Herne. Herne hat am Montagabend im Stadion Wanne-Süd kurzfristig ein Notlager mit Zelten für 100 Flüchtlinge errichtet - entgegen aller Erwartungen.

Der Sportpark Wanne-Süd ist erneut Standort einer provisorischen Erstaufnahmeinrichtung des Landes für Flüchtlinge: Völlig überraschend hat die Stadt am Montag auf Weisung der Bezirksregierung innerhalb von neun Stunden Platz für über 100 Flüchtlinge schaffen müssen, weil die Unterkünfte des Landes völlig überfüllt sind. Für zwei bis drei Tage sollen die Asylbewerber in Zelten auf dem Nebenplatz des Stadions Wanne-Süd untergebracht werden, anschließend in der benachbarten Sporthalle eine Bleibe finden. Dort wurden bereits im September 2014 rund 100 Flüchtlinge kurzfristig untergebracht.

Bitte um Aufschub abgelehnt

Die Verwaltung wurde am Montag vom Anruf aus Arnsberg kalt erwischt. Gegen 13 Uhr sei die Stadt von der Bezirksregierung „völlig überraschend“ darüber informiert worden, dass sie bis 21 Uhr über 100 Flüchtlinge aufnehmen müsse, sagte Sozialdezernent Johannes Chudziak am Montagabend auf der Sportanlage Wanne-Süd zur WAZ. Aus welchen Ländern die Menschen kommen, wie alt sie sind und wie lange sie bleiben sollen, wusste die Stadt kurz vor der Ankunft der Asylbewerber nicht. Der Bitte um einen Aufschub der Flüchtlingsankunft um zumindest zwölf Stunden sei nicht entsprochen worden. „Das Land wälzt seine Notlage zum Teil auf uns ab“, so Chudziak. Darüber sei die Stadt alles andere als erfreut.

Dass Herne in diesem Jahr erneut Standort eines Notlagers werden könnte, hatte der Sozialdezernent im April und Sozialamtsleiterin Brigitte Bartels noch am Freitag unter Berufung auf Aussagen der Bezirksregierung ausgeschlossen. Und: Ein Sprecher der Bezirksregierung erklärte sogar noch am Freitagabend auf WAZ-Anfrage, dass eine Erstaufnahme in Herne aufgrund der stark steigenden Flüchtlingszahlen zwar nicht auszuschließen, aber „konkret nicht geplant“ sei.

Von jetzt auf gleich schaltete die Stadt am Nachmittag den Katastrophenschutz ein. Gegen 19 Uhr bauten Mitarbeiter der Verbände DRK, ASB und THW zehn Zelte auf dem Ascheplatz im Sportpark auf. Die Organisationen sollen zunächst auch die Betreuung übernehmen.

Kritik des Flüchtlingsrates

Der Fachbereich Sport öffnete zudem die sanitären Anlagen der Sportanlage für die Flüchtlinge. Ob die Sporthalle während der Ferien von Vereinen genutzt wird, konnte die Stadt am Abend noch nicht sagen. Weitere Informationen über die Flüchtlingsaufnahme will die Verwaltung am Dienstag auf einer Pressekonferenz geben.

Kritik am Vorgehen der Bezirksregierung äußerte auch der Flüchtlingsrat Herne. Das Land, so Sprecherin Anja Stahl zur WAZ, kalkuliere die benötigten Aufnahmeplätze immer wieder zu eng – und müsse „endlich ernsthaft handeln“. Viele Kommunen müssten deshalb immer wieder „Amtshilfe“ leisten. „Es kann nicht sein, dass die Kommunen ständig die Versäumnisse des Landes auffangen müssen“, kritisierte Stahl.