Herne. Die Zahl der Menschen in den Herner Flüchtlingsunterkünften hat sich seit Dezember halbiert. Nun steht eine Herkulesaufgabe an: die Integration.
- In Herne gibt es immer weniger Flüchtlinge in den Unterkünften von Stadt und Land
- Sorgen bereitet der Stadt aber der starke Zuzug von anerkannten Asylbewerbern
- Flüchtlingsreferent der evangelischen Kirche lobt Integrationsbemühungen
Die Zahl der Flüchtlinge in den Herner Unterkünften ist deutlich zurückgegangen. Knapp 950 Menschen leben aktuell in einer der acht Einrichtungen von Stadt und Land oder einer von der Verwaltung angemieteten Wohnung, sagt Sozialamtsleiterin Brigitte Bartels. Das sind rund 500 weniger als im April und nur noch halb so viele wie im Dezember: „Die Lage hat sich sehr entspannt, wir können uns wieder um andere Dinge kümmern.“ Und doch: Eine wichtige Aufgabe bleibe – die Integration der Zuwanderer.
Erstmals könnten Flüchtlinge in den städtischen Einrichtungen wieder sozial verträglich untergebracht werden, sagt die Sozialamtsleiterin im WAZ-Gespräch. Das sei dann der Fall, wenn die Unterkünfte bis zu zwei Dritteln belegt seien. Angesichts von 760 freien Plätzen in Herne sei das nun der Fall. Die Stadt wolle die Situation dazu nutzen, um Räume in den älteren Unterkünften zu renovieren, aber auch, um Flüchtlinge nach und nach aus Containern in Häuser umzusiedeln. An der Südstraße etwa wurden neben 100 Plätzen im Hauptgebäude auch 400 in Containern geschaffen; belegt seien dort nur knapp über 100. Zur Entspannung in den Unterkünften habe auch beigetragen, dass knapp 300 Flüchtlinge in diesem Jahr in Privatwohnungen vermittelt worden seien.
Situation ist beherrschbar
FlüchtlingeOb die Zahlen weiter nach unten gehen, ist offen. „Das kommt auf die weltpolitische Lage an“, weiß Bartels. Sollte es wieder zu einem Flüchtlingsstrom kommen, „dann sind wir gerüstet“, betont sie. Und fügt an: „Jetzt ist die Situation beherrschbar.“ Angesichts der sinkenden Zahlen geht die Stadt davon aus, dass sie das Heitkamp-Gebäude in Wanne-Süd nicht mehr als Flüchtlingsunterkunft braucht. Zuvor hatte sie schon ihre Planungen für die Janoschschule oder ein Containerdorf am ehemaligen Güterbahnhof auf Eis gelegt. Geöffnet werde Anfang Oktober dagegen das komplette ehemalige Barbaraheim als Flüchtlingsunterkunft. Kapazitäten: 340 Plätze.
Sorgen bereite der Stadt weiterhin der „enorme Zuzug“ von anerkannten Flüchtlingen, die aus Ostdeutschland oder Bayern nach Herne kämen. Weit über 1000 Menschen, meistens sind es Syrer, hätten sich bereits hier niedergelassen. Sie belasteten nicht nur die städtischen Finanzen, weil die Kommune etwa die Kosten für die Unterkunft übernehmen müsse, sondern die Menschen müssten ebenfalls integriert werden. „Das ist eine Herkulesaufgabe“, sagt Brigitte Bartels. Die Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge solle für Herne eine Entlastung bringen.
Kritik äußert Karl-Heinz Hoffmann, Flüchtlingsreferent der Evangelischen Kirche. Von einer sozialverträglichen Unterbringung könne man in Herne angesichts von Menschen, die in Containern, einer Schule oder einer Großhalle lebten, kaum reden. Positiv sieht er dagegen die Integrationsmaßnahmen vor Ort: „Auch wenn noch nicht alles rund läuft, es passiert eine ganze Menge.“