Herne. Der Rat hat das Trinken von Alkohol im öffentlichen Raum eingeschränkt. So deutlich die Entscheidung im Rat ausfiel, so kontrovers war die Diskussion.
Die Entscheidung des Rates, den Alkoholgenuss in Parks, an Haltestellen und auf Spielplätzen im Falle von Auswüchsen oder Störungen künftig zu verbieten, war am Dienstag zwar deutlich, spiegelt aber nicht die Kontroversen in der Diskussion wider. Die Debatte gipfelte sogar in der Androhung einer Klage gegen den OB.
Gegen die neue Verordnung, durch die die Stadt sich eine bessere Handhabe gegen Alkoholexzesse verspricht, stimmten nur Linke und AfD. „Das Problem ist damit nicht zu lösen“, sagte Andreas Ixert (Linke). Alkoholkranke Menschen seien nicht durch Verbote oder Bußgelder zu heilen. Armin Wolf (AfD) sprach von einer „Scheinlösung“ und forderte stattdessen eine Aufstockung des Ordnungsdienstes. Tenor beider Parteien: Die aktuellen Bestimmungen reichten aus, um tätig zu werden.
Das sahen neben der Stadt auch SPD, CDU, FDP und Unabhängige Bürger ganz anders. „Die Anpassung ist notwendig. Ich bin überzeugt, dass sie Früchte tragen wird“, sagte Udo Sobieski (SPD).
Grüne sprechen von Verdrängung
Auch als freier Demokrat könne er den neuen Einschränkungen ohne Bedenken zustimmen, sagte Thomas Bloch (FDP). Unter Bezug auf Kritiker sowie Schlagzeilen in den Medien sagte er: „Man könnte denken, dass es heute um die Verabschiedung der Prohibition geht.“
Grüne und Piraten-AL äußerten sich eher ablehnend: „Das Suchtproblem wird nur verdrängt“, sagte Thomas Reinke (Grüne). Beide Fraktionen enthielten sich aber der Stimme, weil sie weitere von der Stadt vorgeschlagenen ordnungsbehördliche Reformen befürworteten, alle neuen Paragraphen aber nur im Paket abgestimmt wurden.
Zu einer Eskalation kam es bei der Frage, ob eine Beschränkung des Alkoholgenusses rechtlich zulässig ist. „Wenn Sie mich hier der Lüge bezichtigen, weise ich das zurück und werde das verfolgen lassen“, sagte Armin Wolf (AfD) zu OB Frank Dudda. Dieser hatte zuvor erklärt, die „evidenten Unwahrheiten“ des AfD-Stadtverordneten über die rechtliche Situation zu Protokoll geben zu wollen. Rechtliche Bedenken meldeten neben der AfD auch Linke und AL an. Rechtsdezernent Frank Burbulla betonte, dass es sich hier nicht um ein „allgemeines Verbot“ handele und die Maßnahme deshalb nicht anfechtbar sei.
Auch "aggressives Betteln" wird verboten
Auch das sagte der OB im Rat zu den Kritikern: „Sie kennen die Stellen doch alle, um die es hier geht.“ Um welche Stellen es sich handelt, ließ er offen. Auf Anfrage der WAZ erklärte Sozialdezernent Johannes Chudziak am Mittwoch, dass man zurzeit nur für den Bereich rund um den Buschmannshof in Wanne von einem „Hot-Spot“ reden könne. Außerdem gebe es in der einen oder anderen Parkanlage „immer mal wieder Probleme“.
Die vom Rat beschlossene Änderung der „Ordnungsbehördlichen Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ beinhaltet neben dem umstrittenen Alkoholparagraphen noch weitere Punkte. So ist künftig „aggressives Betteln durch Anfassen, Festhalten, Versperren des Weges, bedrängendes oder hartnäckiges Ansprechen“ verboten. Ausdrücklich untersagt wird auch das Betteln durch Kinder oder in Begleitung von Kindern, die noch nicht 14 Jahre alt sind.
Handlungsbedarf sah die Stadt auch in Sachen „wildes Plakatieren“. Für die Anbringung von Werbematerialien auf öffentlichen Flächen sowie auf Privatgrundstücken, die weniger als einen Meter Abstand zur öffentlichen Verkehrsfläche haben, werden die Bestimmungen verschärft.