozess für Sie weiter?
Ich bin seit mehr als 20 Jahren als Strafverteidiger tätig und werde diesen Beruf auch weiter ausüben. Für mich geht es also ganz normal weiter.
5 Würden Sie so ein Mandat noch einmal übernehmen?
Selbstverständlich! Ich habe in diesem Monat auch bereits wieder die Verteidigung in einer Mordsache übernommen. (kpo)