Herne. . Eine Seniorin musste 331,77 Euro für die Öffnung ihrer Wohnungstür bezahlen. Der Schlüsseldienst ist für eine Beschwerde nicht zu erreichen.

Schlägt man im lokalen Telefonbuch jene Seite auf, mit der der Buchstabe A beginnt, fällt sofort auf, dass die ersten rund 20 Einträge sämtlich von sogenannten Schlüsselnotdiensten besetzt werden. Offenbar handelt es sich um ein derart einträgliches Geschäftsmodell, dass die Anbieter unbedingt an erster Stelle stehen wollen und sich deshalb Fantasienamen geben, die mit bis zu sechs As hintereinander beginnen. Doch Verbraucherschützer warnen immer wieder vor schwarzen Schafen, die weit überhöhte Rechnungen stellen. Ein gängiger Ratschlag: Nach einem Anbieter suchen, der seinen Sitz in der Stadt hat, wo man selbst wohnt. Was passiert, wenn man diesen Ratschlag nicht kennt, offenbart ein Fall, der die Verbraucherzentrale Herne beschäftigt hat.

Verwirrung um Adresse

So hatte eine 79-jährige Frau aus Röhlinghausen das Pech, dass ihre Wohnungstür wegen eines Luftzugs ins Schloss fiel, als sie gerade mit dem Hund vor die Tür wollte. Bei einer Nachbarin habe sie einen Schlüsseldienst aus rufen können, erzählt Tochter Susan Weiss im Gespräch mit der WAZ. Der Mitarbeiter des Schlüsseldienstes habe zunächst versucht, die Tür mit einer Karte zu öffnen, als das nicht funktioniert habe, habe er das Schloss aufgebohrt. Sie selber habe einen neuen Zylinder kaufen müssen.

Veronika Hensing weiß, wie man sich vor unseriösen Schlüsseldiensten schützen kann.
Veronika Hensing weiß, wie man sich vor unseriösen Schlüsseldiensten schützen kann. © Ralph Bodemer

Die Rechnung, die der Schlüsseldienst nach dem Ende der Arbeiten präsentierte, war für die Seniorin und ihre Tochter eine böse Überraschung: happige 331,77 Euro.

Für eine Dienstleistung, die offensichtlich weniger als eine halbe Stunde in Anspruch genommen hat. Denn die Rechnung, die der WAZ vorliegt, nennt als Zeitraum für den Einsatz 10.15 bis 10.40 Uhr.

Die einzelnen Rechnungspositionen schlüsseln sich wie folgt auf: Als Fallspezifischer Einsatzwert sind 149 Euro angegeben, für An- und Abfahrt jeweils zehn Euro, für Mehrarbeitszeit je angefangene Viertelstunde 39,90 Euro, hinzu kommen 69,90 Euro für „knacken und ziehen“ des Schlosses. Ergibt 278,80 Euro. Addiert mit der Mehrwertsteuer kommen unter dem Strich eben jene 331,77 Euro zusammen.

70 Euro ortsüblicher Preis

Susan Weiss’ Mutter zahlte den Betrag, doch nach Rücksprache mit der Verbraucherzentrale will sie einen Anwalt einschalten.

Das Verwirrende in diesem Fall: Laut Rechnung steckt hinter dem Dienst die Firma „Key Security 24H“. Als Adresse wird die Hermann-Löns-Straße 63 genannt. Doch im Telefonbuch und im Internet sucht man vergebens nach dieser Firma. Tatsächlich befindet sich an der Hermann-Löns-Straße 63 ein - verschlossenes - Ladenlokal, das den Eindruck eines Schlüsseldienstes erwecken könnte. Ruf man die Handynummer an, die im Fenster hängt, meldet sich Christian Muß. Der ist jedoch Dachdecker. Türöffnungen biete er zurzeit nicht an, allerdings wohne im selben Haus jemand, der genau den Namen trage, der auf der Rechnung angegeben ist. Die Höhe der Rechnung hält er für eine Schweinerei.

Veronika Hensing, Leiterin der Herner Verbraucherzentrale, berichtet, dass sie im ablaufenden Jahr wieder einige Fälle bearbeiten musste, bei denen nach ihrer Meinung die Preise deutlich überhöht gewesen seien. Unseriöse Firmen nutzten gerne die Notsituation der Ausgesperrten aus. In Herne liege der ortsübliche Preis bei etwa 70 Euro, zu bestimmten Zeiten (nach 20 Uhr) könnte es auch das Doppelte sein. Wucher beginnt, wenn mehr als 100 Prozent des ortsüblichen Preises verlangt werden. Das Landgericht Bonn hat in einer Entscheidung eine entsprechend hohe Rechnung als Betrug und Nötigung bezeichnet.

>> SO SCHÜTZT MAN SICH VOR ABZOCKERN

Die Verbraucherzentrale hat ein paar Tipps, die dabei helfen, sich vor unseriösen Schlüsseldiensten zu schützen. Man müsse sich längst nicht alles bieten lassen, so Veronika Hensing.

Nichts ungeprüft unterschreiben.

Nur das Öffnen der Tür beauftragen.

Einen festen Preis vereinbaren und vorher schon am Telefon erfragen.

Nur bei einer detaillierten Rechnung zahlen.

Nötigung ist strafbar, Handwerker dürfen keinen Druck ausüben und zum Beispiel damit drohen, die Tür wieder zu verschließen.